Bilderbuch - „I’m Not Gonna Lie“

In einem Monat erscheint „Gelb ist das Feld“, das neue, siebte Album von Bilderbuch. Davor gibt es mit „I’m Not Gonna Lie“ nicht nur einen neuen Song, sondern auch ein besonders wichtiges Konzert: Am 19. März spielen Bilderbuch bei „We stand with Ukraine“, dem Solidaritätskonzert im Ernst-Happel-Stadion.

Von Christoph Sepin

Ja, bitte, das wäre doch einmal ein schönes Revival von Menschen, die auf Schuhe starren. Kennst du Ride mit ihren instrumentalen Wiederholungen, Lieder wie „Seagull“ oder „Leave Them All Behind“? Die psychedelischen Ableger der nordenglischen Madchester-Szene? Den schottischen Sound von Primal Scream oder Jesus and Mary Chain? Ganz, ganz langsam, ganz cool tanzen, nur mit den Füßen mitwippen zu der Wall of Sound und den hypnotisierenden Drumloops? Danke, schon mal, Bilderbuch, dass ihr euch dem jetzt mit „I’m Not Gonna Lie“ annehmt.

Eh klar, „the scene that celebrates itself“ feiert schon lange nicht mehr nur sich selbst, shoegazig, nugazig, whatever, wollen viele Gitarrenbands klingen und tun das auch, selten hört man aber Instrumentierung, so aus der Zeitmaschine rausspaziert, wie im neuen Song der Band aus Wien. Fresh from the 90s, eigentlich sogar 80s, als ob Johnny Marr höchstpersönlich das Effektpedal eingesteckt hat, um jetzt gleich „How Soon Is Now“ zu spielen.

Bisschen weniger als einen Monat ist es noch hin bis zum Release des neuen, siebten Bilderbuch-Albums: „Gelb ist das Feld“ erscheint am 8. April. Gelb ist das Feld und lang der Prozess, schon vor einem Jahr sind die sehr, sehr guten Songs „Nahuel Huapi“ und „Daydrinking“ erschienen und haben den neuen Klang der Gruppe vorgestellt: Alles weniger klassisch poppig, dafür umso mehr klassisch rockig - gute, alte Anglizismen dürfen bleiben und werden auch in „I’m Not Gonna Lie“ so verspielt und sinnvoll angewendet, wie das Maurice Ernst in seinen Texten besonders gut kann.

Ein paar Beispiele? Der Songtitel „I’m Not Gonna Lie“ wird gleich zu Beginn auf „wir sind zerbrochen nur an uns zwei“ gereimt. Und los geht die Story der zwischenmenschlichen Beziehung. „Du gehst deinen Weg und ich geh heim“ ist heartbreaking, der follow-up „maybe, baby that’s life“ dann aber gleich abgeklärt. Traurig ist hier nix, das hat im Traum auch nichts zu suchen, den Bilderbuch in knapp unter vier Minuten vertonen.

Was passiert dann? Passend zu den Instrumenten wird alles verschwommen: „Alles verschwimmt so wie reflections in einem Wasserhahn“, das ist ein tolles Bild. „Anxiety is calling, für mich scheint die Sonne die ganze Nacht.“ Ja, wenn der Sonnenschein erst langsam wieder unsere Tage verschönern darf, muss man sich das Licht eben in der Dunkelheit herbeiwünschen. Sollte also alles schön warm sein, oder doch nicht? „Fließt Quecksilber durch deine Adern oder, sag mir, warum bist du so kalt zu mir?“, wird gefragt und der Winter dauert noch ein paar Wochen.

Früher hat man mal geglaubt, unser Planet dreht sich einfach so vor sich hin, aber Bilderbuch wissen Bescheid: „Diese Welt ist in a shake“, heißt es einmal und dann gleich darauf, „diese Welt ist in a change“. Das Universum zwischen den zwei Liebenden im Song ändert sich ständig, das ganze Große rundherum sowieso auch. Bilderbuch wieder at their best - und bei den Anglizismen bleiben auch die Kommentare unterm Musikvideo: „Ihr saved meinen ass in dieser Zeit!“, schreibt da jemand. Und spricht für uns alle.