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Amnesia The Bunker

Frictional Games

Klaustrophobes Kammerspiel

„Amnesia: The Bunker“ führt die einflussreiche Indie-Horrorserie an einen finsteren Höhepunkt.

Von Rainer Sigl

Über mir tobt auf einem Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs der Tod, doch hier unter der Erde, in den pechschwarzen Räumen und Gängen des Bunkers, wartet erst recht das Grauen. Als französischer Soldat ohne Gedächtnis finde ich mich zwischen den Leichen meiner Landsmänner, eingesperrt in einem finsteren Labyrinth. Ein grässliches Monster hat sich in den Wänden eingenistet, das auf jedes Geräusch reagiert und unerbittlich Jagd auf mich macht.

Für Licht im Dunkel sorgen nur eine ratternde Kurbeltaschenlampe und ein Stromgenerator, der beständig mit Diesel gefüttert werden will. Das Horrorgame „Amnesia: The Bunker“ ist ein Kammerspiel in klaustrophober Kulisse, meisterhaft inszeniert von den schwedischen Horrorspezialisten Frictional.

„Amnesia“ ist Kult

Die einflussreichen Spiele der „Amnesia“-Reihe haben seit 2010 Angst und Schrecken in Videospiele zurückgebracht. Die Wehrlosigkeit ihrer SpieleheldInnen stand damals - und auch heute - im Kontrast zu den meisten anderen Horror-Games, in denen die Angst oft einfach weggeballert werden kann. Das war hier niemals möglich, stattdessen musste man sich an finsteren Monstern vorbeischleichen, panisch wegrennen oder sich verstecken, um zu überleben.

Die neue Lust am Sich-Fürchten hat bis ins AAA-Hochglanzsegment ausgestrahlt, mit „Alien Isolation“ gab es 2014 einen allgemein gewürdigten Games-Horror-Höhepunkt, der „Amnesia“ gewissermaßen alles verdankt. „Amnesia: Rebirth“ hat 2020 den intimen Schrecken der ersten Teile sozusagen auf kosmischen Horror verbreitert.

„Amnesia: The Bunker“, entwickelt und vertrieben von Frictional Games, erschienen für Windows, Xbox und PlayStation.

„The Bunker“ erfindet die Grundmechanik der ohnehin schon abwechslungsreich gestalteten Horrorspielreihe noch einmal neu, und das nicht wegen der kümmerlichen Waffen, die wir diesmal doch zur mangelhaften Verteidigung in die Finger bekommen. Während die Vorgänger uns linear durch die immer riesiger werdenden Schauplätze ihrer Geschichten geführt haben, sperrt uns dieser Teil an einem einzigen, engen Ort des Schreckens ein, den wir uns Raum für Raum zu eigen machen müssen.

Amnesia The Bunker

Frictional Games

Eng, finster, grässlich, genial

Stets sind wir auf der Suche nach Rohstoffen und Diesel für den Stromgenerator, und unsere vorsichtigen Expeditionen in die letzten Winkel der unheimlichen Todesfalle führen immer wieder zurück zu unserer sicheren Basis. Das fühlt sich manchmal ein bisschen wie eine Mischung aus Survival-Horror, Immersive Sim und Mini-Metroidvania an, in dem sich Orte später öffnen, die zuvor unzugänglich waren. Nur dass hier zusätzlich ein aufmerksamer, tödlicher Feind hinter uns her ist, der keinem Skript folgt, sondern auf unsere Handlungen reagiert. Bis wir den eigentlich gar nicht so großen Bunker erforscht haben, vergehen so knapp sechs Stunden mit Gruselgarantie.

„Amnesia: The Bunker“ ist eine intensive Erfahrung, vor allem wegen seiner außergewöhnlichen Atmosphäre und dem Gefühl, hier auf engem Raum zum Katz-und-Maus-Spiel mit einem übermächtigen Gegner gezwungen zu sein. Die Handlung wird in Tagebucheinträgen, Fotofundstücken und durch Environmental Storytelling erzählt, das Experimentieren mit der Physik-Engine zahlt sich aus. Tolles Sounddesign und das gelungene Spiel mit der Angst vor dem Feind im Dunkel machen „The Bunker“ beklemmend, intensiv und wirklich furchterregend - und zum Pflichttitel für Horrorfans.

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