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Klimaaktivistin sitzt bei einer Demo auf der Straße

APA/georg hochmuth

Todor ovtcharov

Aktivismus auf der Fahrbahn

Es gibt verschiedene Gründe, aus denen man eine Straße blockieren kann: Klimaaktivismus oder die Sorge um den eigenen Job - wie aktuell gerade in Bulgarien.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Die meisten von uns haben sich schon daran gewöhnt, dass sich Klimaaktivisten am Asphalt der Verkehrsknoten festkleben. Sie protestieren gegen die hohen Kohlendioxid-Emissionen und schlagen vor, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung an Autobahnen runtergesetzt wird, um die Emissionen zu reduzieren. Ich habe auch einmal wegen der Klimakleber im Stau gewartet.

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Die meisten Menschen in ihren Autos warteten geduldig auf den Polizeieinsatz, da sie wussten, dass sie wenig machen können – die Festgeklebten mussten friedlich entfernt werden. Zwei junge Menschen holten sogar eine Picknickdecke aus ihrem Auto heraus und setzten sich auf die Fahrbahn, um ein bisschen Sonne zu tanken. Es fehlte ihnen nur ein Picknickkorb. Einige der Wartenden waren wütend, da sie sich für ihre Arbeit verspäten werden. Andere hingegen waren froh, dass sie einen Entschuldigungsgrund hatten, um nicht bei der Arbeit zu sein. Bald kam auch der Bus der Polizei. Die Polizisten trugen die Aktivisten langsam, aber sicher weg. Die Menschen im Stau klatschten laut. Ich habe nicht verstanden, ob sie die Polizei oder die Aktivisten beklatschen. Jeder kann es annehmen, wie er oder sie will.

In meinem Geburtsland Bulgarien haben noch nie Klimaproteste stattgefunden. Seit mehr als eine Woche haben aber Bergleute aus den Kohleminen, die nach dem Green Deal geschlossen werden sollen, die größte Autobahn in Südbulgarien sowie einen wichtigen Bergpass gesperrt. Sie haben sich quasi an der Fahrbahn festgeklebt. Zelte wurden aufgespannt und das Protestlager sieht wie ein Campingplatz mitten auf der Autobahn aus. Wenn sich Reporter und Fernsehkameras nähern, werden die Protestierenden wütend und sie schimpfen auf die Regierung. Sie sind besorgt um ihre Arbeitsplätze, was mehr als verständlich ist. Sie haben Angst, dass ganze Städte ohne Einkommen bleiben werden und trauen den Umschulungsprogrammen der Regierung und der EU nicht.

Die Menschen, die sich an Bulgariens Autobahnen festgeklebt haben, meinen, dass der Green Deal ein Schwindel sei und die globale Erwärmung eine Lüge. Es stehen Lokalwahlen bevor und die Regierung wagt keine radikalen Maßnahmen, die Polizei entfernt die Protestierenden nicht und die Regierung verspricht, die Kohlekraftwerke so lange in Betrieb zu halten, wie es nur geht. Wen soll man in diesem Fall wohl beklatschen?

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