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Baby Queen

Nicole Ngai

„Quarter Life Crisis“ heißt das Debütalbum von Baby Queen

Viele kennen Baby Queens Musik als Soundtrack zur queeren Erfolgsserie „Heartstopper“. Nun hat die südafrikanische Solokünstlerin endlich ihr Debütalbum „Quarter Life Crisis“ veröffentlicht. Warum ihr Bubblegum-Pop mehr kann als nur glänzen.

von Michaela Pichler

„Musik ist das wichtigste in meinem Leben. Es ist diese eine Sache, die ich immer haben werde. Und das sage ich mir auch jedes Mal, wenn ich mich allein fühle; wann immer etwas schief geht in meinem Leben, weiß ich, dass ich am Ende immer noch Musik machen kann. Musik ist der Grund für alles - wirklich!“ So euphorisch hat Bella Latham im FM4 Interview mit Susi Ondrušová auf die Frage geantwortet, was Musik für sie bedeutet. Einige Wochen ist das nun her, es war Mitte August, als die 26-jährige Musikerin als Baby Queen am Sziget Festival in Budapest aufgetreten ist.

Musik ist nicht die Antwort auf alle Fragen, aber schon ziemlich auf die wesentlichen. Baby Queen weiß um diese Kraft eines wichtigen Songs, der dich aus dem tiefsten Loch ziehen kann und dich dadurch rettet – auch wenn er nur drei Minuten dauert. Bei Baby Queen waren das vielleicht Lieder von Taylor Swift. Von der war ihr früheres Noch-Nicht-Mal-Teenager-Ich größter Fan, noch lange bevor das auch nur ansatzweise cool war. Damals wünscht sich Bella Latham das, was Taylor macht: Sie möchte Songs schreiben und auf der Bühne stehen. Erste Lieder widmet die in Durban, Südafrika aufgewachsene Teenagerin ihren Hunden.

Seit den frühen Puppy-Song-Tagen ist sehr viel passiert in Bellas Leben. Ein Umzug nach London, um die Musikkarriere anzukurbeln, eine Kunstfigur, die man so schnell nicht aus dem Kopf bekommt und sehr viele Songs (mittlerweile ohne Hundebezug, schade), eine EP und ein Mixtape. Und nun kommt natürlich - endlich - das erste Album.

When you’re in pain, you make art

Drei Jahre hat Baby Queen nun eifrigst an ihrem ersten Langspieler gearbeitet. Drei lange Jahre, wenn man der Solokünstlerin glaubt. In der Zeit, in der die Platte entstanden ist, muss es einige von diesen existentiellen Momenten gegeben haben, in denen Baby Queen sich an der Musik festgehalten hat. Immerhin hat die Künstlerin ihre Platte nach einer großen, langen Krise benannt.

It’s not a mood, it’s not a phase
It’s a quarter life crisis

Das ist keine Phase, das ist eine Krise – so lautet eine der Ansagen auf Baby Queens Albumdebüt. Auf „Quarter Life Crises“ tummeln sich Geschichten aus ihrem Leben, über Einsamkeit, Liebeskummer, Selbstfindung und Social-Media-Struggle; über Drogeneskapaden, die besser in der Vergangenheit aufgehoben sind, und über ihre eigene Sexualität. Mittlerweile hat es in Gen-Z-Kreisen schon die Runde gemacht, dass Baby Queen eine kleine, bisexuelle Ikone ist. Mit ihrer Musik und Songtexten über erste queere Beziehungen hat es Baby Queen auch in die sehr erfolgreiche Netflix-Serie „Heartstopper“ geschafft. Heuer ist die zweite Staffel erschienen, die das Liebesleben von den beiden Highschool-Schülern Nick und Charlie erzählt. Baby Queen passt perfekt in diese rosarote, queere Coming-of-Age-Welt.

Albumcover von Baby Queen zum Debütalbum "Quarter Life Crisis"

Baby Queen / Polydor Records

„Quarter Life Crisis“ von Baby Queen ist am 10. November 2023 via Polydor Records erschienen.

Und das, obwohl die Singer-Songwriterin erst in ihrer Wahlheimat London zu ihrer Sexualität stehen konnte. "Für viele Menschen ist und war es sehr schwer - ein Coming-Out ist für viele keine Option. Heute macht es mich traurig, dass ich damals diese Freiheit nicht hatte, ich selbst sein zu können. Dafür bin ich jetzt umso dankbarer. Und ich glaube, dass eine Show wie „Heartstopper" heute jungen Menschen viel Mut machen kann.“

Viele dieser jungen Menschen haben Baby Queen zum ersten Mal über den Heartstopper-Soundtrack kennengelernt. Nun finden sie auch auf dem Debüt Verweise, Anspielungen und queeren Liebeskummer. Wie im Song „Dream Girl“, in dem Baby Queen von der Obsession mit einer vergebenen Protagonistin erzählt. Geschrieben hat sie den Track, nachdem sie eine junge Frau kennengelernt hat, die alle 151 Pokémon der ersten Generation aufzählen konnte - allerdings hatte diese einen Freund, also kein Happy Ending für Baby Queen.

Insecurities, but make it empowering

Von solchen Stolpermomenten handeln quasi alle Songs am Album. Schon in der allerersten Zeile, die Baby Queen auf der Platte singt, wird geweint. Auf einer Party, das sei aber nicht untypisch für sie, wie es in den Lyrics von „We Can Be Anything“ weiter heißt. Ein Powerpop-Track gegen den inneren Nihilismus, der vielleicht vor allem in den 20ern immer wieder auftaucht in einem. Baby Queen hat sich am Album an den unterschiedlichsten, bisherigen Stationen ihres Lebens abgearbeitet. Ihre Geschichten drehen sich um das Verlorensein nach den Teenagertagen und vor dem wirklich echten Erwachsenenleben. Wenn man selbst noch nicht so genau weiß, wer man ist und wo man hingehört. Um diese Fragen zu beantworten, scheut Baby Queen auch nicht vor ihrer Vergangenheit.

„A Letter To Myself With 17“ heißt ein Song am Album, der genau das ist: Ein Brief adressiert an Baby Queens jüngeres, unsicheres Teenager-Ich. „You’ll say goodbye / pack your backs and you’ll fly across the world / you end up somewhere / people don’t really care that you kissed girls“ - damit beginnen die empathischen Zeilen im Brief. Sie enden mit einem Versprechen, dass die Zukunft es gut meinen wird mit Baby Queen und so einige große Träume Realität werden. Es ist einer der wenigen ruhigeren Songs am Album.

Und selbst da kommt Baby Queens Superpower klar heraus: Ihre ansteckende Energie und ihre Präsenz, mit der sie ans Songwriting und auch auf die Bühne geht. Manche würden das vielleicht Bubblegum-Pop nennen. Tatsächlich ist es bei Baby Queen viel mehr. Was an der Oberfläche knallbunt wirkt, hat einen ehrlichen Kern mit jeder Menge Witz, Tiefgang und Identifikationspotential.

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