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Der Song zum Sonntag: Slowthai - „Selfish“

Provokation und Protest sind bei Slowthai Programm. Vielleicht kombiniert der UK-Shootingstar gerade deshalb Grime und Rap mit einigen Punk-Einschlägen, so auch am neuen, manisch-dringlichen Track „Selfish“.

Von Michaela Pichler

Es gibt diese besondere Art von Musik: Songs, die sich anfühlen wie eine juckende Stelle, an die man beim Kratzen partout nicht rankommt. „Selfish" von Slowthai ist so ein nervöser Track:

„Practice gratitude, yeah, I’m thankful for the life that I lead
I kiss my son before I put him to sleep
And I was workin’ for a flat on my feet
Why would you work until you got bloody knees?
Bloody hell, ain’t got some shit, it was goin’ so well
It makes me sick when I look at the world
’Cause nothing seems real“

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„Mir wird schlecht, wenn ich auf die Welt blicke" so urteilt Slowthai in „Selfish", er berichtet vom Ritual des Schlafengehens mit seinem Sohn und beschwert sich über das Hamsterrad der Hustle-Culture. Ein Hamsterrad, aus dem sich der Musiker selbst nicht rausnimmt. Es sind Beobachtungen wie diese, die Slowthai zu dem gemacht haben, was er heute ist.

Slowthais Musik galt seit dem Start seiner Karriere als Soundtrack zum Brexit-Zerfall. „Nothing Great About Britain", sein Debütalbum aus dem Jahr 2019, war politischer Protest, war Anprangern von sozialer Ungerechtigkeit und aufkeimendem Nationalismus. Mit den Jahren wurden die Songs des Provokateurs persönlicher. So auch „Selfish".

Wo hört Selbstreflexion auf und wo fängt Egoismus an? Diese Frage steckt zwischen den Zeilen von „Selfish". Der Track ist ein erster Vorbote auf das dritte Album des UK-Stars. „UGLY" lautet der Titel der kommenden Platte, die am 3. März via Method Records erscheinen wird. Darauf soll ein Sound zu hören sein, der punk-infizierter ist denn je. Passenderweise hat sich Slowthai für sein drittes Werk auch mit Feature-Gästen wie Fontaines D.C. zusammengetan, die er brüderlich sofort als Gleichgesinnte identifiziert hat. Der Albumtitel „UGLY" steht als Akronym für „u gotta love yourself“. Das Wort hat sich Slowthai im Zuge seiner Arbeiten am Album auch als Facetattoo unter die Haut stechen lassen, mit schwarzer Tinte ist sein neuestes Mantra nun ein Leben lang verewigt.

Auch der kurze Refrain in „Selfish“ hat Mantra-Potenzial. Zumindest leben die kurzen Zeilen von der Wiederholung, Slowthai denkt nur für sich, denkt nur an sich, dreht sich dabei gedanklich im Kreis. Der vorauseilende Post-Punk-Beat tut sein Übriges.

Thinkin’ for myself
Thinkin’, I’m just thinkin’ for myself

Zur Feier seiner neuen Single hat Slowthai diese Woche eine Release-Party der anderen Art geschmissen: Für seine Fans wurde auf YouTube ein 24-stündiger Livestream ausgestrahlt. Darin zu sehen: Slowthai, eingesperrt in einem verspiegelten Raum. Inszeniert wurde diese Performance als „Übung in Geduld und Selbstreflexion“. Einen Tag lang war Slowthai nur mit seinem eigenen Spiegelbild konfrontiert, gleichzeitig wurde er während dieser Schein-Isolation eben auch virtuell beobachtet. Eine Parabel aufs Leben, wie sein neuester Song.

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