„Was für ein Glück“, das Debütalbum von Endless Wellness ist da

Nach einer Handvoll vielbeachteter Singles erscheint jetzt das erste Album des Quartetts Endless Wellness aus Salzburg und Wien. „Was für ein Glück“ erzählt vom Zusammenhalt in rauen Zeiten und ist ein Glücksfall von einem Album.

Von Katharina Seidler

Schöne Dinge trägt die Erde
Hier bin ich eigentlich sehr gerne
(„Schöne Dinge“)

Auf dieser Erde gibt es Eisbären und Mandarinen, eingewickelt in Papier. Es gibt Kirschen, Achterbahnen, Flüsse zum Bootfahren und einmal im Jahr Frühling, und manchmal steht man mit lieben Menschen im Proberaum oder liegt mit jemandem unter einer Decke. Es ist warm und die Welt bleibt eine Weile draußen.

Von diesen Momenten erzählt „Was für ein Glück“, das Debütalbum der gut gehypten Band Endless Wellness, an der es in den letzten Monaten in FM4-Maßstäben gerechnet kein Vorbeikommen gegeben hat. Dieses Glück ist im Gesamtverhältnis zur Welt gesehen klein, und dadurch umso wertvoller. Denn es ist dieselbe Erde, auf der die Eisbären kein Eis und kein Essen mehr finden, auf der die Küsten brennen und jüngere Jahrgänge um Raum und Ressourcen bangen müssen. Die Verschwendung ihrer Zukunft wurde von denen davor in Kauf genommen, und dementsprechend trägt „Was für ein Glück“ auch den Zorn einer ganzen Generation in sich. Da braust die Gitarre rauschend auf, die Synthesizer orgeln atemlos und Endless-Wellness-Sänger Philipp Auer schleudert den Älteren entgegen: „Wir haben heute nix versäumt - das waren die Eltern! (...) Dann geht’s halt scheitern.“

Dann wieder wird es leise und intim. Die Vereinzelung der Gesellschaft schreitet nicht nur voran, weil jeder „einen Zaun um den eigenen Garten“ baut („Kinder“) oder Computer unsere Arbeit übernehmen, sondern auch durch Depressionen und Ängste, unerfüllbare Erwartungen und unsichere Zukünfte.

Auch für diese persönlichen Momente der Schwäche hat „Was für ein Glück“ ausgiebig Platz. Das beginnt bei der oft zitierten, angedeuteten Erektionsschwäche in der keinesfalls zufällig ausgewählten Debütsingle „Hand im Gesicht“ und geht bis zu ein paar der unverfälschtesten, poetischsten Beschreibungen von Depression der deutschen Popgegenwart: „Ich hab eine Angst, alles, was mir lieb ist, zu verlieren. Und nicht mehr zu kapieren, dass es mehr gibt als ein Existieren.“ („Schöne Dinge“)

Überhaupt, die Texte. Dass es sich ausgeht, den vielbeachteten Reim „Spatzi - Nackabatzi“ ohne Krampf zu singen, einfach deshalb, weil es die logischste Ausdrucksweise für eine Geschichte von eingetrichterten Schamgefühlen aus der Kindheit ist, ist der unwahrscheinlichen Natürlichkeit zu verdanken, mit der Endless Wellness ihre Songs schreiben.

Die Inhalte ihrer Musik entstehen nach ausgiebigen Gesprächen der vier Bandmitglieder Philipp Auer, Milena Klien, Adele Ischia und Hjörtur Hjörleifsson miteinander. Es geht um ehrliche Anliegen, ohne gleich mit dem überholten Konzept von „Authentizität“ daherkommen zu wollen. Endless Wellness sind zuallererst eine Gruppe Freundinnen und Freunde, die sich Gedanken machen - über die Gesellschaft als Gesamtheit, aber auch über individuelle Möglichkeiten, einen Tag geglückt zu gestalten.

Gegen die Verzweiflung hilft nämlich auch die bewusste Entscheidung für die Freuden des Augenblicks. Die finden sich unter anderem im Zurückbesinnen auf den eigenen Körper und seine Bedürfnisse - ein zentrales Thema der Platte. „Du hast Wirbel vom Hals bis zum Steiß“: Vielleicht einfach mal ordentlich ausschlafen oder eine Nacht lang durchtanzen, bis der nächste Morgen schon wieder anders aussieht.

Oder aber gemeinsam mit jemand Liebem in einem Boot auf dem Wasser treiben, wie es das bezaubernde Stück „Landwehrkanal“ vorschlägt. Lyrics und Lyrik liegen hier einmal mehr nah beieinander:

„Wo die schmutzigen Schwäne baden
Und warten auf unseren Laib Brot
Wo die glatten Rattenschwänze
Aus den Fassaden ragen
Wo die anderen Ende Zwanziger
Beinah relevante Sachen sagen
Schlagen wir unsere Zeit tot
Im Schlauchboot
Über den Landwehrkanal“

Musikalisch hat der Indierock von Endless Wellness eine folkigere und psychedelischere Schlagseite als bei Bands wie etwa Isolation Berlin, die im Vergleich mit den Ex-Salzburgern-jetzt-Wienern immer wieder ins Treffen geführt werden. Nie gewinnt die Dunkelheit in ihren Songs die Oberhand, dafür schlagen Lyrics, Instrumente und Chöre viel zu gern alberne, überraschende Haken.

Songs von Endless Wellness handeln nicht nur vom Trostfinden in der eigenen Gruppe, sie bemühen sich auch, ihre Hände darüber hinaus auszustrecken: Am Ende von „Was für ein Glück“ stehen da vier Menschen im Song „200 Grad“ und singen lauthals und ein wenig windschief im Chor: „La la la la laa la“. Es ist ein Angebot an alle, mitzumachen. Wir verlassen die Erde als enttäuschte Herde, aber zumindest Seite an Seite. Macht’s gut und danke für den Fisch.

„Ich weiß jetzt endlich, wo ich sein mag
Und das hat keine Nation
Keinen Gott und keinen Bausparvertrag
Keine Resignation"
("Donnerwetterblitz“)