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Talking Heads, Taylor Swift, Beyoncé

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Hits und Emotions in Szene gesetzt

Einige Empfehlungen für Konzertabende zu Hause oder im Kino

Von Susi Ondrušová

Ein Ranking ist schwer möglich, aber Kriterien gibt es, theoretisch. Ein Konzertfilm ist tatsächlich wie ein Konzertbesuch. Man kommt da ja auch nicht einfach backstage, sondern sieht einzig das Geschehen auf der Bühne. Es gibt eine Trennlinie zwischen Konzertfilmen und Konzertdokus, in denen Erzähler:innen Stimme oder „talking heads“ wie Expert:innen und Fans oder Freund:innen von hinter der Bühne über die Bedeutung der Band und den besagten Konzertabend erzählen.

Für uns Fans ist aber beides wichtig: Kontext und Konzert. Taylor Swifts The Eras Tour ein sehr „klassischer“ Konzertfilm. Drei Stunden Live Performances und ein Kinobesuch ähnelt einer Viewing Party mit Freund:innen. Ausnahmsweise darf man richtig laut sein im Kino und tanzen. So wie bei Beyoncés Konzertfilm zu ihrer 2023er „Renaissance“ Tour.

„Renaissance“ ist eine mit Backstage Footage unterstützte cineastische Konzertreise. Im Doppelpack eignet sich hier hervorragend Beyoncés Konzertfilm „Homecoming“ über ihren Auftritt 2018 am Coachella Festival in Kalifornien.

Halb Konzertfilm und halb Doku ist „Spirits in the Forest“. Es zeigt Depeche Modes letzten Auftritt ihrer „Global Spirit“ Tour auf der Berliner Waldbühne 2018, der Konzertabend wird begleitet von Interviews mit Fans, die zum Teil sehr weit für dieses Konzertereignis anreisen. Eine Liebeserklärung an Depeche Mode und ihre Fans von dem Filmemacher und Fotografen Anton Corbijn.

„Shut Up And Play The Hits“ heißt der Konzertfilm über LCD Soundsystem. Der New Yorker Musiker James Murphy will LCD Soundsystem in Pension schicken und zwar mit einem allerletzten Konzert im Madison Square Garden. Die beiden Filmemacher Dylan Southern und Will Lovelace begleiten James Murphy 48 Stunden lang vor diesem Auftritt. Passt schön als Vorbereitung auf das neue Jahr 2024, denn LCD Soundsystem haben sich trotz diesem herzzerreißenden Bühnenabschied nie wirklich aufgelöst und für 2024 einen Festivalauftritt in London angekündigt.

Touren und Konzerte zu spielen kann eine monotone Angelegenheit sein, außer man plant eine Tour ein wenig off the beaten track, so wie es die White Stipes auf ihrer „Icky Thump“ Tour 2007 in Kanada gemacht haben. Jack White erfährt, dass seine Verwandten väterlicherseits in Nova Scotia in Kanada gelebt haben, bevor sie nach Detroit gezogen sind. „Under Great White Northern Lights“ dokumentiert ihre 18 Konzerte umfassende Tour durch alle zehn Provinzen und drei Territorien Kanadas. Von Alberta bis Yukon. Bespielt wurden nicht nur gängige Konzert-Venues, sondern auch eine Bowling-Halle und ein Boot.

„One of the best crowds we played in front of for a very long time“, sagt in verschiedenen Abwandlungen so circa jede Band im Laufe ihrer Livekarriere. Marcus Mumford will man es glauben. 2016 ist er mit seiner Band Mumford&Sons endlich auf Tour in Südafrika. Die Konzerte und Begegnungen sind in „Dust and Thunder“ festgehalten, einer als Konzertfilm getarnten Roadtrip-Banddoku.

