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Buch: "Schattenkühle"

Edition Atelier

Barbara Kadletz schreibt über den Retter des Wienerwalds

In ihrem neuen Roman „Schattenkühle“ spielen zwei Männer mit dem Namen Josef Schöffel die Hauptrollen: einer hat einst den Wienerwald gerettet, der andere will ihn verbauen.

Von Christian Pausch

Im Jahr 2018 hat Barbara Kadletz mit ihrer Geschichte „Kalte Sterne“ den 2. Platz bei Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb, gewonnen. Seitdem ist viel passiert: 2021 hat sie ihren Debütroman „Im Ruin“ veröffentlicht und nun folgt sozusagen der zweite Streich: „Schattenkühle“ heißt Kadletz’ zweiter Roman, in dem es um den Wienerwald, den Klimaschutz und auch ein bisschen ums Zeitreisen geht.

Der Wienerwaldretter Joseph Schöffel

Sie komme aus einem Historiker:innen-Haushalt, sagt Barbara Kadletz im FM4 Interview, und deshalb sei ihr Josef Schöffel schon immer ein Begriff gewesen. Sie habe sich immer gewundert, warum niemand einen historischen Roman über diese vielschichtige Figur schreibt, also hat sie es schlussendlich selbst getan.

Joseph Schöffel

ANNO

Karikatur von Josef Schöffel in der Zeitschrift „Die Bombe“, 1873.

Josef Schöffel war ein Offizier der k.u.k.-Monarchie im Wien des 19. Jahrhunderts. Da die Monarchie zu seinen Lebzeiten einige finanzielle Verluste erlitt, wurde die Idee geboren den Wienerwald zu verkaufen, um Geld zu generieren. Davon hat der findige Schöffel Wind bekommen und hat eine noch nie dagewesene Medienkampagne gestartet, um den Wienerwald zu erhalten. Generationen von Wandernden, Radfahrer:innen und Frischluft-Genießer:innen können sich also bei diesem Mann bedanken, denn es gelang ihm: er hat eigenmächtig den Wienerwald vor der Abholzung gerettet.

Buch: "Schattenkühle"

Edition Atelier

„Schattenkühle“ von Barbara Kadletz ist bei Edition Atelier erschienen.

Zweierlei Schöffel

Doch Barbara Kadletz belässt es nicht dabei uns einfach die Lebensgeschichte des Wienerwaldretters zu erzählen, nein sie schickt ihn durch ein unverhofftes Zeitportal in die heutige Zeit, wo ein Nachkomme von Josef Schöffel, der ebenfalls Josef Schöffel heißt, gerade dabei ist, ein Bürogebäude im Wienerwald aufzustellen. Doch ein paar wenige, vehemente Klima-Aktivist:innen stellen sich ihm entgegen.

Natürlich erzeugt das Auftauchen des historischen Schöffels allerlei Verwirrung und es ist ein großer Spaß dabei zuzusehen, wie sich der Retter des Wienerwaldes in einer modernen Klimabewegung zurecht findet (oder eben nicht). Außerdem verändert sich auch einiges im modernen Schöffel, der zuvor als lascher Gemeindebeamter sein Dasein fristete und sich nun wehren muss gegen den Klimaprotest auf seiner Baustelle, seine Vorgesetzten, die ihm Druck machen und sogar gegen die eigene Oma.

Vielfältige Unterhaltung

Es ist wirklich eine Freude diesen Roman zu lesen, der so vielschichtig vom Kampf für eine unberührte Natur erzählt und auf so vielfältige Art zu unterhalten weiß. Die Autorin hat sich eingearbeitet in Schöffels historische Aufzeichnungen und fördert interessante Fakten zum ersten Wiener Umweltschützer zu Tage, aber sie hat sich auch eingearbeitet in das späte 19. Jahrhundert. Besonders schön zu lesen sind da zum Beispiel die Stellen an denen uns Barbara Kadletz das Wienerische des 19. Jahrhunderts näherbringt:

„Aber anscheinend war der Rudolf heute in Begleitung von dieser überwuzelten Soubrette, die immer so unangenehm outrierte.“

Es ist ein historischer Roman mit viel Witz geworden. Es ist aber auch ein Roman übers Zeitreisen, auch wenn dieser Teil der Geschichte die Protagonist:innen kaum tangiert. Vor allem aber ist „Schattenkühle“ ein Roman über Widerstand: ob nun gegen die herrische Oma, gegen klimafeindliche Bauherren, oder gegen die Abholzung des Wienerwalds, heute wie damals.

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