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Portrait von Dominik Linder alias Baswod

Anna Maria Toadette

Baswod: Intimer Singer/Songwriter Pop über die Selbstfindung

Knöcherner, hölzerner Klang, Gitarren, Banjos, Klavier und zerbrechliches Schlagzeug. Darüber schwebt die Stimme von Baswod. Der österreichische Singer/Songwriter unternimmt mit seinem dritten Album „I Need You To Pencil In The Rest“ eine Suche nach sich selbst. Und findet dabei unglaublich schöne Lieder.

von Andreas Gstettner-Brugger

Strahlend blauer Himmel über der Elbe. Von seinem Zimmer aus sieht Dominik Linder vereinzelt Wolken vorbeiziehen und freut sich darüber, dass nach einer grauen Zeit in Hamburg endlich wieder die Sonne scheint. Der gebürtige Villacher Musiker ist nach Abschluss seines Studiums in die deutsche Hafenstadt gezogen, um zu arbeiten. Doch nach sechs Monaten hat er seinen Brotjob aufgegeben, um voll und ganz sein Musikprojekt Baswod voranzutreiben.

Eben ist sein drittes Album „I Need You To Pencil In The Rest“ erschienen, ein unglaublich vielschichtiges, wundervoll melancholisches, berührend zerbrechliches Werk. Eine Spurensuche, eine Vergangenheitsaufarbeitung mit dem Blick auf das eigene Selbst, wer man ist und wer man in Zukunft sein möchte.

Wenn Riffs und Geräsche zu Songs werden

Dominik hatte immer schon den Hang zu melancholischen Melodien. Seine beiden ersten Alben „The Ships Have Set“ und „Four“ waren durchzogen von reduzierten Singer/Songwriter Nummern, recht klassisch angelegt und trotzdem mit einem ganz speziellen Ton und dem besonderen Timbre seiner Stimme. Der hölzerne Klang und Dominiks Nachname Linder hat ihn zu seinem Projekt-Namen Baswod (gleichbedeutend mit „Baswood“ - „Lindenholz“) gebracht.

Albumcover "I Need You To Pencil In The Rest" von Baswod

Baswod

Das dritte Album „I Need You To Pencil In The Rest“ von Baswod ist auf Sarah Bart Records erschienen.

Während seiner Studienzeit in Wien hat der etwas schüchtern wirkende Musiker in seiner WG die Songs aufgenommen. So auch für das dritte Album „I Need You To Pencil In The Rest“. Doch diesmal hat ihn seine Freundschaft zum Elektronik-Pop-Musiker Paul Ruben und zur Band Kartenhauskörper dazu inspiriert, mehr Instrumente einzubauen. Das dritte Werk hat eindeutig einen „Band-Sound“. Dominik hat viele Saiteninstrumente geschickt übereinandergeschichtet, lässt Klaviermelodien einfließen und verschafft durch die Aufnahmen von knarrendem Boden oder anderen Geräuschen den Songs eine unglaubliche, räumliche Tiefe.

Innerhalb von zwei Wochen, in denen er in der WG sturmfreie Bude hatte, hat Dominik das Grundgerüst der Songs aufgenommen. Bis das Album fertig war, sollte es ganze zwei Jahre dauern. Denn diesmal hat sich Baswod von Skizzen, einzelnen Riffs und kleinen Aufnahmen mit dem Smartphone leiten lassen. Sie erzeugten ein bestimmtes Gefühl, dem er nachgehen wollte, um den Song aus sich heraus entstehen zu lassen. Es war eine Reise durch Klänge und Geräusche, durch altbekannte Harmoniebögen zu neuen Tonfolgen. Eine Mischung aus Experimentieren und dem Einfließen lassen seiner musikalischen Vorlieben.

