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Weniger Datenschutz für Gesundheitsdaten?

Ein geplantes Gesetz sieht für Wissenschaft und Forschung Ausnahmen im Datenschutz vor. Fließen unsere Krankengeschichten aus der Elektronischen Gesundheitsakte bald an private Unternehmen?

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Das geplante Gesetz heißt: Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 - Wissenschaft und Forschung. Darin steht, dass sensible personenbezogene Daten weitergegeben werden dürfen, wenn ansonsten wissenschaftliche Zwecke ernsthaft beeinträchtigt wären.

Wer genau Empfänger der Daten sein kann, stehe nicht im Gesetz, sagt die Juristin Angelika Adensamer von epicenter.works: „Man muss nach diesem Gesetz in keiner Weise eine Akkreditierung für irgendetwas haben. Und auch wie das geprüft wird, ist noch ungewiss. Es werden weitgehende Rechte eingeräumt, zu wissenschaftlichen Zwecken auf Daten öffentlicher Behörden Zugriff zu haben."

Betroffen seien nicht nur Gesundheitsdaten, sondern etwa auch Personenstandsdaten aus dem Melderegister, sagt Adensamer. „Gleichzeitig geht damit einher eine Einschänkung von Rechten der Betroffenen aus der EU-Datenschutz-Grundverordnung: Das Recht auf Auskunft, das Recht auf Information, das Recht auf Widerspruch und sogar das Recht auf Berichtigung – wo man sich denken müsste, es handelt sich um wissenschaftliche Zwecke, also müsste man doch ein Interesse an der Berichtigung von Daten haben.“

Angelika Adensamer

epicenter.works

Angelika Adensamer

Angelika Adensamer hält das Gesetz für im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung rechtswidrig. In dieser steht nämlich, dass Ausnahmegenehmigungen für die Weitergabe von sensiblen personenbezogenen Daten nur im Einzelfall gegeben werden können. „Man könnte ein Gesetz machen, in dem steht: In bestimmten Fällen, in denen die Forschung sehr wichtig ist und man die Verhältnismäßigkeit abwägt, dürfen bestimmte Rechte in einem bestimmten Ausmaß ausgeschlossen werden. Was man aber gemacht ist: Man beruft sich pauschal darauf uns sagt: Wir halten die Forschung für ernsthaft beeinträchtigt – z.B. durch das Recht auf Auskunft – und deshalb schließen wir es aus.“ Mit ihren Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit steht Adensamer nicht allein da. Auch der Datenschutzrat hat in der Begutachtung schwere Bedenken erhoben.

Für österreichische Forschungseinrichtungen könnte das geplante Gesetz deshalb sogar zum Verlust von EU-Förderungen führen: „Wenn man Daten auf eine Weise erhält, die nicht unionsrechtskonform ist, dann hat man keinen Anspruch auf Förderungen aus der Europäischen Union. Gut für die Wissenschaft wird es also nicht sein, wenn Österreich Gesetze hat, die schon ganz grundlegend nicht unionsrechtskonform sind.“ Eine Interviewanfrage seitens FM4 beim Wissenschaftsministerium dazu wurde leider nicht beantwortet.

Gerade der Skandal rund um das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica, das Millionen von Datensätzen aus Facebook abgegriffen und für politische Kampagnen verwendet hat, zeigt: Die Grenzen zwischen wissenschaftlicher Forschung und anderen Zwecken - wie zum Beispiel Wahlkämpfen - verschwimmen schnell. Das jetzt von der Regierung geplante Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 - Wissenschaft und Forschung öffnet gerade solchen Firmen wie Cambridge Analytica Tür und Tor für Datenmissbrauch.

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