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Brücke über einen ausgetrockneten Fluss

APA/AFP/THOMAS COEX

Wie der Klimawandel Menschenhandel begünstigt

Klimabedingte Naturkatastrophen zwingen Millionen Menschen zur Flucht und sind eine der Hauptursachen für Menschenhandel. Das zeigt ein Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC).

Von Eva Liebentritt

Die heute 38-jährige Malaika Oringo ist fünfzehn Jahre alt, als ihre Mutter stirbt. Sie ist geboren und aufgewachsen in Kampala, der Hauptstadt von Uganda. In einem Lager sucht sie damals nach einem Familienmitglied, als ein Mann sie anspricht. Er ist gekleidet wie ein Entwicklungshelfer und trägt eine Bibel in der Hand. Malaika erzählt ihm ihre Geschichte. Der Mann sagt ihr, dass es in seinem Land Menschen geben würde, die ihr helfen in die Schule zu gehen. „Ich habe die Schule abgebrochen, aber ich wollte eigentlich zur Schule gehen. Jemand hat mir also angeboten zur Schule in Luxemburg zu gehen. Also war ich so: Wann kann ich gehen?“, erzählt Malaika Oringo ihre Geschichte. Er besorgt ihr einen Reisepass. Als sie in Luxemburg landen, übergibt der Mann- den sie nie wieder sehen wird- Malaika an zwei andere Männer und zwei Frauen. Sie fahren mit ihr nach Amsterdam. Sie wird ein Jahr lang sexuell ausgebeutet.

Global Report On Trafficing in Persons 2022 - Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) als .pdf

Heute lebt Malaika Oringo in den Niederlanden und hat eine Tochter. Nachdem sie aus dem System ausbrechen konnte, gründet sie die NGO Footprint to Freedom, die sich gegen Menschenhandel stark macht und macht zwei Universitätsabschlüsse. Ihr Menschenhändler ist nie verurteilt worden. „Ich bin aus einem politisch instabilen Land gekommen, was zu mehr Verletzlichkeit führt. Wir hatten keine Zivilgesellschaft, keinen sicheren Raum für uns, um Kinder ohne Eltern zu unterstützen und auch die wirtschaftliche Verwundbarkeit.“, so beschreibt Malaika Oringo die Faktoren, die sie in die Ausbeutung getrieben haben. „Es ist dieses Versprechen von einem besseren Leben. Ein Versprechen von einem Traum und wie für jeden da draußen war mein Wunsch in die Schule zu gehen. Dieser Wunsch in die Schule gehen zu können hat mich in die Ausbeutung getrieben.“, sagt sie.

Malaika Oringo

Madalina Bot

Malaika Oringo

Die Verletzlichkeit, die Verzweiflung und der Traum von einem besseren Leben, wie Malaika Oringo es beschriebt, machen Millionen Menschen zur leichten Beute von Menschenhändlern.

Klimakatstrophen zwingen Menschen zur Flucht

Verletzlich sind vor allem jene Menschen auf der Flucht. Nicht nur wegen Kriegen, auch Hitze, Dürre, Stürme, Überschwemmungen, die Folgen des Klimawandels rauben Millionen Menschen die Lebensgrundlage. Allein im Jahr 2021 waren rund 24 Millionen Menschen aufgrund von klimabedingten Katastrophen auf der Flucht, heißt es im UN- Bericht. „Kriminelle Banden nutzen genau dieses Vakuum, dass Menschen bereits verzweifelt sind, aus. Menschen, die verzweifelt sind, sind diejenigen, die auf der Flucht sind. Wenn man also aus seiner gewohnten Gemeinschaft in eine andere Gemeinschaft vertrieben wird, lernt man Fremde kennen, die einem ein besseres Leben versprechen können.“, so Malaika Oringo.

Der Zusammenhang von Naturkatastrophen und Menschenhandel ist in Bangladesch und auf den Philippinen festgestellt worden. Nach den verheerenden Wirbelstürmen und Taifunen sind Millionen Menschen aus ihren Heimatregionen vertrieben worden und der Menschenhandel hat dadurch zugenommen.

Climate change is multipl[ing traffi cking risks

Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC)

Laut Vereinten Nationen dürften sich weltweit knapp 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei befinden oder von Menschenhandel betroffen sein. Die meisten davon Frauen und Mädchen. Die am meisten verbreiteten Formen von Menschenhandel sind Zwangsarbeit und sexuelle Ausbeutung.

Veränderung der Familienstruktur

Ernteausfälle und Lebensmittelknappheit sind ebenfalls Symptome des Klimawandels. Das fehlende Einkommen, macht Menschen wirtschaftlich anfälliger für Menschenhandel. Was dazu führt, dass vor allem sehr junge Menschen, auch Kinder, arbeiten müssen. „Durch den Klimawandel werden auch Kinder zu Einkommensbringer für die ganze Familie. Das zwingt junge Menschen dazu die Schule abzubrechen, um etwas zum Einkommen beizutragen. Dadurch verlieren die Jugendlichen ihre Jugend, weil sie gezwungen sind, erwachsen zu werden und zum Wohlergehen der Familie beizutragen.“, so Malaika Oringo. Und zwar mitunter in sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen. „Wir wissen, dass moderne Sklaverei nicht nur sexuelle Ausbeutung ist, sondern auch Menschen in unterbezahlte Jobs mit extrem schlechten Arbeitsbedingungen zwingt. Der Klimawandel macht Menschen noch verzweifelter und zwingt vor allem junge Menschen sehr harte Jobs anzunehmen.“, sagt Malaika Oringo.

Laut UN- Bericht könnten durch die Klimakrise bis 2050 mehr als 200 Millionen Menschen zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen werden. Nachdem klimabedingt viele Regionen der Welt zunehmend unbewohnbar werden, steigt das Risiko der Ausbeutung für Flüchtende entlang der Migrationsrouten.

Als Antwort darauf sollten Staaten sicherstellen, dass vor allem jene Menschen, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, Zugang zu wirksamem Rechtsmittel und Anpassungsmöglichkeiten haben. Das legen die Vereinten Nationen in ihrem Bericht nahe.

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