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Glasfaserkabel, verlegt in einem Feld in Bayern

APA/dpa/Sina Schuldt

Erich Moechel

Glasfaseroffensive 2020 in Österreich mit Hindernissen

Der Netzausbau in Niederösterreich hat gerade erst begonnen und schon kommt der Platzhirsch in die Quere, nämlich die A1 Telekom mit „glasfaserschnellem“ Kupfer-DSL. Die Reviergrenzen sind offenbar nicht festgelegt.

Von Erich Moechel

Im Jahr 2020 werden auch in Österreich erstmals Haushalte in großem Stil direkt an die Glasfaser angeschlossen, der Ausbau folgt dem „Nordischen Modell“, das sieben skandinavische Staaten unter die weltweiten Top Ten gebracht hatte. Österreich rangiert bis jetzt am unteren Ende der Glasfaserliga, hinter Mexiko und der Türkei. Ausgebaut wird nun in Niederösterreich und vier weiteren Bundesländern, allerdings nur in bisher stark unterversorgten Regionen.

Auch die nöGIG, eine Tochter der Breitband-Landesholding, folgt dem nordischen Mix aus Fördergeldern, Investoren, Kommunen und regionalen Firmen zum Aufbau eines Glasfasernetzes, auf dem verschiedene Provider dann ihre Services anbieten. 35.000 Haushalte wurden in Niederösterreich bereits so angebunden, doch plötzlich gibt es Probleme. Seit Ende November bietet die A1 Telekom in einem ausgewiesenen Ausbaugebiet der nöGIG „glasfaserschnelles“ Internet über Kupferleitungen mit Rabatten an.

Statistik

de.statista.com | OECD

Im Ranking der Organisation für ökonomische Zusammenarbeit (OECD) zu Glasfaseranschlüssen, hier in einer übersichtlichen Darstellung von statista.com, liegt Österreich derzeit weit abgeschlagen auf Platz 32. Die OECD schließt „Fiber to the Curb“ - in etwa: „Glasfaser bis zum DSL-Verteilerkasten“ - wie es die A1 Telekom als „glasfaserschnell“ anbietet, explizit von ihrer Glasfaserstatistik aus.

Glasfaser über Kupferkabel

Aktuell dazu in ORF.at

Die landeseigene Infrastrukturgesellschaft nöGIG und eine Investorengesellschaft des Allianz-Konzerns stellen 300 Millionen Euro dafür bereit, 100.000 Haushalte sollen davon profitieren.

Wie aus dem Gemeinderat der Gemeinde Lanzenkirchen zu hören ist, hatte man dort jahrelang auf einen bereits zugesagten Ausbau des örtlichen Netzes durch die A1 Telekom gewartet. Zuletzt bewarb man sich bei der Breitband-Holding des Landes um Aufnahme in das Ausbauförderungsprogramm für direkte Glasfaseranbindung. Dem wurde stattgegeben und Lanzenkirchen wurde zum Ausbaugebiet der nöGIG deklariert. „Umso unverständlicher ist es, dass die A1 jetzt in genau diesem Ausbaugebiet ihr Kupfernetz auf eine Weise vermarktet, die ich für sehr missverständlich halte“, sagte Jochen Danninger, Geschäftsführer der niederösterreichischen Breitband-Holding zu ORF.at.

Kupfernetze als „glasfaserschnell“ zu bezeichnen ist für Danninger eine „völlig unnachvollziehbare Aussage, die nicht zur technischen Aufklärung der Bevölkerung beiträgt – Fakt ist nämlich: Die Kapazität der Kupfernetze hat das Ende der Fahnenstange erreicht“, so Danninger. Wie das nordische ist auch das niederösterreichische Glasfasermodell das eines offenen Netzes, das Kommunen bzw. Bundesländer für alle Provider zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stellen. Von drei großen Publikumsprovidern ist nur Drei bereits dabei, die A1 Telekom ist zwar in zwei Pilotregionen der nöGIG vertreten, weitere Zusagen gibt es jedoch nicht. Auch Magenta (Deutsche Telekom) habe Interesse angemeldet, Zusagen gebe es noch nicht, sagte Danninger abschließend.

Screenshot A1-Website

A1

Das Angebot der A1 Telekom für Lanzenkirchen kam erst Ende November auf den Tisch. Wie man dem blumig formulierten Text entnehmen kann, handelt es sich um eines der letzten Upgrades für Kupfer-DSL, die technisch überhaupt noch möglich sind. Deswegen passiert der Ausbau auch „ohne Investition durch die Bevölkerung“.

