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Portrait Foto von Sänger Casper Clausen in Kaleidoskop-Form

Hanna Sturm

Efterklangs Casper Clausen und sein intuitiver Electro-Krautrock-Fluss

Den Gedankenfluss stoppen und auf seine intuition hören. Das hat Casper Clausen, Sänger von Efterklang, versucht. Das Ergebnis ist ein spannendes, experimentelles und hypnotisches Solo-Debüt, ein „Better Way“ Musik zu machen.

Von Andreas Gstettner-Brugger

Casper Clausen sitzt in seinem Studio in Lissabon und blickt auf den Fluss Tejo, der hier in den Atlantik mündet. Sein stetes Fließen mischt sich mit den krautrockigen Beats und das Pluckern der Synthesizer. Gleich der Eröffnungssong „Used To Think“ vom Solo-Debüt „Better Way“ macht hörbar, worum es dem dänischen Musiker und Sänger geht. Schalte den Kopf aus und folge deiner Intuition! Nimm wahr, was um dich herum passiert! Nimm die Klänge und Geräusche wahr und lass dich davon inspirieren!

Und so hat Casper seinen Synthesizer angeworfen, das Mikrophon zurecht gerückt, einen Rhythmus laufen lassen und einfach begonnen, sich von den Sounds und den Beats leiten zu lassen. Nach rund acht Minuten ist Casper aus diesem hypnotischen Strom des Musizierens wieder aufgetaucht und die erste Fassung von „Used To Think“ war fertig.

Weggehen, um bei sich anzukommen

Wir kennen Casper Clausen als Sänger der dänischen Kultband Efterklang. Erst letztes Jahr haben sie mit „Altid Sammen“ ihr sechstes Studioalbum veröffentlicht, dieses mal in dänischer Sprache. Vor einem Jahr waren Efterklang im Februar im Wiener Gasometer und haben ein unglaublich schönes, intimes Sitzkonzert gegeben. Eines der letzten für 2020, was damals noch niemand wissen konnte.

Vergangenes Wochenende ist nun das Solo-Debüt des charismatischen und einfühlsamen Sängers erschienen. Entstanden sind die acht Songs in Lissabon, einem Ort, der für ihn in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist.

Casper Clausen: „2016 bin ich weit weg von meinen Bandkollegen nach Portugal gezogen. Zu dieser Zeit hat mich nichts in Berlin gehalten, wo ich mehrere Jahre gelebt habe. Keine Beziehung oder ähnliches. Ich war bereit, in eine kleinere Stadt zu ziehen. In einer kleineren Szene mich zu bewegen. Alles war zurückgelehnter und langsamer. Das Herz hatte mehr Platz, als der Kopf.“

Und so hat der dänische Musiker auch seine Songs geschrieben, aus dem Herz heraus. Die Intuition und den Gefühlen wieder Raum zu schaffen war aber auch eine schwierige Arbeit. Eben genau dort hinzukommen, den Kopf auszuschalten und einfach Musik zu machen.

Album Cover "Better Way" von Casper Clausen

Fatima Moreno

Die portugiesische Künstlerin Fatima Moreno hat ein wunderschönes Cover für das Solo-Debüt von Casper Clausen, „Better Way“, gemalt. Erschienen ist das Album auf dem Berliner Label City Slang.

Casper Clausen: „Das Schwierigste für mich war sicher, mich mit mir und meinen hundert Stimmen in meinem Kopf auseinanderzusetzen. Unzählige Urteile, die auf meinen Schultern gesessen sind, die aus verschiedenen Ecken meines Verstandes gekommen sind. Die sich beschwert haben, über die verschiedensten Dinge. Zum Beispiel ob die Songs wohl gut genug sind. Zuerst haben mir die Songs und der Sound gefallen. Am nächsten Tag haben diese Stimmen gemeint, dass alles furchtbar klingt. So befreiend es sein kann, alleine Musik zu machen, so schwierig ist es auch, im Frieden mit sich und seiner Arbeit zu sein. Das war die größte Herausforderung für mich. Mich nicht zu verurteilen, sondern Spaß am Musikmachen zu haben.“

Casper hat es geschafft, den selbst auferlegten Druck abzubauen und musikalisch wieder ein Stück weit mehr zu sich zu finden. Dabei wird seine Vorliebe für Kraftwerk und Krautrock ebenso hörbar, wie sein Hang für sehnsuchtsvolle Gesangslinien und Melodien, die auch den Songs von Efterklang ihre Stimmung gegeben haben. Außerdem ist das Album von keinem Geringeren als Peter Kember alias Sonic Boom gemischt und produziert worden, Gründer, Sänger, Gitarrist und Keyboarder der englischen Rockband Spacemen 3. So erinnert „Used To Think“ nicht umsonst, an „Big City“ von Spacemen 3, denn Casper hat die eine oder andere Referenz in seinem Song versteckt.

