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Mala Herba "Demonologia" Artwork

Tina Bauer

musik

Mala Herba beschwört uralte europäische Dämonen in der Goth Disco

Eine Reise in die Welt uralter osteuropäischer Rituale, Geister und Zaubersprüche mit Zosia Hołubowska alias Mala Herba - nonbinäre, polnischstämmige Sound Artist und dem Debütalbum „Demonologia“. Ein Album für alle Fans von dunklen Soundentwürfen zwischen EDM, Dark Wave und Industrial, mit intensiven Vocals auf Polnisch.

Von Katharina Seidler

„Zauberei und Hexerei stellen für mich eine andere Art von Handlungsmacht dar. Es sind Kräfte, die die Realität anders beeinflussen, als wir das gewohnt sind.“ Mala Herba, dieser Name bedeutet „böses Kraut“; und der Albumtitel des heute erscheinenden Debüts „Demonologia“ verweist auf uralte Lehren von Geistern und überweltlichen Kräften. Es ist schnell klar, dass sich auf dieser Platte zwischen sorgsam gesetzten Beats in Dunkelschwarz allerlei Zaubersprüche und Beschwörungsformeln tummeln. Das Wissen um die alten Bräuche ist für Mala Herba ein Gegenentwurf zum vermeintlich allgemeingültigen, westlichen Wissenskanon unserer Zeit: „Es steckt sehr viel Kraft und in weiterer Folge revolutionäres Potential in dem Wissen um Kräuter und Zaubersprüche - es ist etwas, das sich unserer westlichen Weltsicht entzieht, die Wissen und Macht nach ihren Maßstäben definiert.“

Bei den Recherchen in der europäischen Kulturgeschichte ist Mala Herba auf Riten und Rituale gestoßen, geradezu dionysische Gelage, die vornehmlich von Frauen begangen wurden. Zosia Holubowska setzt somit mit dem Album „Demonologia“ ein starkes, queeres Statement für die Gegenwart, indem an Traditionen erinnert wird, die nicht von patriarchalen Strukturen dominiert waren. Besonders der Song „Comber“ handelt von einer ebensolchen Tradition, einer Nacht entfesselter weiblicher Energie, die vor allem in den gesellschaftlichen Gegebenheiten vor hunderten Jahren etwas Außergewöhnliches gewesen sein muss.

Mala Herba "Demonologia" Artwork

Aufnahme + Wiedergabe / Mala Herba

„Demonologia“ von Mala Herba erscheint am 15.1.2021 bei Aufnahme + Wiedergabe

Wer sich „Demonologia“ von Mala Herba anhört, wünscht sich nichts sehnlicher als eine durchtanzte Nacht in der Goth Disco. Die acht neuen Tracks, allesamt mit polnischen Lyrics und herrlich poetischen Titeln wie „Szczodre Gody“ oder „Wszystko marnosc“, setzen auf kluge EDM, Industrial und verhexte Italo Disco – man versteht, worum es geht, auch wenn man nicht direkt versteht.

„Ich singe in alten, archaischen Techniken. Diese Art zu singen und die Stimme zu verwenden ist sehr emotional und intim, sie verbindet Körper und Emotionen miteinander. Wenn man sein ganzen Herz so sehr in den Gesang legt, dann glaube ich, ist es möglich, andere Körper zum Schwingen zu bringen und so ein Verständnis zu schaffen, selbst wenn man die polnischen Texte nicht versteht“, sagt Mala Herba im FM4-Interview. Parallelen zum rituellen Singen und Tanzen aus vergangenen Zeiten findet man heute in der Clubkultur, wo eine Nacht auf dem Dancefloor durchaus auch eine spirituelle Erfahrung sein kann.

Nach einigen internationalen Zwischenstationen von Dänemark über die Ukraine bis nach Australien lebt Mala Herba heute in Wien, als forschende Person auf der Uni, als queer Activist und als Solo Artist. Außerdem hat Zosia Hołubowska hier das Kollektiv Sounds Queer? mitbegründet - eine wunderbare Plattform zur Förderung junger Musiker*innen, vornehmlich als weiblich definiert, queer oder nicht-binär. Es gibt gemeinsame Jamsessions und Workshops zur elektronischen Musikproduktion, zum Umgang mit Hardware und Software, Synthesizern und Sequencern, zu Aufnahmetechniken oder Musiktheorie. Ebenso wie das Wissen um feministische Traditionen wird bei Sounds Queer? Wissen geteilt, um das Kollektiv zu stärken.

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