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Der Song zum Sonntag: Nick Cave & The Bad Seeds - „Wild God“

Eh alle Arschlöcher, aber singen wir ein schönes Lied drüber.

Von Lisa Schneider

Geschichten erzählen, nein, Märchen erzählen, es gibt sie noch, die Songs, die tatsächlich mit „Once Upon A Time“ beginnen. Nick Cave & The Bad Seeds haben ein neues Lied veröffentlicht und das gleichnamige Album „Wild God“ für Ende August angekündigt. Oder: Let’s pretend it’s 2004.

Es fühlt sich zumindest so an, wir sind mit „Wild God“ schon wieder sehr da, was mal nach der „There She Goes My Beautiful World“-Welt geklungen hat, ein Wattebausch-Lied, große Musik in allen Denkmöglichkeiten, eine Hymne für Menschen, die Hymnen mögen. Die letzten Alben von Nick Cave und seiner Band (die „Ghosteen“-Trilogie) waren da schon viel weniger bekömmlich.

„Wild God“ also, ein Lied für die Zyniker:innen, aber nicht die, die prinzipiell an der Welt verzweifeln, sondern die, die von Nick Cave mehr Erhebendes und weniger Sperriges hören wollen. Märchen eben. In diesem schlüpft der Gott ins Vogelgefieder, wie so oft in so vielen Geschichten, die Metapher von Freiheit und Selbstbestimmung ist damit gleich mitgeliefert. Sich selbst hält er für unstreitbar, er schüttelt das lange, wehende Haar und schaut, was da unten so passiert. Die Körper rauchen unter den Krallen.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist:innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Nicht an 2004, sondern mehr an 2013 denkt Nick Cave selbst, wenn er sich und eins seiner besten Lieder referenziert (Bands der Stunde, junge, sehr junge Bands am Weg nach oben, zitieren aktuell gern wieder dieses als „Hätte ich selbst gern geschrieben“), es ist natürlich „Jubilee Street“. Das Mädchen Bee war vielleicht damals nicht, ist jetzt aber sicher tot, es ist ohnehin nur eine vogelige Beobachter-Randnotiz, immerhin geht’s drum, sich nicht nur einen Menschen, sondern diese ganze seltsame Gruppe Untertan zu machen und zu halten. Die armen Kreaturen, die sich wehklagend am Boden wälzen und sich dabei immer wieder fragen, wann das denn endlich alles ein Ende hat. Nicht so wirklich, also eigentlich nie, Hedonismus geht sich für die, die oben sitzen, immer am besten aus. Ein Lied also wie ein Getümmelgemälde nicht von Bruegel (zu lieb), sondern eher von Bosch (zach genug).

Es wär ja aber kein Märchen, zumindest keins von Nick Cave, wenn sich am Ende nicht doch noch alles umdrehen würde. Achtung, Häresie: Würde man Nick Cave schnell fragen, wer das denn jetzt tatsächlich ist, dieser wilde Gott, er würde sagen: Schau in den Spiegel.

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