Das U-Bahn Inferno
Eine Kolumne von Todor Ovtcharov
So was habe ich neulich beobachtet. Eine junge Frau im Hippielook hielt einen Kinderwagen. Das Kind darin lächelte die anderen Fahrgäste an und sie erwiderten ihm auch mit Lächeln. Bis eine elegante Frau in einem cremefarbenen Sakko, die einen cremefarbigen Mops an der Leine hielt, eingestiegen ist. Der Mops legte sich ruhig in der U-Bahn nieder, bis er das Kind im Kinderwagen gesehen hatte. Er näherte sich dem Kind mit seinen krummen Beinen und versuchte, seine Händchen freundlich abzulecken. Das Kind zog sich zurück und der Hund begnügte sich nur mit dem Kinderwagen. Das machte die Mutter wütend. Sie bat die Hundebesitzerin, ihren Hund streng zu halten und ihm nicht zu erlauben „Krankheiten zu verbreiten“. Das hat die Hundebesitzerin offensichtlich verletzt und sie meinte, dass wenn wer wen mit einer Krankheit anstecken könnte, dann wäre es nicht der Hund sondern das Kind.
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Das führte zu einem Riesenskandal. Die Frau mit dem Kinderwagen meinte, sie werde die Hundebesitzerin anzeigen, dass sie ihr Kind als „dreckig“ bezeichnet habe. Sie verkündete vor dem ganzen U-Bahn Waggon, dass sie eine Magistra der Pharmazie sei und wenn es was gibt, worauf sie bestehe, dann ist das die Sauberkeit. Die cremefarbene Hundebesitzerin erwiderte, dass sie nie etwas von ihrer Apotheke kaufen würde, denn „Menschen, die Hunde hassen, hassen auch andere Menschen“ und es wird bald die Zeit kommen, wo sie anfangen, wird Menschen zu vergiften. Hier schrie die Mutter, dass man sie als Mörderin bezeichnet habe. Die Eigentümerin des Hundes sagte, dass sich die andere Frau zu sehr genähert habe und sie bespuckt habe. Nur noch ein Augenblick und die beiden Frauen hätten sich geschlagen. In diesem Moment hielt die U-Bahn und die Dame mit dem Kinderwagen stieg schimpfend aus.
Die Türe gingen zu. Die Dame mit dem Hund hatte ihre Opponentin verloren und man konnte die Spannung in ihrem Gesicht lesen.
Jeder U-Bahn Waggon ist wie eine verkleinerte Welt, dachte ich mir. Nur aussteigen kann man nicht, wo immer man will. Deshalb passt mit euren Kindern und mit euren Hunden auf.
Publiziert am 07.07.2023