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Symbolbild für Uploadfilter

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Erich Moechel

Finale der EU-Legislaturperiode mit noch mehr Upload-Filtern

Die Verordnung gegen „terroristische Inhalte“ soll samt Upload-Filtern im Schnellsiedeverfahren noch durch das Parlamentsplenum und danach in den Trilog. Frankreich hat mit der Umsetzung der Coypright-Richtlinie schon begonnen.

Von Erich Moechel

Noch ist die Copyright-Richtlinie nicht durch den EU-Ministerrat, doch Frankreich ist schon mitten in der Umsetzung. Am Mittwoch kündigte der französische Kulturminister Franck Riester an, dass ein entsprechendes Gesetz noch vor dem Sommer in Kraft treten werde. Wie bei der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung liegt das entsprechende Gesetz in Frankreich bereits fast fertig vor.

Am 15. April soll die Richtlinie dann im Ministerrat bestätigt werden, die Verordnung gegen „terroristische Inhalte“ die noch strengere Filtervorgaben enthält, muss im Parlament bis dahin beschlussreif sein. Ausnahmen gibt es keine, daher sind alle Publikumswebsites betroffen, die Interaktionen ihrer Benutzer wie Postings oder Uploads zulassen. EU-Verordnungen müssen stets im Wortsinn national umgesetzt werden.

Riester Le Streaming

CC0

In seiner Rede sprach der französische Kulturminister von einer „Mission de promotion et d’encadrement des technologies de reconnaissance de contenus“. Die Upload-Filter werden in Frankreich „Technologien zur Inhaltserkennung“ genannt.

Uploadfilter heißen jetzt „proaktive Maßnahmen“

Wie der Copyright-Richtlinie liegen auch der Anti-Terror-Verordnung dieselben technikfernen Vorstellungen über die eingesetzte Technik zugrunde.

Derzeit ist die in nur sechs Monaten zusammengestrickte Verordnung noch im Parlament, Kommission und Rat drängen darauf, die Verordnung noch vor Ende der Legislaturperiode zu verabschieden. Binnen zwei Wochen soll aus den Abänderungsanträgen dreier Parlamentausschüssen eine Ende-Version erstellt werden, die dann im Plenum abgestimmt wird. Das kann nur іn der letzten Sitzungswoche der Legislaturperiode, nämlich ab 1. April, passieren. Danach muss im letzten Trilog zwischen Kommission, Parlament und Rat die Endversion erstellt werden.

Wie bei der Copyrightrichtlinie wird nun am Schluss nur noch über einzelne Formulierungen gestritten und das Parlament ist in der Filterfrage so gespalten wie zuvor. Upload-Filter heißen in der Verordnung „proaktive Maßnahmen" in der Copyrightrichtlinie sind sie folgendermaßen definiert: „die Nichtverfügbarkeit bestimmter Werke nach hohen Industriestandards professioneller Sorgsamkeit sicherzustellen“.

Public Proactive

CC0

Der Text der Verordnung ist nicht nur in Artikel sechs vom Wort „proaktiv“ durchzogen. Alle Dokumente zur Verordnung inklusive der aktuellen Änderungsanträge von drei Ausschüssen

Der Hohe Zensurrat Frankreichs

Genese des Netzsperrengesetzes „Loi HADOPI“ in den Jahren 2008 und 2009, 90 Artikel der ORF.Futurezone

Für die Umsetzung der Copyright-Richtlinie - der Gesetzesentwurf hat den französischen Senat bereits passiert - werden drei existierende Behörden zu einem mächtigen Zensurapparat zusammengespannt. Zum „Hohen Rat für literarisches und künstlerisches Eigentum“ (CSPLA) kommt der ebenso „Hohe Rat für die Distribution von Werken und den Schutz der Rechte im Internet“ (HADOPI). Dem „Nationalen Zentrum für Kino und Bewegtbilder“ (CNC) wurde von Kulturminister Riester die „Mission“ aufgetragen, „Technologien zur Inhaltserkennung zu entwickeln und zu promoten“.

Das HADOPI-Gesetz sah ursprünglich Sperren des Internetzugangs für Downloads von Copyright-geschütztem Material vor. Das Konvolut wurde als „Three strikes out“ bekannt, nach zwei Verwarnungen sollte der Internetzugang des Benutzers gesperrt werden. Da es in den ersten Jahren zu keiner einzigen Sperre gekommen war, wurden danach Geldstrafen verhängt. In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die mit jährlich neun Millionen Euro dotierte HADOPI-Behörde rund zehn Millionen Erstabmahnungen verschickt.

Abendessen beim EU Gipfel in Salzburg am 18.9.2018

APA/GEORG HOCHMUTH

Die Verordnung gegen die Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet wurde auf dem sogenannten Sicherheitsgipfel unter der österreichischen Ratspräsidentschaft am 18. September in Salzburg vorgestellt.

100 Strafen in 10 Jahren

Die zweite, dringliche Warnung per Einschreiben ging noch an 900.000 Benutzer, wie französische IT-Medien wie Next Inpact Ende 2018 berichtet hatten. Daraus resultierten bis jetzt allerdings gerade einmal um die 100 ausgesprochene Strafen - im Schnitt 300 Euro. Die Höchstsstrafe von 1.500 Euro wurde kein einziges Mal verhängt. Die Durchschnittsstrafe von 300 Euro entspricht etwa der Summe, die eine breitbandige, verschlüsselte Verbindung über ein „Virtual Private Network“ bei den unzähligen weltweiten Anbietern kostet.

Wird ein VPN eines Nicht-EU-Anbieters benutzt, werden den Usern auch neue IP-Adressen zugeteilt, die der VPN-Betreiber vergibt. Das ist der Hauptgrund für die Dysfunktionalität des HADOPI-Gesetzes, es hat die französischen Steuerzahler insgesamt um die 90 Millionen gekostet und etwa 30.000 Euro eingebracht. Das könnte sich nun ändern, wenn etwa von sozialen Netzwerken verlangt wird, dass sie alle Downloads bestimmter Inhalte einzelnen Usern zuordnen. Filter funktionieren ja in beide Richtungen, wenn man sie so konfiguriert.

Wie es mit der Filtrierung weitergeht

Sowohl die netzpolitische Abteilung der deutschen CDU wie auch der EU-Abgeordnete Karas hatten nach der Abstimmung im Parlament laut darüber nachgedacht, wie man die Richtlinie umsetzen könnte, ohne dass kleine Firmen und Start-Ups ebenfalls unter die Filterpflicht fallen könnten. Wie man die digitale Wirtschaft vor den Kollateralschäden schützt, hätte man sich besser vor der Abstimmung überlegt. EU-Vizepräsident Günther Oettinger, der die Copyright-Richtlinie noch als Digitalkommissar gestartet hatte, hat bereits unmissverständlich klargemacht, dass jede nationale Implementation, die keine Filtermaßnahmen vorsieht, als Verstoß gegen Unionsrecht beurteilt werden würde.

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Was die Spekulationen angeht, die deutsche Justizministermin Katharina Barley (SPD) - keine Filterbefürworterin - könnte die Richtlinie im Rat noch stoppen, zumal die Ablehnung von Filtersystemen auch im Koalitionsvertrag mit der CDU verankert sei, nur soviel: Barley vertritt die deutsche Sozialdemokratie. Und wenn die in einer Sache umgefallen sind, stehen sie in der Regel danach nicht mehr auf.

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