Der Grund für die Nervosität der Glasfaserbetreiber sind die recht hohen Auflagen des Landes für einen Vollausbau. Dafür müssen nämlich 40 Prozent aller Haushalte in einer Gemeinde davon überzeugt werden, je 300 Euro für die Einleitung von Glasfaser ins Haus zu bezahlen. Für Lanzenkirchen läuft diese Frist noch bis zum 22. Dezember, dann erst entscheidet sich, ob die notwendige Ausbauquote dort überhaupt erreicht wird. Die nöGIG wie auch die Betreiber in anderen Bundesländern sind auf den Ausbau von Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern beschränkt.

Die A1 Telekom sagt dazu

Vor 20 Jahren, im November 1999 wurde das allererste „Breitband“-Angebot AON Complete der Telekom Austria regelrecht überrannt

„Es gibt kein spezielles Lanzenkirchen-Angebot. Die angebotenen Endkundenprodukte entsprechen dem Produktportfolio, das wir in ganz Österreich unseren Kunden anbieten“, heißt es auf Anfrage von fm4.ORF.at. In der Vorweihnachtszeit gebe es nun einmal Rabatte, die natürlich auch Kunden in Lanzenkirchen zugänglich seien. Sehr wohl hat aber die A1 Telekom Förderungen für den Netzausbau in Lanzenkirchen erhalten, wie aus der Antwort hervorgeht.

„A1 Telekom Austria hat sich im Zuge der Ausschreibung der Breitbandmilliarde (BBA_2020) im 2. Call Access mit Start 14.02.2017 in der Gemeinde Lanzenkirchen beworben und am 30.01.2018 (also vor fast 2 Jahren) einen gezeichneten Fördervertrag von der Behörde mit der Verpflichtung zum Ausbau der gemeldeten Versorgungsgebiete bis 28.2.2021 erhalten. Sobald A1 Telekom Austria dieser Verpflichtung nachgekommen ist, können Endkunden in Lanzenkirchen Produkte bis zu 300 Mbit/s beziehen.“

Karte mit Lanzenkirchen

openstreetmap.org

Die Gegend um Lanzenkirchen (Mitte unteres Drittel, südlich von Wiener Neustadt. Entlang der Bahnstrecken sind im Übrigen standardmäßig Glasfaserleitungen verlegt. Die bereits ausgebauten Pilotregionen der nöGIG, sowie das Breitbandmodell des Landes Niederösterreich

Eine weitere Förderung

Ein Jahr danach war es schon wieder aus mit AON Complete, die Telekom wurde vom Provider Inode auf Entbündelung ersten der DSL-Leitungen geklagt

Die Höhe der Förderung wird hier zwar nicht genannt, sollte aber eruierbar sein. Zu Förderungen allgemein und zum Ausbau in Niederösterreich heißt es weiter: „A1 Telekom Austria sind keine Details über das angesprochene Glasfaserausbaugebiet des Landes bekannt. Wir nehmen jedoch an, dass das Land nicht in den A1 zugesprochenen Förderflächen einen nachträglichen Förderzuschlag des Bundes erhalten hat oder Landes-/Gemeindemittel für einen parallelen, nachträglichen Breitbandausbau einsetzt.“ Wie die A1 freilich selbst schreibt, hat ihr eigener Ausbau im genannten Gebiet noch gar nicht begonnen.

Was die „bis zu 300 Mbit/sec“ angeht, die von der A1 über das gesamte Ausbaugebiet garantiert werden, so ist damit eigentlich nur garantiert, dass auf keinen Fall mehr darüber geht. Das ist ein rein theoretischer Wert, denn die Bandbreite auf den letzten paar Hundert Metern hängt völlig vom Erhaltungszustand der Kupferkabel („Twisted Pairs“) und vor allem der Verteiler ab. Die wurden zum Teil schon in den 1960er Jahren verlegt, auf die damals übliche Weise.

Wie es weitergeht

Den Begriff „glasfaserschnell“ komme daher, heißt es abschließend von der A1 Telekom, „dass wir den weit überwiegenden Teil der Versorgungsstrecke zum Kunden über Glas zurücklegen und nur in den letzten Metern alternative Technologien einsetzen.“

Über den Aufbau dieser für Österreich neuartigen Netze in fünf Bundesländern wird in Intervallen berichtet werden. Zunächst werden hier die vier weiteren Netzbetreiber vorgestellt.

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