FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Ivo Dimchev

Ivo Dimchev

Impulstanz

Ivo Dimchev empfindet seine eigene Kunst nicht als extrem

Der queere bulgarische Performance-Superstar tritt heute Abend beim Wiener ImPulsTanz Festival auf und hat vorab mit uns gesprochen.

Von Christian Pausch

Ivo Dimchev

Christian Pausch

Ivo Dimchev beim FM4 Interview in seinem Auto auf einem Parkplatz in Sofia, Bulgarien

Der sogenannte „Extrem-Performer“ und bulgarische Superstar Ivo Dimchev ist, nach einer kurzen Auszeit in Los Angeles 2019, in seine Heimatstadt Sofia zurückgekehrt, kurz darauf brach die Pandemie aus und Bulgarien wurde vom Virus hart getroffen.

Dimchev, noch nie um eine Idee verlegen, bot sich kurzerhand an, kleine, intime Konzerte bei Fans zu Hause zu spielen. Die Reaktionen waren überwältigend. Immens viele Anmeldungen kamen herein, doch so etwas wie Überforderung kennt Ivo Dimchev nicht. Er nahm sie alle an, kam mit Maske und spielte Shows, manchmal in prunkvollen Villen, dann wieder in kleinen 1-Zimmer-Wohnungen. Dabei war es ihm auch wichtig, nicht nur für die Ober- und Mittelschicht zu spielen, sondern da, wo die bulgarische Regierung selten hinschaut, in finanziell benachteiligten Roma- und Sinti-Gemeinden etwa.

Ivo Dimchevs Mischung aus Performance und Musik, der Mix aus Oper, Cabaret, Pop und bulgarischer Folklore, ist für alle da. Nun beehrt er auch Österreich mit einem für seine Verhältnisse sehr regulären Konzert mit dem Titel „Halal“, beim ImPulsTanz Festival in Wien.

I will stay in my comfort zone. But my comfort zone is very large.

Ivo Dimchev

Ivo Dimchev

Ivo Dimchev spielt sein Konzert „Halal“ heute Abend, am 31.7.2021, um 23 Uhr im Odeon Theater in Wien im Rahmen des ImPulsTanz Festivals.

Ob er sich selbst und seine Kunst auch als „extrem“ beschreiben würde, wie das so oft in Artikeln über ihn getan wird, frage ich Ivo Dimchev am Anfang unseres Gesprächs. „The opposite“, antwortet er. Seine Musik sei seit über 6 Jahren schon sehr chill. Die ersten 15 Jahre war er möglicherweise intense, aber das sei keinesfalls dasselbe wie extrem. Solche Zuschreibungen kommen natürlich immer von außen. Ist es extrem, in Bulgarien offen queer zu sein, oder ist es nicht eher extrem, eine gewaltvolle, weil homophobe, Kindheit und Jugend zu erleben? Ist es extrem, sich Punkte über den ganzen Körper zu tätowieren und Kopfbedeckungen aus Teig zu tragen, oder ist es einfach nur eine neue, fantastische und kompromisslose Lebensweise?

Tatsache ist, Ivo Dimchev stößt die konservativen Mächte seines Landes immer wieder vor den Kopf, aber was macht das schon, wenn er dafür seine Wahrheit leben kann. Und dabei schreibt er noch hervorragende Musik und entwirft Choreografien und Performances, die ihresgleichen suchen. Seine Selfie-Konzerte, bei denen das Publikum ununterbrochen Selfies mit dem Künstler machen konnten, sind heute Pre-Covid-Kult. So nah wie damals wird er sich in Wien wohl nicht an seine Zuseher*innen heranwagen.

Das Konzert am Samstagabend trägt den Titel „Halal“, also das arabische Wort für „erlaubt“. Alles ist erlaubt in der Welt von Ivo Dimchev, aber dieser Tage natürlich auch nur das, was im Rahmen der jeweiligen Sicherheitskonzepte möglich ist. Was genau passieren wird, das weiß der Künstler während des Gesprächs - nur 2 Tage vor dem Konzert - noch nicht: „I will decide on my flight to Austria.“ Man darf also gespannt sein.

Probably I’m gonna cross some boundaries. I don’t know.

Aktuell: