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Tierähnliches Wesen mit Maschinengewehr

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„Palworld“ ist ein derbes Survival-Game in dem (fast) alles erlaubt ist

Als Pokémon mit Schusswaffen vermarket, ist das morbide Survival-Game „Palworld“ ein unglaublicher Überraschungserfolg, der bereits kurz nach der Veröffentlichung die Server lahmgelegt hat.

Von David Riegler

Bei den Furoren, die „Palworld“ schon wenige Stunden nach der Veröffentlichung ausgelöst hat, fragt man sich, ob hinter dem Game ein Marketinggenie steckt, oder ob das große Aufsehen vielleicht sogar die Entwickler:innen selbst überrascht hat. Seit der Veröffentlichung am Freitag 19. Jänner gibt es jedenfalls einen Hype bei den Verkaufs- und Streaming-Zahlen, Server-Zusammenbrüche, eine schnell wachsende Fan-Gemeinde, Kontroversen um Gewalt, Moral und Menschenhandel im Game und eine Menge Plagiatsvorwürfe.

Ein Pokémon mit offener Welt und Schusswaffen

Schon bei der Ankündigung und den ersten Bildern aus „Palworld“ war die Ähnlichkeit zur Erfolgsmarke Pokémon so stark, dass das Internet das Spiel „Pokémon mit Schusswaffen“ getauft hat. Dieser inoffizielle Titel wird dem Spiel allerdings nicht gerecht, weil auch andere beliebte Game hier eindeutig als Inspiration gedient haben und es zusätzlich zu diesem Mix an Vorbildern eine ganz eigene Spielwelt entwickelt hat. Im Gegensatz zur meist streng linearen Story in Pokémon gibt es in „Palworld“ eine offene Welt mit großen Türmen zu erkunden, die eine Schnellreise zu einem anderen Ort ermöglichen oder auch Überraschungskämpfe enthalten, ähnlich wie in „Breath of the Wild“. Dazu kommt das Materialsammeln, Basenbauen und Crafting, wie man es aus anderen Survival-Klassikern kennt.

Screenshot Palworld mit Huhn-ähnlichen Pals

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Das Ziel ist, auf einer Insel namens Palpagos zu überleben und dafür braucht man eine Strategie. Je nachdem welchen Schwierigkeitsgrad man einstellt, landet man ein einer bunten Welt, die mehr oder weniger Ressourcen bietet. Man sammelt Materialen, baut daraus Werkzeuge und Waffen und baut sich eine Basis auf, die irgendwann die Selbstversorgung ermöglicht. Gegen die kalten Nächte braucht es ein Lagerfeuer, bei dem man Nahrung kochen kann und eine Hütte mit gemütlichem Bett. Man kann sich eine Werkstatt errichten und den Technologiebaum immer weiter erforschen, um neue Tools und Outfits zu bekommen. Weil das alleine ziemlich viel Arbeit ist, gibt es im Spiel noch eine weitere Möglichkeit, Arbeitskräfte zu bekommen, auch wenn es sich etwas unmoralisch anfühlt.

Sklaverei und Menschenhandel

Überall im Spiel laufen die tierähnlichen Fantasiewesen, die als Pals bezeichnet werden, herum und wir können frei entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen. Man kann die Pals theoretisch in Ruhe lassen und seinen Hunger einfach mit dem Sammeln von Beeren befriedigen, allerdings gibt es in „Palworld“ kaum Regeln und so ist es auch möglich, die Pals entweder mit der Waffe anzugreifen, um sie für ihre Ressourcen zu töten oder sie einzufangen und zu Arbeitssklaven zu machen. Wer sich dafür entscheidet, sperrt sie ins Lager und teilt ihnen eine Produktionsaufgabe zu oder züchtet sie und verkauft die Pals für ein paar Goldmünzen. „Don’t worry, there are no employment laws in Palworld”, heißt es in der Selbstbeschreibung des Studios.

„Palworld“ wurde vom japanischen Studio Pocketpair entwickelt und für Windows-PCs veröffentlicht.