Es gibt Bands, an denen man sich nicht satthören kann, im Idealfall überträgt sich die Energie der Show vom Konzert ins Wohnzimmer oder Kino. Und es gibt Bands, für die man schlicht zu jung oder in den falschen Breitengraden verwurzelt ist, um sie jemals live gesehen haben zu können. Vor 40 Jahren, 1983, veröffentlicht die New Wave/Punk Band Talking Heads ihr fünftes Album, „Speaking in Tongues“, und landet mit „Burning Down The House“ in den US Billboard Charts.

Beim Tourstop in Los Angeles ist Filmemacher Jonathan Demme dabei. „Stop Making Sense“ zählt heute zu den besten Konzertfilmen, dabei ist vom Publikum höchstens einmal eine Reihe von Hinterköpfen zu sehen. Die Kamera ist dafür nah an der in grauen Anzügen und Overalls gekleideten Band. Man sieht Konzentration und Spielfreude. Einen mit einer Stehlampe tanzenden David Byrne und natürlich das tolle, übergroße Jackett.

Nicht nur eine Lampe, sondern eine ganze Wohnungseinrichtung haben The 1975 auf ihrer letzten Tour dem Publikum präsentiert. Das Konzertspektakel „At Their Very Best“ zeigt The 1975 beim Auftritt im Madison Square Garden. Sich in Szene zu setzen heißt bei The 1975 zum Beispiel rohes Steak zu essen (hier könnte ein „Is it cake?“-Witz stehen) und in einen Röhrenfernseher kriechen. Absurd bis lustig sind die theatralischen Inszinierungen zwischen den Songs. Der Titel hält, was er verspricht: The 1975 zeigen sich und auch das euphorische Publikum „at their very best“.

Zu den „Besten“ zählten in den 90ern Oasis, am Höhepunkt ihrer Britpop-Herrschafft haben sie zwei ausverkaufte Open Air Shows in Knebworth gespielt und das natürlich auch für die Nachwelt festgehalten. Wie gut die britpop lad culture gealtert ist, sollte jeder für sich selbst entscheiden. Die Pullover sind lustig, „Champagne Supernova“ ist ein Über-Hit.

Wo ist der beste Stehplatz bei einem Konzert? Jede:r erlebt ein Konzert anders und damit ist nicht nur tatsächliche Akustik, sondern vor allem der Blickwinkel gemeint. Das knutschende Liebespaar, das vor einem steht wie ein Fels, die Person, die sich bei Bier Nummer 4 entscheidet, mit Bier Nummer 5 den Weg Richtung erste Reihe einzuschlagen, die Person, die lauter als die Anlage singt, die tanzende Person mit den spitzen Ellenbögen...

Um die Macht des Blickwinkels geht es bei „Awesome I Fuckin’ Shot That“. Die Beastie Boys spielen 2004 ein Konzert im New Yorker Madison Square Garden. Statt einer professionellen Filmcrew, die das Geschehen auf der Bühne optimal einfangen soll, wird eine viel bessere Idee geboren: 50 Fans kriegen Kameras in die Hand gedrückt und they have one job: Filmt alles, was ihr seht. Entstanden ist ein Konzertfilm aus der Perspektive der Fans. Und das 2004, ein Jahr bevor Youtube online gegangen ist, jener space, an dem man sich heute stundenlang verwackelte Handycam-Livevideos anschauen kann. Allein für die Schnittarbeit hätte Adam Yauch (RIP) einen Oscar verdient.

Apropos Youtube: Es gibt wohl nichts, was es nicht gibt. Oder vielleicht doch? Die FM4 Radio Session mit Milky Chance und dem ORF Radio Symphonie Orchester findet ihr einzig und allein im FM4 Player hier.

In einer Reihe von empfehlenswerten Konzertfilmen darf eigentlich kein ARTE-Konzert fehlen. Manche (okay, ich) haben alle Lockdowns mit dem ARTE-Konzertarchiv verbracht. Statt Gigs in üblichen Konzert-Venues „abzufilmen“, hat der Sender für die „Passengers“-Reihe die französische Musikerin Christine and the Queens in eine Kirche in die Normandie eingeladen. Sehr, sehr beeindruckend!

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