Wie funktioniert Integration wohl am besten?

Zu Integration gibt es unterschiedliche Ansätze. Es ist nicht gesagt, dass sie alle erfolgreich sind.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Lisa, die heute ihre braune Wollweste mit gelben Pünktchen anhat, ist besorgt. Sie beschwert sich wie viele Ausländer es in der Klasse ihres Sohnes gibt und wie sehr sie das belastet. „Du wirst mich verstehen“, sagt sie, „niemand spricht mehr richtiges Deutsch in diesem Land!“. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Einerseits fühle ich mich geschmeichelt, dass mein Deutsch offensichtlich gut genug ist, um Lisas Anerkennung zu bekommen. Andererseits verrät mein Name, dass meine Wurzeln nicht im ersten Wiener Gemeindebezirk zu suchen sind. Soll ich wieder mit der endlosen Diskussion beginnen, wie schwer es ist für einen Ausländer, sich in der Gesellschaft zu integrieren? Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Diskussion zu nichts führt. Deshalb lächele ich nur und sage, dass jeder seinen Preis kennen muss. Das ist ein universeller Satz und kann in beide Richtungen gedeutet werden. Dieses Mal funktioniert er auch, weil Lisa bestätigend nickt – ich habe anscheinend ihre Lage verstanden.

In den Jahren habe ich unterschiedliche Ansätze zur Integration gesehen. Ein Bekannter von mir wollte sich vor einigen Jahren ein Porträt des damaligen Bundeskanzlers Kurz auf die Schulter tätowieren lassen. Somit wollte er demonstrieren, dass er die hiesigen Werte komplett aufgenommen habe. Ich versuchte, ihn zu überreden, dass das keine so gute Idee ist. Erstens wäre das Bildnis von Kurz unter seiner Jacke versteckt geblieben. Um seine gelungene Integration zu demonstrieren, müsste er ganzjährig im Unterhemd herumlaufen. Zweitens, wie wir alle gesehen haben, haben Politiker ein Ablaufdatum. Was würde er machen, wenn Kurz abgesetzt wird? Darauf hatte er eine Antwort – ein Freund von ihm habe sich mal den Namen seiner ersten Liebe „Magdalena“ auf den Arm gestochen. Als die besagte Magdalena sich von ihm getrennt hat, stach er noch „ist eine Nutte“ dazu. So wollte auch mein Bekannter mit Kurz vorgehen – wenn Kurz an der Macht ist, wird er allen sein Porträt vorzeigen, wird er dann abgesetzt, könnte er ihn einfach durchstreichen und was Beleidigendes über ihn dazuschreiben. Somit wäre seine Integration nicht gefährdet.

Lisa hat ihren Sohn von der Schule abgeholt. Sie entfernt sich in ihrer braun-gelben Weste. Die beiden sprechen Serbisch miteinander.