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Rainer Krispel

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Rainer Krispel ist ein „Musikarbeiter unterwegs“

Seit 2005 schreibt Rainer Krispel in der Straßenzeitung „Augustin“ über österreichische Musik. Immer politisch, immer liebevoll, mitunter unbequem.

Von Martin Pieper

Rainer Krispel ist wohl für immer Punk im Herzen. Immerhin wurde er in der Linzer Punk- und Hardcoreszene der 80er Jahre sozialisiert, sicher die beste Schule in Sachen Härte, Politik und Musik, die Österreich zu der Zeit zu bieten hatte. Der Krispel als Tausendsassa, Musiker (7 Sioux!), Booker (Chelsea!) und vor allem Schreiber ist trotz seiner zahlreichen Tätigkeiten im Feld „Musik abseits des Mainstreams“ nie zum Supertopcheckerbunny geworden, hat aber auch nie den Weg zum verbitterten Berufszyniker eingeschlagen. Und das kann man jetzt auch in Buchform lesen.

Dauerkolumne im Augustin

Seit 2005 schreibt Rainer Krispel in der Wiener Straßenzeitung Augustin eine Artikelserie namens „Musikarbeiter unterwegs“: weit über 300 Einblicke und Ausschnitte in das, was früher einmal „Underground“ geheißen hat. Die besten Texte daraus hat er jetzt zum Reader gebündelt, incl. Vorwort und Huldigung seines Freundes (und Bandkollegen) Ernst Molden.

Buchcover von  Krispel, Rainer und  Lang, Mario  "Musikarbeiter unterwegs"

Zeuys Books

Rainer Krispel und Mario Lang: „Musikarbeiter unterwegs. Ausgewählte Texte und Fotos. 2005 - 2020“ ist bei Zeuys Books erschienen.

Entstanden ist über die Jahre eine ungewöhnliche Chronologie österreichischen Musiker*innenlebens, nicht die hundertfach deklinierten „großen“ Namen – obwohl auch Wanda einen frühen Auftritt haben - sondern eine sehr persönliche Sicht auf die Dinge, in der Ronnie Urini genauso seinen Platz bekommt, wie Schapka oder Blind Petition. Zwischen Popgeschichte (eine Ehrenrettung für Wilfried) und Garage (Happy Kids), Hintergrund (das Team der alten Szene Wien) und neuem heißen Scheiß, schreibt dieses Buch eine neue Geschichte des Randständigen, ohne das große Ganze dabei aus den Augen zu verlieren.

Es geht ums Ganze

Die Texte in „Musikarbeiter unterwegs“ kreisen immer um eine persönliche Begegnung des Autors mit den Menschen, um die es ihm geht. Das Setting ist wichtig, der Rahmen, in dem das alles stattfindet, wird offengelegt. Und immer handeln die Texte auch von Politik. Rainer Krispel schaut dahin, wo die alltägliche Release getriebene Popberichterstattung lieber wegblendet. Die ökomischen Bedingungen, unter denen die zu besprechende Musik entsteht, ist einer der Fäden, der sich durch fast alle Texte zieht. Viele Bands und Acts, von denen da die Rede ist, gibt es in dieser Form schon längst nicht mehr. Die Situation an der Peripherie der Kunstproduktion war immer schon prekär. Ein Durchhalten ist nicht für alle so leicht zu schaffen. Biografische Verwerfungen, Geld, Familie, das ganze Leben und der Tod findet ebenso Eingang in die Texte wie in die Songs und Stories, von denen dieses Buch erzählt.

Leben für Musik und Politik

Gelegentlich erlaubt sich Rainer Krispel auch Kommentare zur aktuellen Tagespolitik, die er an den Beginn eines Porträts stellt. Es ist ihm ein Bedürfnis, gegen Rechtsruck und die allgemeine Verlotterung der österreichischen Politik anzuschreiben. Nicht alles davon kann man im Detail noch nachvollziehen. Zu viel ist in den letzten 15 Jahren passiert, um sich noch an die Namen verblichener Minister*innen zu erinnern, die für irgendeine der zahlreichen Verschärfungen des Asylrechts verantwortlich waren. Damit macht „Musikarbeiter unterwegs“ aber auch sichtbar, an was man sich über die letzten 15 Jahre alles gewöhnt hat oder gewöhnen musste.

Dass nur ein wirklich Liebender das Durchhaltevermögen hat, über so viele Jahre ein alternatives Kompendium über das Musikmachen in diesem Land zu erstellen ist offensichtlich. Schon der musikbiografische Eingangstext von Krispel, der noch einmal aufs Schönste zusammenfasst, worauf es ihm ankommt, bereitet feuchte Augen. „Das alles und noch viel mehr muss da rein, in die schönste Musik, und kommt da raus. Also Musik suchen. Hören. Machen. Schreiben. Los!“

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