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Manor Lords

Slavic Magic

Baustelle Mittelalter

Nach langem Warten und riesiger Vorfreude ist das Aufbaustrategiespiel „Manor Lords“ ein weiterer Games-Hype des Jahres. Zu Recht - auch wenn es noch lang nicht fertig ist.

Von Rainer Sigl

Über drei Millionen Menschen hatten dieses Spiel auf Steam auf ihren Wishlists stehen, mehr als jedes andere Game. Wenn es um die größte Vorfreude geht, ist „Manor Lords“ schon jetzt eines der Spiele des Jahres. Seit dem Early-Access-Start Ende letzter Woche hat sich das Spiel eines winzigen Indie-Studios sagenhafte eine Million Mal verkauft, und das alles ohne millionenschwere Marketing-Kampagne, Influencer-Einkauf oder sonstige PR-Stunts.

Die gute Nachricht deshalb ganz zu Beginn: Ja, „Manor Lords“ ist wirklich das Spiel geworden, auf das sich alle so gefreut haben; zumindest fast. Was ist eigentlich das Besondere an dieser Mittelalter-Aufbau-Sandkiste, in dem ich eine winzige Siedlung zur mächtigen Stadt aufbaue und den Jahreszeiten, Hunger und Banditenüberfällen trotze?

Aufbaustrategie trifft Echtzeitkampf

Zugegeben, „Manor Lords“ hat ein paar durchaus originelle Spielelemente. An erster Stelle dabei: Wenn es zum Kampf gegen Banditen oder aber den bösen feudalen Rivalen auf der Weltkarte kommt, wird aus dem Aufbaustrategiespiel ein Echtzeit-Schlachtgewimmel wie in der „Total War“-Reihe, in der ich einzelne Truppenverbände dirigieren darf. Das ist nett, lässt aber später im Spiel noch gehörig an Tiefe vermissen - wie überhaupt an so einigen Stellen in dieser frühen Early-Access-Version noch Inhalt fehlt.

„Manor Lords“, entwickelt von Slavic Magic und im vertrieb von Hooded Horse, ist im Early Access für Windows erschienen.

Der kommende FM4 Game Podcast mit Conny Lee und Rainer Sigl wird sich übrigens ausführlich dem Thema „Aufbaustrategiespiele“ widmen - zu hören am Donnerstag, 2.5. 0 Uhr, auf FM4 oder danach auf sound.orf.at oder überall, wo’s Podcasts gibt.

Der Reiz und der Erfolg von „Manor Lords“ liegt wohl eher im meisterhaft umgesetzten und altbekannten Flow, der das Genre der Aufbaustrategie für seine Fans so unwiderstehlich macht: Aus kleinen Siedlungen werden durch stetiges Bauen und Managen hübsche Dörfer und Städte, aus bescheidenen Anfängen entstehen gewaltige Projekte, in denen ich jedes Haus, jede Wegbiegung und sogar jeden Bauern und seinen Ochsen sozusagen persönlich kenne.

Wenn man den hübsch animierten Dorfbewohnern auch von ganz nah zuschaut, wie sie ihrer Arbeit nachgehen, vergehen die Stunden wie im Flug. Wenn ich mag, darf ich sogar als Feudalherr zu Fuß durch diese Städte wandern, aber auch so ist man entzückt von der Detailpracht von Animationen und der Atmosphäre. Auch auf historischen Realismus wurde Wert gelegt, der großartige Soundtrack wie auch sehr stimmige Soundeffekte runden das Erlebnis ab. Mehr Mittelalter-Atmosphäre gibt es derzeit nirgends.

Manor Lords

Slavic Magic

Wunderschön und unfertig

Eigentlich unglaublich, dass „Manor Lords“ nicht von einem riesigen Studio, sondern ursprünglich von einem einzelnen polnischen Entwickler stammt. Der hat sich zwar inzwischen ein wenig personelle Unterstützung geholt, aber trotzdem ist das hier eine beeindruckende Einzelleistung. Oder besser gesagt: Es ist der erste, gelungene Appetizer auf das, was das Spiel irgendwann später einmal sein soll. Noch ist „Manor Lords“ nicht ganz fertig, und das merkt man auch.

Circa ein Jahr lang soll „Manor Lords“ noch im Early Access fertig entwickelt werden, was jetzt schon da ist, ist gelungen und lässt hoffen. Erst nach vielen begeisterten Spielstunden mit diesem hübschen „Prototypen“ beginnt man an die Grenzen dieser Baustelle zu stoßen, vermisst man ganze Spielmechaniken, ein befriedigendes Endgame oder strategische Raffinesse beim computergesteuerten Gegenspieler.

Wenn ich meine Siedlungen zu Städten ausgebaut und ein paar Landstriche von Nachbarn erobert habe, habe ich so gut wie alles gesehen, was „Manor Lords“ jetzt zu bieten hat. Dafür bittet der sympathische Entwickler um Verständnis - und weist darauf hin, dass hier noch viel Arbeit zu erledigen ist. Wer das in Kauf nimmt, hat aber schon jetzt viel Spaß mit diesem kleinen Indie-Hit. Das Warten darauf hat sich schon jetzt gelohnt.

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