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Shabazz Palaces

Patrick O’Brien-Smith

Zurück auf der Erde: Shabazz Palaces und „The Don of Diamond Dreams“

Der ewige Rap-Freidenker Shabazz Palaces konzentriert sich auf dem neuen Album „The Don Of Diamond Dreams“ verstärkt auf die irdischen Funk-Wurzeln als Basis seiner Zukunftsmusik.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Ishmael Butler hat mein Leben verändert. Es war seine hohe Stimme, die aus dem Autoradio des roten Opel Kadett zu mir sprach (The Rebirth Of Slick lief damals auf Ö3!). Umringt von der tänzelnden Kontrabass-Linie und den treibenden Bläsern von Art Blakeys Jazz Messengers versprach der Musiker, den sie damals Butterfly nannten, nichts weniger als das Öffnen musikalischer Türen: We be to rap what key be to lock.

Für eine wirklich kompromisslose Umsetzung dieser Vision musste sich Ishmael Butler dann noch fast zwei Jahrzehnte gedulden. Es war der hochgeschätzte Kollege Philipp L’Heritier, der mir irgendwann um 2011 verschwörerisch die zwei magischen Worte Shabazz und Palaces im Aufzug zuwarf. Und das Debütalbum der Band, die Butler gemeinsam mit seinem Kollegen Tendai Maraire gegründet hatte, war ein noch intensiveres Erweckungserlebnis als die oben erwähnte erste Begegnung: Schleppende Beats, gewarpte Stimmen und Mbiras, analoge Synthesizer und über all dem die Bewusstseinsströme von Palaceer Lazaro, wie sich Ishmael Butler von jetzt an nannte. Ein wahrhaftig offengeistiger und neuartiger elektronischer Rap-Sound, der trotzdem vor Soul nur so triefte.

Ein brilliantes Konzert im viel zu kleinen Dreiraum der Arena Wien führte mir 2017 die Dynamik der Band noch besser vor Augen, weil Ishmael Butler live neben dem Rap auch noch die Beats bedient hat. Es war die Ära des Doppelalbums „Quazarz“, auf dem Shabazz Palaces ausführlich die menschlichen Sehnsuchtsorte im Weltraum umkreiste. Obwohl er die gerne bemühte Schublade des Afro-Futurismus für zu unspezifisch hält, teilt Ishmael Butler diese Faszination mit Vordenkern wie Sun Ra oder George Clinton. Wie diese sieht er die unendlichen Weiten aber nicht unbedingt als Ziel für die Flucht von der Erde, sondern eigentlich eher als Ursprungsort allen Lebens.

Auf seinem kürzlich erschienenen neuen Werk „The Don Of Diamond Dreams“ gibt sich Shabazz Palaces jetzt vergleichsweise geerdet. Ishmael Butler betreibt die Band mittlerweile solo, wird allerdings von vielen Freund*innen seiner multidisziplinären Black Constellation umschwirrt. Das äußert sich in mehr eingespielten Instrumenten und den wieder verstärkt zu Tage tretenden Funk-Wurzeln. Auch eindeutig zu hören: Ishmael Butler beschäftigt sich auch in seinem vierten Jahrzehnt in der Musikindustrie noch immer eingängig und analytisch mit der Flut an neuen HipHop-Veröffentlichtungen.

Das neue Shabazz Palaces Album 'The Don Of Diamond Dreams'

Nep Sidhu

Im Gegensatz zu vielen HipHop-Musikern seiner Generation besitzt Shabazz Palaces aber ein intuitives Verständnis für die heutige Rap-Ästhetik und interpretiert diese auf seine Weise neu. Wenn da also ein Song „Bad Bitch Walking“ heißt, dann steht nicht der male gaze im Zentrum, sondern Kollegin Stas THEE Boss von der befreundeten Gruppe THEESatisfaction. Einen wichtigen Lehrer hat Ishmael Butler Palaces dabei in der eigenen Familie: Sein 24-jähriger Sohn Jazz hat sich als Lil Tracy selbst schon einen Namen im (Emo) Rap-Geschäft gemacht - teilweise an der Seite des leider früh verstorbenen Lil Peep. In einem unlängst veröffentlichten Gespräch zwischen den beiden kommt neben dem großen Respekt für die jeweils ganz eigene künstlerische Stimme auch gut heraus, dass die beiden wirklich offen dafür sind, von einander zu lernen. Und wenn sich ihre durchaus unterschiedlichen Sound-Visionen dann so gut ergänzen wie im Song Fast Learner, dann hat mich Ishmael Butler schon wieder beeindruckt - diesmal in seiner Rolle als Vater.

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