Von großen Gefühlen und dem Loslassen

Thematisch dreht sich „Better Way“ um die großen Gefühle und den Umgang damit. Das etwas düster wirkende „Dark Heart“ handelt davon, dass wir in Beziehungen oft versuchen, den anderen zu heilen und eigentlich damit beschäftigt sind, uns selbst zu heilen. Umgesetzt wird dieses auch schon von Coldplays „Fix You“ beackerte Thema mit einem vertrackten Beat, gesampelten Soundflächen, zerschnipselten und neu zusammengesetzten Samples, bis ein tiefer, schöner und satter Bass einsetzt, um dem Song die harmonische Struktur zu verleihen.

Ein Highlight der Platte ist sicher „Feel It Coming“. Ein sehr berührendes Stück, das vom Ende einer Beziehung erzählt. Von der Phase, dass man analysiert und die gemeinsame Dynamik betrachtet. Was man im anderen gesucht hat und dieser in einem. Was man erfüllen konnte und was nicht. Dann taucht meist eine große Welle der Traurigkeit auf, gemischt mit einer leisen Ahnung, dass auch etwas Neues kommen wird. So ist „Feel It Coming“ für Casper Clausen eine Erinnerung daran, nicht vor diesen Gefühlwellen abzutauchen, sondern sie willkommen zu heißen. Sich zu beobachten und nicht gleich mit dem Kopf daran zu denken, was wohl nach all diesen Gefühlen passieren wird, und wo einen diese Wellen hintragen werden.

Mit „Better Way“ verarbeitet Casper Clausen auf sehr natürliche Art und Weise die Erfahrungen der letzten Jahre. Das Stück „8 Bit Human“ macht recht gut das stressige Leben in einer Großstadt hörbar.

Casper Clausen: „Viele kennen das Leben in der Großstadt. Man rennt mit einem Kaffee im Pappbecher herum, man trifft Freunde oder auch Ex-Freund*innen. Man ist auf der Suche nach der eigenen Identität. Alles ist sehr schnell und man hetzt von einem Ort zum anderen. Es ist diese urbane Speediness, diese konstante Flut an Gedanken. Das soll dieser Song zum Ausdruck bringen.“

Der langsame, stete Fluss der Intuition

Während Casper Clausen selbst in Berlin mit Coffee-To-Go herumgerannt ist und sich Gedanken darüber gemacht hat, wer er ist und was er sucht, ist er in Lissabon zur Ruhe gekommen. Das hat dazu beigetragen, dass dieses Solo-Debüt ein sehr zurückgelehntes, abwechslungsreiches und spannendes Album geworden ist. Es entwickelt einen hypnotischen Song, der uns wie der Fluss Tejo gegenüber seines Studios in eine ganz eigene, stetig dahinfließende Klangwelt mitnimmt. Überhaupt hatte dieser Fluss einen wesentlichen Anteil daran, dass Casper Clausen seiner Intuition folgen konnte.

Casper Clausen: „Etwas, das ich von der amerikanischen Künstlerin und Musikerin Laurie Anderson gelernt habe, habe ich in einem Interview mit ihr gehört. Sie hat davon erzählt, dass sie ein Studio in New York nahe des Hudson River gehabt hat. Immer wenn sie einen Song oder eine Idee für einen Song gespielt hat, blickte sie auf das Fließen des Wassers und sie wusste intuitiv sofort, ob der Song funktioniert oder nicht. Ob die Geschwindigkeit oder der Beat passte. Auch für mich war das sehr sinnvoll. Auch ich habe auf den Fluss geschaut, als ich mir die Ideen zu den Songs angehört habe und mich hat dabei der konstante Fluss des Wassers beruhigt und mir Sicherheit geboten.“

So ist es Casper Clausen mit seinem Solo-Debüt gelungen, die Freiheit am Musikmachen wiederzufinden, Stress und Druck loszulassen und die Intuition und Freude in den Mittelpunkt zu stellen. So hält auch der Titel des Werks was er verspricht: Make and listening to music in a „Better Way“.

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