So ist der Albumtitel „I Need You To Pencil In The Rest“ nach einem Satz der Frightened Rabbit Nummer „My Backwards Walk“ benannt. Abgesehen davon, dass dieser Song perfekt in das Klangbild von Baswod passt, verdeutlicht der Titel, dass wir alle immer wieder Hilfe von anderen Menschen in unserem Leben brauchen, auch wenn es schwer ist, diese anzunehmen. Und weil wir gerade bei Referenzen sind: Der Song „All I Did Was Wandering“ mit seinem glitzernden Gitarren-Picking erinnert an die Glanzzeiten von Elliott Smith. Und das leicht verstimmte Klavier, das Dominik mit einem Freund in seine WG in Wien getragen hat, erinnert an das Opening-Thema der HBO Serie Westworld.

Was uns zu dem macht, wer wir sind

Thematisch eröffnet der österreichische Musiker mit „The Kids Always Knew We’d Stay Together“ seine neue Platte mit der Aufarbeitung von Kindheitserinnerungen. Genauer: Mit dem Gefühl, wenn die Eltern streiten, der Unsicherheit, ob Mama und Papa sich trennen und dem tief sitzenden Glauben, dass beide Elternteile zusammenbleiben.

Das neue Baswod Album ist eine Suche nach dem eigenen Selbst. Was hat uns geprägt? Warum lieben wir manche Dinge und lehnen andere ab? Was macht uns im Kern aus? Ein Teil, der uns Ausmacht, sind unsere Freundschaften. So sinniert Dominik in dem schönen Stück „6/26ths Almost A Quater“ über rollendem Schlagzeug, zurückhaltendem Single-Tone-Gitarren und schwebenden Klavierakkorden über seine lange Beziehung zu dem damaligen besten Freund, bis sich durch einen Umzug die Beziehung im Sand verlaufen hat.

Eines der absoluten Highlights ist „Skin / Elegy Of Symmetry / Skin“. Ein loopartiges, dahinfließendes Stück, das eine Prise von skandinavischem Pop und nördlicher Melancholie mit der Wärme von Baswods Stimme vereint. Entgegen den oft schwereren Themen ist es der Glückssong der Platte.

Dominik: „Ich habe manchmal Tage oder Momente - das sind vielleicht auch nur ein paar Minuten - wo ich das Gefühl habe: Ich will dass dieser Moment nicht aufhört. Es ist gerade herrlich, alles passt und ist perfekt. Man ist zufrieden und glücklich. Es geht um dieses Gefühl, in die Zukunft zu schauen, ohne sich umzudrehen und mit irgendwelchen Ängsten im Kopf zu spielen, sondern positiv nach vorne zu schauen. Und dieses Gefühl wollte ich einfrieren, konservieren und aufheben, für schlechte Tage. “

Den Sprung wagen

„I Need You To Pencil In The Rest“ ist ein sehr introspektives Album. Eine musikalische und thematische Innenschau eines begnadeten, österreichischen Musikers, der ohne große Geste große Gefühle auszudrücken und damit auch in uns zu wecken vermag. Trotz der ganzen liebevollen Details bleibt immer genug Raum in den Songs und in den Texten für uns, zu träumen und uns unsere eigene Geschichte dazu auszumahlen.

Die langen Songtitel wie „Soon Something Will End And Noone Will Notice“ oder „April, Scissors, Cold Arms And A Half Loose Chest Of Drawers“ lassen manchmal konkrete Bilder, manchmal abstrakte Gefühle entstehen. So funktioniert das Album auf vielen Ebenen.

Zu Baswods Musik kann man sich gefahrlos fallen lassen, egal in welcher Lebenssituation man sich gerade befindet. Man wird von sanften Instrumenten und der weichen Stimme von Dominik aufgefangen, die einem versichert, dass man nicht alles verstehen muss. Das will er uns mit dem Song „Water And Other Things I’d Like To Understand But Never Will“ mitgeben.

Dominik: „In der letzten Zeile heißt es ‚Do I really need to understand the water bevor I can get in‘? Das ist auch so ein bisschen eine Referenz an die Liebe. Muss ich Liebe wirklich verstehen um mich da reinzubegeben?“

Auch wenn die Frage offen bleibt, legt Baswod uns nahe, dass wir den Sprung einfach wagen können.

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