FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Das Podium der ÖH-Debatte: alle neun Spitzenkandidat*innen und Moderator Armin Wolf

Michael Fiedler, Radio FM4

video

Die große Debatte der ÖH-Spitzenkandidat*innen

Am 27. April 2023 fand im Wiener RadioKulturhaus die große Debatte der neun Spitzenkandidat*innen der bundesweit antretenden Fraktionen zu den Wahlen der Österreichischen Hochschüler_innenschaft statt. In der von ZIB2-Moderator Armin Wolf geführten Runde ging es um Teuerung, Mutterparteien und die Dauerbrenner Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen und unterschiedliche Auffassungen von Kommunismus.

Von Lena Raffetseder

Eine Zusammenfassung der Debatte hört ihr am 8. Mai in der FM4 Homebase.

Ungerade Jahre bedeuten in der österreichischen Hochschulpolitik: ÖH-Wahlen. Neun Fraktionen treten bundesweit bei der ÖH-Wahl (9. bis 11. Mai) an. Rund zwei Wochen vor der Wahl mussten die Spitzenkandidat*innen zur mündlichen Prüfung antreten. Die findet traditionell in Form der großen ÖH-Wahldebatte statt, Prüfer ist ZIB2-Moderator Armin Wolf. Die ÖH frage ihn immer wieder an, dabei widerspreche er, „der alte weiße Cis-Mann“, wie er selbst sagt, der Diversität, auf die die ÖH sonst ja so achte.

Armin Wolf moderiert die Debatte seit vielen Jahren, weil er nicht nur Erfahrung darin hat, die harten Politik-Fragen zu stellen, sondern auch immerhin 40 Semester studiert hat. Die Debatte hat auch für Armin Wolf Vorteile, es soll schon vorkommen, dass er Spitzenkandidat*innen bei der ÖH-Wahldebatte kennenlernt, und er sie dann im ZIB2-Studio wiedersieht.

ÖH-Wahl: Diskussion der Spitzenkandidaten

Sind alle Fraktionen platziert - grob von links nach rechts mit den größten Fraktionen in der Mitte - haben alle neun Kandidat*innen 60 Sekunden Zeit, um sich vorzustellen. Dabei erfährt das Publikum erstmals, wer der namensgebende „Herbert“ hinter der neu antretenden Fraktion „Who the f*ck is Herbert?“ ist. Herbert, erklärt Listenerster Julian Gredinger, ist ein Akronym: Herberts Einsatzkommando zur Revolution des Bildungswesens durch Etablierung von Remote- und Teilzeitangeboten. Peter Leskosek vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) formuliert seinen Leitsatz: „Rechts und rational statt links und radikal.“ Die beiden kommunistischen Listen versuchen, ihre Unterschiede zu erklären. „Wir haben einen modernen Zugang zum Kommunismus“ (Lola Fürst, KSV LiLi - die Fraktion steht der Bundes-KPÖ und demnach auch der KPÖ plus nahe), „uns unterscheidet der Anspruch, den wir an Politik stellen“ (Lukas Pflanzer, KSV KJÖ - die eng mit der KPÖ Steiermark zusammenarbeitet). Beide wollen den Kapitalismus überwinden und dabei wird es dann belassen.

Lukas Pflanzer (KSV-KJÖ), Lola Fürst (KSV-Lili) und Michael Pinter (FLÖ) bei der ÖH-Wahldiskussion von FM4 und ÖH.

Michael Fiedler, Radio FM4

v.l.n.r.: Lukas Pflanzer (KSV KJÖ), Lola Fürst (KSV LiLi), Michael Pinter (FLÖ)

Michael Pinter, Spitzenkandidat der Unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ), erklärt „unabhängig heißt nicht unpolitisch“. Lukas Schobesberger von den liberalen JUNOS tritt an, weil „im Studium vieles fundamental falsch läuft“. Muhammed Durmaz von der AktionsGemeinschaft (AG) kandidiert, weil er sich vom aktuellen ÖH-Vorsitzteam - bestehend aus VSStÖ, Gras und FLÖ - nicht vertreten fühlt. Die Frage, ob die AG die Uni-Fraktion der ÖVP sei, verneint Durmaz. Auch wenn Sabine Hanger (AG-Spitzenkandidatin von 2021) nach der ÖH-Wahl Generalsekretärin der Jungen ÖVP wurde. „Nur weil wir zehn Leute dabei haben, die beim Musikverein sind, sind wir noch lang keine Blaskapelle.“

In der 60 Sekunden langen Vorstellung von Gras-Spitzenkandidatin Sarah Rossmann erfährt das Publikum, dass sie durch die Klimaproteste politisiert wurde und Nina Mathies vom Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) - derzeit stärkste Fraktion in der ÖH-Bundesvertretung - nennt als oberste Priorität in ihrer Vorstellung den Kampf für soziale Absicherung aller Studierenden.

