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Eishockey gegen Homophobie

Der Wiener Sport-Club hat seit Herbst eine offizielle Eishockey-Mannschaft und diese positioniert sich, wie auch der Rest des Vereins, klar links.

von Christian Pausch

Es ist so kalt an diesem Spät-Novemberabend, dass die Eishalle der Wiener Stadthalle sich beim Betreten kurz wie ein wohlig warmes Wohnzimmer anfühlt. „Dass es draußen kälter ist als drinnen, kam bis jetzt noch nie vor.“, erklärt mir ein Eishockey-Fan. Normalerweise ist Eishockey-Fantum temperaturtechnisch eine eher unwirtliche Angelegenheit.

Es ist ein Spiel der dritten Wiener Liga, das heute hier stattfindet: Hurricanes gegen den Wiener Sport-Club. Die circa hundert Fans in der Eishalle sind aber in der großen Mehrheit wegen zweiterer Mannschaft da. Der Wiener Sport-Club, der seit 97 Jahren keine Eishockey-Sektion mehr hatte, mischt seit dieser Saison wieder mit am Eis und das findet großen Zuspruch, auch weil es sich um eine der wenigen Mannschaften mit politisch klar definierter Positionierung handelt.

Eishockey mannschaft

Christopher Glanzl

Anti-Sexismus

Als 1912 der Österreichische Eishockeyverband gegründet wurde, war der Wiener Sport-Club unter den vier Gründungsvereinen. Gleich kurz darauf wurde der WSC österreichischer Eishockeymeister, doch nach nur fünf Jahren wurde die Sektion Eishockey eingestellt. Seitdem ist der Wiener Sport-Club vor allem für Fußball bekannt, obwohl er bis heute ein Allround-Verein geblieben ist: neben der neuen Eishockey-Sektion und dem Fußball, gibt es auch Schwimmen, Wasserball, Fechten, Radfahren, Laufen und Squash.

Zwei wesentliche Punkte ziehen sich aber durch alle Sektionen: die treue Fangemeinde, die selbst in unteren Ligen nie von der Seite ihrer Mannschaften weichen und ihre Fangesänge zum Besten geben, immer gewaltfrei und ohne Schmähungen des Gegners. Sowie natürlich die politische Einstellung, die eine Inklusivität vorlebt, wie man es sich in oberen Ligen (und allen Sportarten) nur wünschen kann. Zur Zeit besteht die Kampfmannschaft der Sektion Eishockey zwar nur aus Cis*Männern, doch der dezidierte Aufruf, dass man sich über Bewerbungen von Frauen, Trans* und Inter-Personen freut, wird weiterhin bestehen bleiben. Gerade formiert sich auch eine zweite Mannschaft, die noch keinen Liga-Regeln unterliegt, das heißt, dass hier der Eishockey-Verband noch nicht streng in zwei Geschlechter trennen kann.

Eishockey mannschaft

Renate Mowlam Comics

Eine Fanin versorgt die Facebook-Seite des Vereins sogar regelmäßig mit selbstgezeichneten Comic-Strips.

Anti-Rassismus

Die politische Arbeit des Vereins geht aber über Mannschafts-Internes weit hinaus, denn auch die schwindenden Eisflächen in Wien werden schon in der ersten Presseaussendung der Sektion Eishockey zum Politikum gemacht: „Denn Eishockey ist keine Randsportart.“, heißt es da in einer selbstbewussten Ansage an die Wiener Stadtpolitik. Wenn man die ersten paar Spiele des WSC nach 97 Jahren mitverfolgt hat, kann man das Statement gut und gerne unterschreiben, denn der Fan-Rang ist jedes Mal bis auf den letzten Stehplatz gefüllt.

„Das geht über eure Vorstellungskraft, der Sport-Club hat ’ne Eis-Mannschaft“

Beim Aufwärmen geht es heute noch gemächlich zu: viele Pucks werden aufs Eis geschossen, um unter der Anleitung der Trainer Steven Mathewson und Alexander Wacker Schüsse und Pässe zu üben und die letzten Strategien durchzugehen. Akrobatische Dehnungsübungen sind ebenso Teil des Aufwärmens wie das Anziehen der vielen Teile der großen Eishockey-Dress, die richtig angelegt und festgezurrt vor Verletzungen schützt. Viele der Spieler des WSC haben an diesem Abend Regenbogen-Bandagen um ihre Schläger gewickelt, um auch ein sichtbares Zeichen zu setzen.

Anti-Homophobie

Später geht es rauer zu: es werden viele Strafen gepfiffen an diesem Hockey-Abend, ein Spieler des Sport-Clubs wird am Auge verletzt und muss genäht werden, auf beiden Seiten werden immer wieder Spieler gegen die Bande gedrückt, oder auf den Boden geschmettert. Es ist ein brutaler Sport, aber die Einhaltung der Regeln wird natürlich gewahrt, was auch dem Einsatz von zwei Schiedsrichtern pro Spiel zu verdanken ist. Sollte es doch einmal nicht fair zugehen, greifen diese auch schon mal zum Äußersten, wie auch heute abend: gleich drei Spieler der gegnerischen Mannschaft werden des Platzes verwiesen und in die Umkleide geschickt. „So macht das keinen Spaß.“, zeigen sich die Sport-Club-Fans vom Verhalten der Gegner betroffen.

Das nächste Spiel der Sektion Eishockey des Wiener Sport-Clubs gibt es am Samstag 15.12.2018 um 21:10 Uhr in der Eishalle der Wiener Stadthalle. Eintritt ist frei!

Im Nachhinein wird laut, dass die Sport-Club-Spieler von der gegnerischen Mannschaft offenbar während des Spiels abfällig als „Regenbogenschwuchteln“ bezeichnet wurden. Die ausgesprochene Homophobie im Sport, sie ist also - wir wissen es schon lang - kein Einzelfall, sondern Realität. Die beste Medizin dagegen ist wohl die Gegner charmant und unemotional in die Schranken zu weisen. Das geht indem man als Mannschaft und als Verein geschlossen und lautstark gegen Diskriminierung jeglicher Art auftritt, oder auch mit einem klaren 5:1 Sieg zum Beispiel, wie ihn der Wiener Sport-Club verdienterweise an diesem Abend eingeholt hat.

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