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Angestaubte Auferstehung

Das Remake/Reboot des Survival-Horror-Urvaters „Alone in the Dark“ ist ziemlich super Schund.

Von Rainer Sigl

In einem Sanatorium im schwülen Süden der USA gehen in den 1920er-Jahren unheimliche Dinge vor sich. Zeit, dort nach dem Rechten zu sehen: In der Gestalt eines hartgesottenen Privatdetektivs oder wahlweise als dessen Klientin suche ich in „Alone in the Dark“ nach deren von dort verschwundenem Onkel.

Stattdessen finde auf meiner Suche bizarre Monster, blutige Geheimnisse und einen ganzen Haufen Horror in der Finsternis. Immer wieder zerrinnt mir die Realität zu Ausflügen in groteske Albtraumwelten; irgendwann fange ich an, an meiner eigenen geistigen Gesundheit zu zweifeln.

Rundumerneuert und trotzdem altmodisch

„Alone in the Dark“ ist eine Mischung aus Remake und Reboot des Survival-Horror-Originals aus dem Jahr 1992. Dieses gilt als spielerischer Vorläufer des großen Genre-Klassikers „Resident Evil“; eine ganze Reihe von sukzessive schlechter werdenden Nachfolgern bis hin zur letzten katastrophalen Neuauflage aus dem Jahr 2014 haben am Ruhm der ursprünglich französischen Horrorgame-Reihe gekratzt.

Mit der aktuellen Neuauflage will der schwedische Entwickler Pieces Interactive den alten Glanz wieder herstellen; unter anderem durch Unterstützung des Landsmannes Mikael Hedberg, der, vom Indie-Horrorspezialisten Frictional Games kommend, auf hintergründigen Horror spezialisiert ist.

„Alone in the Dark“, entwickelt von Pieces Interactive und vertrieben von THQ Nordic, ist für Windows, PS5 und Xbox Series erschienen.

Bis auf den Namen und ein paar Figuren und Schauplätze ist der Games-Oldie denn auch nicht wiederzuerkennen. Das betrifft auf den ersten Blick die Präsentation: In Sachen Grafik wurde jede Menge Aufwand betrieben, und die Hauptrollen sprechen sogar Hollywood-Stars wie David Harbour („Stranger Things“, „Hellboy“) und Jodie Comer („Killing Eve“). Die Sprechperformances der beiden Hochkaräter fallen allerdings durchwegs unterkühlt aus.

Alone in the Dark

Pieces Interactive

Ziemlich super Schund

Bei aller Rundumerneuerung ist „Alone in the Dark“ aber trotzdem ein bisschen altmodisch bis leicht angestaubt geraten, oder sagen wir lieber: klassisch. Die spannende Geschichte wird in Cutscenes und jeder Menge Text konventionell erzählt, die Kämpfe gegen gruselige Gestalten sind holprig und nicht besonders originell geraten und auch die Rätsel, die es hier zu lösen gibt, hat man schon mehrfach im Genre gesehen. Trotzdem macht das Ganze Spaß.

Ja, „Alone in the Dark“ ist Schund, aber das ist hier nicht abwertend, sondern durchaus liebevoll gemeint. Es ist nämlich ziemlich super Schund, das Games-Äquivalent zum Pulp-Roman oder zum B-Movie, ein sichtlich liebevoll gemachtes Produkt, das nicht mit der Qualität des ganz großen Hochglanz-Business mithalten kann oder muss. Stattdessen ist es ein Liebesbrief an eine leicht angestaubte Horror-Games-Nische, die, zumindest für ihre treuen Fans, eigentlich gar nicht unbedingt viel Modernisierung braucht.

Genau diese Zielgruppe darf sich freuen: „Alone in the Dark“ ist eine unspektakuläre, aber dennoch würdige Auferstehung eines Klassikers.

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