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Filmstills aus "The Fall Guy"

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„The Fall Guy“ feiert Stuntmen als wahre Filmhelden

Die neueste Serien-Adaption aus Hollywood will Action-Feuerwerk, Screwball-Romanze und grelles Popkino zugleich sein. Gelingen tut das nur bedingt, aber dank Ryan Gosling und Emily Blunt stimmt wenigstens die Chemie.

Von Christian Fuchs

Wenn Menschen über die Lieblingsserien aus ihrer Kindheit schwärmen, bekommt man selten glaubwürdige Qualitätsurteile. Dann zählen einzig wohlige Erinnerungen. Ist jemand beispielweise in den 1980er oder frühen 90er Jahren aufgewachsen, darf man mit glühenden Lobeshymnen auf Vorabendshows wie „Knight Rider“ rechnen.

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FM4 Filmpodcast #233: Serien im Kino: The Fall Guy & Miami Vice
Pia Reiser und Christian Fuchs zweifeln an dem aktuellen Blockbuster „Fall Guy“ und feiern dafür gelungene Serien-Adaptionen wie „Miami Vice“, „21 Jump Street“ oder „Star Trek“.
Am 13.5.2024 um Mitternacht auf FM4 und im FM4 Filmpodcast.

Dabei, und jetzt müsst ihr stark sein, schaut die Serie rund um David Hasselhoff und sein neunmalkluges Auto rückblickend wie ein billiges Fließband-Fernsehprodukt aus. Die Drehbücher könnte heute locker eine K.I. in wenigen Minuten schreiben. Die uninspirierten Kameraeinstellungen sind nicht der Rede wert. Und über die gebotene Schauspielkunst lässt sich auch streiten.

Schon klar, „Knight Rider“ war natürlich charmanter TV-Trash, der Millionen Kinderherzen verzauberte, ein Phänomen, für das der abgedroschene Begriff „Kult“ durchaus passt. Aber eben nur durch die nostalgische Brille betrachtet. Was auch für vergleichbare Serien wie „Das A-Team“, „Magnum“ oder „Ein Colt für alle Fälle“ zutrifft. Die letztere Show, rund um den toughen Stuntman Colt Seavers (gespielt von Lee Majors), der abseits von Filmsets als Kopfgeldjäger arbeitet, inspirierte nun einen Hollywood-Blockbuster.

The Fall Guy“, so hat die Serie auch im Original geheißen, ist in beinahe jeder Hinsicht das Gegenteil der Fernsehvorlage, die auf maskuline Raubein-Attitude, stellenweise fragwürdigen 80ies-Buddy-Humor und schundige Krimiplots setzte. Der 125 Millionen Dollar teure Film präsentiert sich als Bombast-Produkt in grellen Farben, mit mehr als gut aussehenden Akteuren in atemberaubenden Settings. Einzige echte Gemeinsamkeit: Film und Serie verbeugen sich vor einer Profession, die viel zu wenig gewürdigt wird, den Stuntleuten, die bei Dreharbeiten oft ihr Leben riskieren.

Filmstills aus "The Fall Guy"

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Ken trifft auf Kitty Oppenheimer

Eigentlich sollte „The Fall Guy“ ja „Barbenheimer – Der Film“ heißen, denn die beiden Hauptdarsteller:innen aus den extrem erfolgreichen Vorjahrsstreifen „Barbie“ und „Oppenheimer“ treffen hier aufeinander. Ryan Gosling, zuletzt als singender Ken ein Darling bei den Oscars, schlüpft in die Rolle des Stunt-Profis Colt Seavers, der sich nach einem halsbrecherischen Sturz zurückzieht. Emily Blunt spielt die Kamera-Assistentin Jody Moreno, die sich auf ihr großes Regiedebüt vorbereitet, eine gigantomanische Endzeit-Dystopie á la „Mad Max: Fury Road“.

Für die angebetete Frau kehrt der Mann mit dem angeknacksten Rücken (und Selbstbewusstsein) ans Filmset zurück, doch es gibt ernsthafte Probleme bei der Riesenproduktion. Der Hauptdarsteller, Actionhero Tom Ryder (ein köstlich gockelhafter Aaron Taylor-Johnson), scheint eines Tages wie vom Erdboden verschluckt. Colt bekommt von einer windigen Agentin den Auftrag den verschwundenen Superstar wieder unbeschädigt aufzuspüren.

„The Fall Guy“ will am liebsten alles sein: Eine moderne Leinwand-Romanze, in der sich das potentielle Paar verbal wenig schenkt, eine Parodie auf den Wahnsinn des Filmemachens unter Blockbuster-Bedingungen, ein Kraftlackel-Film, der mittels Meta-Jokes und durchgängiger Ironie den Macho-Faktor gleichzeitig ins Lächerliche zieht. Und weil der Regisseur David Leitch heißt, ein Ex-Stuntman, der Mega-Kracher wie „John Wick“ oder „Atomic Blonde“ verantwortete, ist „The Fall Guy“ ein Vehikel für irrwitzige Actionsequenzen am laufenden Band. Spaß machen tut dieser Mix aber nur stellenweise.

Maximale Brachialität, schrille Gags

Die geschätzte Kollegin Pia Reiser, mit der es auch einen gemeinsamen FM4 Film Podcast zu „The Fall Guy“ geben wird, fand den Mashup aus lärmigen Tschinn-Bumm-Momenten und Liebeskomödie ziemlich furchtbar. So streng sieht es der Schreiber dieser Zeilen nicht, aber der Film ist eine durchwachsene Angelegenheit.

Wie immer bei David Leitch geht es um maximale Brachialität, die Gags sind schrill, die Action bombastisch, die Schnitte hektisch, der Look komplett over the top. Wenn man nicht selber beispielsweise ständig verwandte Computerspiele in vollster Lautstärke spielt, kann so etwas in einem IMAX Saal durchaus anstrengend oder zumindest abstumpfend sein.

Die Chemie zwischen Ryan Gosling und Emily Blunt funkelt zwar auch in diesem Multiplex-Szenario auf, echter Charme (man denke nur an „The Nice Guys“ mit dem lustigsten Goslinger aller Zeiten) entwickelt sich aber nur stellenweise. Und auch die spektakulären Set Pieces wechseln sich in einem derartig rasenden Tempo ab, dass einem die ganze Geschichte bald eher ziemlich wurscht wird.

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Fans der 80ies-Originalserie, um zum Anfang zurückzukehren, dürfte der Film wenig glücklich machen, im Gegensatz zu ambitionierten Kino-Umsetzungen wie „Miami Vice“, „Star Trek“ oder „21 Jump Street“ (um drei gänzlich verschiedene Beispiele zu nennen) hat „The Fall Guy“ mit der Vorlage wirklich kaum etwas gemeinsam, außer deren countryesken Titelsong im Abspann.

Apropos Abspann: Den sollte man unbedingt abwarten. Denn David Leitch, der seine Karriere als Action-Double von Keanu Reeves oder Brad Pitt begann, gibt da einen Blick hinter die Kulissen von „The Fall Guy“. Was im Film selbst bisweilen wie CGI-Getrickse aussieht, erweist sich als gefährliches Analog-Handwerk, machen uns verwackelte Handkamera-Bilder klar. Diese Verbeugung vor der Stunt-Branche, die bei Awardshows noch immer zu wenig oder gleich gar nicht gewürdigt wird, versöhnt mich letztlich doch mit dieser neuesten Serien-Adaption aus Hollywood.

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