Die Spitzenkandidaten Muhammed Durmaz (AG), Lukas Schobesberger (JUOS) und Peter Leskosek (RFS) bei der Podiumsdiskussion.

Michael Fiedler, Radio FM4

v.l.n.r.: Muhammed Durmaz (AG), Lukas Schobesberger (JUNOS), Peter Leskosek (RFS)

Von 9. bis 11. Mai findet die ÖH Wahl 2023 statt. Studierende wählen die Bundesvertretung, die Hochschulvertretung und die Studienvertretungen. Auf fm4.ORF.at stellen wir euch alle 9 Fraktionen, die bundesweit antreten, vor.

Bei der vergangenen ÖH-Wahl 2021 gab es mit 15,7 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung aller Zeiten. Was wurde in den zwei Jahren seither unternommen, damit die Wahlbeteiligung diesmal wieder höher wird? Das müssen die Fraktionen erklären, die derzeit der Bundes-ÖH vorsitzen. Man sei mehr an den Hochschulen präsent gewesen, sagt Nina Mathies (VSStÖ), man hätte die Serviceangebote an die Studierenden gebracht und eine umfassende Studierendenbefragung durchgeführt. Zudem hat man ein Rebranding mit neuem Corporate Design gemacht, ergänzt Michael Pinter (FLÖ). Für AG und JUNOS liegt der Fokus der ÖH derzeit zu sehr auf der Allgemeinpolitik. Für die Liste Herbert hat die ÖH ein Marketingproblem: Das, was man tut, müsse man besser kommunizieren. Nach einer kurzen Diskussion zum Thema Studieren und Arbeiten geht es in die Entscheidungsfragen.

Teilzeitstudium, Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren: Ja oder Nein?

Keine Politik-Diskussion mehr ohne Taferl. Es geht in die Ja-Nein-Blitzrunden.

Soll es ein formal eingerichtetes Teilzeitstudium geben?
Alle neun Fraktionen sind sich - zum einzigen Mal heute - einig: Ja

Sollen alle Studien an allen Hochschulen vollständig hybrid angeboten werden, sodass man theoretisch auch abschließen könnte, ohne je physisch auf der Uni gewesen zu sein? (Mit Ausnahme von Laborübungen und anderen, die nicht anders gehen)
Lukas Schobesberger von den JUNOS hält das einzige Nein-Taferl hoch: „Es gibt Lehrveranstaltungen mit Praxisbezug, da ist das nicht sinnvoll.“

Soll es weiterhin in bestimmten Fächern Zugangsbeschränkungen geben?
Die meisten Fraktionen sind dagegen. Ja zu Zugangsbeschränkungen sagen AG („Zugangsmaßnahmen um die Qualität im Studium zu steigern“), JUNOS und RFS. Als RFS sei man grundsätzlich gegen Zugangsbeschränkungen, sagt Kandidat Leskosek, aber wenn es zu viele Bewerber*innen gibt würde man „heimische Studenten und, soweit gesetzlich vorgesehen, auch EU-Staatsbürger bevorzugen.“

Sollten an allen Unis und FHs und für alle Studierenden die Studiengebühren abgeschafft werden?
Das Nein kommt hier bei jeder ÖH-Debatte als einsame JUNOS-Position. Das dreisäulige JUNOS-Modell sieht mehr Mittel vom Staat vor, Drittmittel von Unternehmen, NGOs und Stiftungen und nachgelagerte Studienbeiträge.

