Mein Freund Stefan ist ein exzellenter Fliesenleger

Stefan arbeitet sehr hart. Er hat in seinem Leben so viele Fliesen gelegt, dass sie die ganze Mariahilferstraße bedecken könnten. Doch auf seinem Social-Media-Profilen sieht man kein einziges Foto von einer Fliese oder einem Badezimmer.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Auf allen Fotos ist nur Stefan zu sehen, wie er Cevapi isst und Bier trinkt. Geht man von diesen Fotos aus, dann würde man meinen, er habe so viele Cevapi und Schnitzel gegessen, wie das Hotel Imperial wiegt, und so viel Bier getrunken, wie Wasser durch die Donauschleusen fließt.

Ich frage ihn, warum er seine Arbeit nie fotografiert, sondern nur den Tisch beim Abendessen. Er meint, dass Badezimmer allen egal wären. Das würde nur dazu führen, dass er noch mehr Aufträge bekomme. Und er möchte nicht noch mehr arbeiten.

Stefan ist ein Vertreter der neuen Arbeiterklasse. Er hat nicht nur seine Ketten zu verlieren und fährt einen Jaguar. Er hat keine Angst, dass Ausländer ihm den Job wegnehmen. Ein Badezimmer wird sich für jeden Fliesenleger finden.

Ich frage ihn, ob er sich Sorgen um die Zukunft macht. Er lächelt nur und macht sich auf den Weg, die nächsten Cevapi zu essen. Ich komme nicht mit, weil ich übergewichtig bin. Ihn haben Schnitzel und Cevapi schlank und hart wie eine Fliese gemacht.

Einen fröhlichen 1. Mai, Stefan! Die Arbeiterklasse kommt in den Himmel. Und der Himmel riecht nach Cevapi.