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Träume

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Mit akzent

Träume stehen uns zu

Ich schaue mir ein Interview mit einem jungen Afrikaner an, der gerade in Lampedusa angekommen ist. Er träumt, eines Tages Fußballer in einer großen europäischen Mannschaft zu werden.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Er würde gerne Tore vor Zehntausenden auf den Tribünen und Millionen vor den Fernsehern schießen. Seine Augen leuchten wenn er das erzählt. Wird er bei „Roma“ spielen oder erwartet ihn das Schuften auf der Gemüsefarm?

Er möchte aber kein Gemüsepflücker werden, er will reich und erfolgreich sein. Wenn das super schnell passiert, wäre das noch schöner. Ich wünsche ihm Glück. Den ersten Schritt zum erträumten Reichtum hat er ja schon gemacht: Er hat das Meer überquert und ist schon in Europa. Der zweite Schritt kann nicht so groß sein. Er ist ja bereits reich, reich an Träumen.

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Ich habe es nicht geschafft reich zu werden, ich bin immer noch euer Low Life Experte. Ich beschwere mich aber nicht. Neulich hab ich einen Freund aus meiner Kindheit getroffen, der in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist. Er ist ein wirklich reicher Mann, arbeitet im Vorstand einer Bank und hat alles, wovon der Junge aus Lampedusa träumt. Er fährt einen Mercedes (eigentlich wird er gefahren), er hat zwei Wohnungen in Deutschland und eine Villa an der Côte d’Azur. Trotzdem ist er unzufrieden.

Er wurde in einer Familie von kommunistischen Funktionären erzogen und ist überzeugt, dass der westliche Lebensstil ihm nichts Gutes gebracht hat. Obwohl ihr Sohn viele Immobilien besitzt und jährlich auf den Malediven auf Urlaub fliegt, glaubt seine ganze Familie immer noch, dass es im Kommunismus besser war. „Wäre der Kommunismus weitergegangen, dann würde allen ein jährlicher Urlaub auf den Malediven zustehen, Bänkern und Straßenbahnfahrern“, sagt mein Bekannter.

Ich stelle mir die Betriebstation der ostdeutschen Transportgewerkschaft auf den Malediven vor. Träumen kann man immer. Wenn ich jemanden in Österreich höre, der sagt, dass ihm oder ihr irgendwas zusteht, kann ich nur lächeln. Ich als realistischer Bulgare weiß, dass mir nichts zusteht. Außer das Träumen.

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