Soll das allgemeinpolitische Mandat der ÖH abeschafft werden?
AG, JUNOS und RFS sagen Ja. Durmaz (AG): „Die ÖH sollte sich inhaltlich fokussieren auf hochschulpolitische Inhalte und Services und Lösungen für Studierende. Und sie sollte sich nicht darum kümmern, irgendwo auf der Welt irgendwelche Regime abzuschaffen, die Polizei abzuschaffen oder was weiß ich was abzuschaffen.“

Soll die ÖH Pflichtmitgliedschaft bleiben?
JUNOS und RFS sagen Nein.

Die Spitzenkandidatinnen Sarah Rossmann (GRAS), Nina Mathies (VSSTÖ) und Moderator Armin Wolf (ORF) bei der Diskussion im Radiokulturhaus.

Michael Fiedler, Radio FM4

v.l.n.r.: Sarah Rossmann (Gras), Nina Mathies (VSStÖ), Armin Wolf (ORF)

Gegenseitige Fragen, eine Maßnahme und Koalitionswünsche

Weil es bei der vergangenen Debatte so gut funktioniert hat, dürfen sich die Spitzenkandidat*innen auch heute wieder gegenseitig Fragen stellen. Zu lange ausholen sollte man dabei nur nicht, und auch Fragen über die Mutterpartei sind im Rahmen einer ÖH-Wahldebatte wenig zielführend. Man merkt, welche Fraktionen sich gut verstehen, wer noch einmal mit der eigenen Position punkten will und wo es große Unterschiede gibt.

Das Podium bei der ÖH-Wahldiskussion 2023 im Radiokulturhaus: alle neun Spitzenkandidat*innen und moderator Armin Wolf.

Michael Fiedler, Radio FM4

Abschließend gibt es noch zwei Fragen von Armin Wolf an alle: "Wenn Sie in den kommenden zwei Jahren ÖH-Periode eine einzige, ganz konkrete hochschulpolitische Forderung durchsetzen könnten, was wäre das?

VSStÖ: Beihilfen maßgeblich erhöhen auf 1.400€
AG: Studienbeitragserlass für arbeitende Studierende und Zuverdienstgrenze bei Beihilfen erhöhen
GRAS: alle Hochschulen sollen sofort klimaneutral werden
JUNOS: Beihilfen erhöhen und Hochschulen ausfinanzieren
FLÖ: Teilzeitstudium und mehr Flexibilität im Studium
RFS: ÖH-Pflichtmitgliedschaft abschaffen
KSV-Lili: alle Studiengebühren und Aufnahmehürden abschaffen und eine Grundsicherung für Studierende einführen
HERBERT: Studienbeihilfe erhöhen
KSV-KJÖ: Studiengebühren abschaffen

Die angepeilten 90 Minuten Diskussion sind um und ein Wort ist noch nicht gefallen. Armin Wolf freut sich: „Wir haben jetzt tatsächlich 93 Minuten geschafft bei einer ÖH-Wahldiskussion, in der kein einziges Mal das Wort Gendern gefallen ist. Die Welt entwickelt sich doch weiter! Diese elende Debatte findet nicht mehr statt, offensichtlich haben wir das jetzt durch!“ Spezieller Dank ging an Peter Leskosek vom RFS. Die Fraktion spricht sich in ihrem Wahlprogramm zwar gegen „Genderwahn“ aus, erwähnt hat der Spitzenkandidat das Thema in der Debatte aber nicht.

Abschließend werden noch die Koalitionswünsche und No-Go’s besprochen. Alle anderen Fraktionen schließen eine Zusammenarbeit mit dem RFS aus. JUNOS und AG schließen zusätzlich auch noch die beiden kommunistischen Listen aus.

Die Spitzenkandidaten Lukas Schobesberger (JUNOS), Peter Leskosek (RFS) und Julian Gredinger (HERBERT) bei der ÖH-Diskussion.

Michael Fiedler, Radio FM4

v.l.n.r.: Lukas Schobesberger (JUNOS), Peter Leskosek (RFS), Julian Gredinger (HERBERT)

ÖH-Wahl von 9. bis 11. Mai

350.000 Studierende sind aufgerufen, auf drei Ebenen ihre Vertretung zu wählen. Auf Studien-, Hochschul- und Bundesebene. Bis 2. Mai können Wahlberechtige eine Briefwahlkarte beantragen. Aber Achtung: Per Briefwahl kann man nur die Hochschul- und Bundesvertretung, nicht aber die Studienvertretung wählen.

Aktuell: