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Jojo Siwa

Jojo Siwa

verena bogner

Dua Lipa, Jojo Siwa & Co.: Warum das „Eras“-Denken aufhören muss

Liefert ein Popstar keine neue Ära samt Sound und Ästhetik, gelten gute Popsongs plötzlich als langweilig. Andere, die wiederum um jeden Preis eine neue Ära präsentieren wollen, wirken zu verbissen. Warum wir das mit den „Eras“ ein bisschen lockerer sehen sollten

Eine Kolumne von Verena Bogner

Jedes Mal, wenn Dua Lipa einen neuen Song veröffentlicht, bekomme ich Angst. Eigentlich liebe ich Dua Lipa, ihr Album „Future Nostalgia“ hat mich durch die Corona-Lockdowns getragen, ihre Show in der Stadthalle hat mein Pop-Herz höher schlagen lassen. Im vergangenen Jahr begann Dua schließlich damit, ihre nächste „Era“ anzuteasern: Sie löschte ihre Insta-Posts, erzählte der „New York Times“, dass ihr nächstes Album von „1970s-era psychedelia“ beeinflusst sein – und somit im krassen Gegensatz zum discolastigen „Future Nostalgia“ stehen – würde.

Dieses Versprechen hat sie mit den Singles „Houdini“, „Training Season“ und „Illusion“ nicht eingelöst. Die klingen wie „Future Nostalgia“-B-Seiten, wie übriggebliebene Songs, die nur so vor dem klassischen Dua-Sound triefen. Nicht falsch verstehen: Die Tracks sind einwandfreie Pop-Bretter, aber sie erfinden eben das Rad nicht neu. Dafür wird Dua Lipa auf Social Media immer wieder liebevoll kritisiert und auch ich erwische mich bei dem Gedanken: „Warum klingt alles, was Dua Lipa macht, so sehr nach Dua Lipa?“ Eigentlich absurd.

Durch Stars wie Taylor Swift, Lady Gaga oder auch Madonna wurde eines in unseren Köpfen verankert: Vor allem weibliche Popstars müssen sich ständig neu erfinden, um relevant und interessant zu bleiben (dazu mehr in dieser Kolumne). Dua Lipa entzieht sich dieser Logik mit ihren neuen Tracks und dem neuen Album „Radical Optimism“ ganz offensichtlich, und sie hat es nicht verdient, dass wir sie dafür als langweilig oder unkreativ abstempeln. Sie hat eben einfach den Sound gefunden, der zu ihr passt, und feilt weiter daran.

Schon öfter sind Popstars am Konzept der Album-Ära gescheitert, da wäre Lady Gaga mit ihrer abgedrehten „Artpop“-Phase, die zum Glück erst kürzlich die Fan-Anerkennung bekam, die ihr vor zehn Jahren verwehrt wurde. Auch Taylor Swift, die Meisterin der „Eras“, wird gerade kritisiert, weil sie mit „The Tortured Poets Department“ keine neue Phase ihrer Karriere eingeläutet, sondern lediglich „more of the same“ geliefert hat.

Wer seinen Sound im Gegensatz zu Dua jedenfalls noch nicht gefunden hat, ist Jojo Siwa. Die US-Amerikanerin stand schon als Kind im Rampenlicht, ist als Tänzerin und Schauspielerin bekannt. Sie veröffentlichte kürzlich ihre Single „Karma“ – und um diese zu promoten, legt sie gerade einen abstrusen Auftritt nach dem nächsten hin. Jojo Siwa wurde als kleiner Sonnenschein berühmt, ihre bunte Haarschleife war ihr Markenzeichen. Jetzt tritt sie mit KISS-eskem Make-up auf und will plötzlich unbedingt als Bad Girl wahrgenommen werden, in einem Interview behauptet sie sogar, dass sich kein Star ihrer Generation je „so drastisch verändert“ habe wie sie. Sie setzt alles daran, eine neue „Era“ einzuläuten, aber stößt mit ihrem bizarren Verhalten auf die Grenzen dieses Konzepts: Wenn die „Era“ an sich wichtiger wird als der Inhalt dieser „Era“, ist nämlich auch niemandem geholfen.

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