In der Welt von Palworld regiert eine Art Anarchokapitalismus ohne eine moralische Vorgabe. Eine potenzielle Funktion im Game hat in den sozialen Medien eine Debatte über die Ethik des Spiels ausgelöst, nämlich die Möglichkeit Menschenhandel zu betreiben. Einige Streamer:innen haben entdeckt, dass auch menschliche NPCs im Spiel gefangen genommen werden können. Wer das macht, bekommt zwar eine Warnung, dass es auf der Insel als inhuman gesehen wird, Menschen zu besitzen, trotzdem hindert einen aber nichts daran, die Menschen gegen Goldmünzen zu verkaufen.

Pals müssen Waffen produzieren

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Auf X (früher Twitter) haben sich nicht wenige Spieler:innen empört, aber es gibt auch einige Stimmen, die diese Funktion als Grund sehen, das Spiel zu kaufen. Viele argumentieren, dass das Spiel ehrlicher mit Moral umgeht als Pokémon, wo man ebenso tierähnliche Wesen fängt, einsperrt und kämpfen lässt. Außerdem wird argumentiert es handle es sich immer noch um ein Spiel und nicht um das reale Leben, wo es viel ernstere moralische Fragen rund um das Thema Tierwohl und Ausbeutung von Menschen gibt.

Ein neues Spiel mit Nostalgie-Faktor

Bei der Vermarktung des Spiels war die optische Nähe zu Pokémon ein klarer Vorteil, denn noch bevor man es startet, fühlt sich das Spiel bekannt an, so als hätte man ein Déjà-vu. Allerdings wirken die Fantasiewesen dadurch auch etwas unkreativ und nicht gerade neu. Ein Pinguinwesen, das mit Eiszapfen schießt – das kommt einem doch bekannt vor, genauso wie das korallfarbene Katzenwesen Cattiva, das fast genau den gleichen Farbton wie das katzenähnliche Pokémon Eneco hat. Bisher gibt es aber keine Plagiatsklage der Spielesoftwarefirma Game Freak, die für Pokémon verantwortlich ist.

Screenshot aus Palworld bunte Welt

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Die Ähnlichkeiten sind auch der Grund dafür, dass Palworld beim Spielen ein Nostalgiegefühl auslöst, auch wenn es ein eigenständiges Game ist. Man wird in die schräge Inselwelt mit dem witzigen Style hineingezogen und das Erkunden, Craften und Treffen von unzähligen Menschen und Wesen fühlt sich so an als wäre man in einer aufregenden Abenteuerwelt. Technisch gibt es noch ein paar kleiner Mängel, zum Beispiel bleiben die Pals oft in der Landschaft an einem Stein hängen oder schaffen es nicht, die Treppen in der Hütte hinaufzugehen. Auch die Übersetzung aus dem Japanischen ist etwas wackelig und sorgt für einige Phrasen, die man im Englischen wahrscheinlich so nicht hören würde. Allerdings ist das Spiel derzeit noch im Early Access, also in der offenen Entwicklung und wird sicher noch einiges an der Spielmechanik anpassen, bis die finale Version veröffentlicht wird.

Ein fulminanter Start

Auch der Online-Multiplayermodus hat noch Verbesserungsbedarf und konnte auch einige Zeit gar nicht getestet werden, weil die Server wegen dem hohen Andrang zusammengebrochen sind, aber es war auch schwierig den unglaublichen Hype vorauszusehen, den dieses Spiel ausgelöst hat. Innerhalb der ersten 8 Stunden nach der Veröffentlichung wurden bereits 1 Million Exemplare von „Palworld“ verkauft. Es ist innerhalb kürzester Zeit in die TOP 5 der meistgespielten Steam-Spiele aller Zeiten eingestiegen. Dabei wird es von vielen Spieler:innen auch noch gut bewertet und mittlerweile hat sich eine breite Fan-Gemeinde gebildet, die sich gegenseitig Tipps beim Craften, Sammeln und Entdecken gibt.

Flug durch die Luft in Palworld

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„Palworld“ ist der erste große Spiele-Hit des Jahres und hat die Spieleindustrie damit ordentlich durchgerüttelt. Was viele für eine schräge Parodie gehalten haben, ist jetzt ein ernstzunehmender Survival-Titel mit eigenem Humor und einer ungewohnt offenen Welt, die viele Möglichkeiten bietet. Mindestens ein Jahr soll Palworld in der offenen Entwicklungsphase bleiben, also kann sich noch einiges ändern und hoffentlich auch verbessern. Einen besseren Start hätte sich das Entwicklungsstudio allerdings nicht wünschen können.

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