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Mit Akzent

Unergründlich sind die Wege des Teambuildings!

HR-Abteilungen auf der ganzen Welt denken sich Methoden aus, um Kollektive zusammenzuschweißen, die einerseits aus starken Individuen bestehen, die aber ihre Egos für das Wohl der Firma aufopfern wollen.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Die Pandemie brachte die HR-Abteilungen dieser Welt zum Verzweifeln. Und gemeinsam mit ihnen auch unzählige einsame Berghotels, lebensfrohe Bars und Paintballveranstalter. Denn es gibt nichts, was ein Team besser zusammenschweißt, als wenn man sich stundenlang mit Farbe beschießt. So werden unnötige Aggressionen abgebaut, die sonst am Arbeitsplatz zu eskalieren drohen.

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Ich habe an solche Aggressionen gedacht, nachdem man mir die folgende Geschichte über das Teambuilding eines großen internationalen Unternehmens, das eine bekannte App fürs Online-Bezahlen entwickelt, erzählt hat: Die Mitarbeiter dieses Unternehmens leben in allen Ecken Europas, arbeiten von Zuhause aus und kommunizieren online miteinander. Zweimal im Jahr trifft sich das Team in zum Beispiel Amsterdam, Berlin oder Neapel, es werden Seminare, Schulungen, Partys und sämtliche Späße organisiert, um das Team zusammenzubringen. Man stellt sich zuerst vor – Stefan sagt: „Ich bin Stefan, ich lebe in Sofia, bin 32 Jahre alt und fahre gerne Snowboard“. Veronika meint, dass sie aus Portugal sei und gerne klettert und so weiter.

Es war vereinbart, dass jeder ehrlich ist und sich keine Geschichten ausdenkt. Der neue Designer der App, Viktor, war an der Reihe sich vorzustellen. Er sagte: „Ich bin Viktor, bin 27, lebe in Lyon und mein Hobby ist mir Leute beim Kämpfen anzuschauen“. Alle lachten. Sie dachten das sei ein Scherz. Sie fragten nach, ob er kämpfende Menschen im Fernsehen schaut. Da meinte Viktor, er schaue manchmal schon kämpfende Leute im Fernsehen, noch lieber tue er das aber am Parkplatz, im Geschäft oder in Bars. Er habe sogar mal mit großem Vergnügen zwei Menschen beobachtet, die sich in einer Apotheke geschlagen haben. Um das Thema zu wechseln, sagte irgendwer, dass Viktor anscheinend Gladiatorenkämpfe vermisst.

Der HR, der auch ein bisschen ein Psychoanalytiker war, meinte, dass man Viktors Qualitäten ausnutzen solle, denn es scheint, dass er Konfliktsituationen immer wieder aufdecken kann. Im Laufe des Abends redeten aber alle immer weniger mit Viktor. Sie hatten Angst, dass er eine Schlägerei in der Firma anstiften wird. Jeder war sehr darauf bedacht, nicht zu viel zu trinken und dabei von Viktor beobachtet zu werden. Das Team war tief verstört.

Deshalb liebe Leserinnen und Leser, passt lieber mit der Ehrlichkeit auf. Denn die Wege des Teambuildings sind manchmal unergründlich.

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