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Gesicht Harold Halibut

Slow Bros.

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Handmade in Germany

„Harold Halibut“ ist mehr ein interaktiver Film als ein klassisches Videospiel und glänzt durch eine außergewöhnliche Ästhetik, viel Liebe zum Detail und einer berührenden Geschichte. Doch man braucht etwas Geduld, denn das Spiel zeigt auch, wie monoton der Alltag in einer Unterwasserwelt sein kann.

Von David Riegler

Während sich die Welt der Videospiele mit neuen Technologien andauern selbst übertrumpft, setzt das neue Spiel „Harold Halibut“ des deutschen Studios Slow Bros. auf ehrliche Handarbeit. Es war Liebe auf den ersten Blick beim Ansehen des Trailers, denn den Figuren im Analog-Stil sieht man sofort an, dass Herzblut in ihnen steckt. Der glasige Blick und das blasse Gesicht des lethargischen Protagonisten Harold verrät uns sofort, was für ein Typ unsere Hauptfigur ist. Er ist sicherlich kein klassischer Abenteuerheld und kein Genie oder Schönling, aber ein grundguter Mensch, der das Herz am rechten Fleck hat und fast zu gut für die kühle Unterwasserwelt ist, in der er lebt.

Harold und seine Professoring sitzen auf dem Bett

Slow Bros.

Flucht von der Erde und Notlandung im All

Wir begleiten Harold bei seiner Arbeit als wissenschaftlicher Assistent und lernen langsam seine Heimat und deren Geschichte kennen. Als der Kalte Krieg in einen weltweiten Atomkrieg zu eskalieren drohte, hat man eine Gruppe Menschen auf einem großen Raumschiff ins All geschickt, um den Fortbestand der Spezies zu sichern. Irgendwann musste das Raumschiff allerdings auf einem fremden Planeten notlanden und ist dort in einen Ozean gestürzt. Wir starten 250 Jahre nachdem die Menschen die Erde verlassen haben und viele Jahre nach der Notlandung. Harold Halibut gehört zu denen, die noch nie Tageslicht gesehen haben. Er kennt nur das Leben unter Wasser.

Titelbild von Harold Halibut mit Hauptfigur und Fischalien

Slow Bros.

„Harold Halibut“, erhältlich für PC, Playstation 5 und Xbox Series X|S

Beim Entdecken dieser Welt fällt schnell auf, wie rasch sich die sympathischen Einwohner:innen an die harten Bedingungen angepasst haben. Es gibt Wasserfilter und Fischfarmen, ein Einkaufszentrum, Bars, eine Spielhalle und sogar ein Theater. Zu Beginn des Spiels bekommt man ausreichend Zeit, um alles zu erkunden, denn die Entwickler:innen haben sich nicht davor gescheut den Alltag und die Monotonie dieser Welt zu zeigen. Es ist ungewöhnlich, wenn man an das immer schneller werdende Tempo moderner Spiele denkt. „Harold Halibut“ hat keinen Stress und verbiegt sich für niemanden. Man wird eingeladen mitzuleben und muss sich dafür etwas Zeit nehmen.

Harold und der Postbote schauen Briefe an

Slow Bros.

Als Belohnung bekommt man unzählige Einblicke in seine Welt und baut Beziehungen zu den Menschen dort auf. Überall sind vielschichtige Charaktere, die sich einen schrägen Humor angewöhnt haben, um mit ihrer Situation klarzukommen. Immer wieder erhält man kleine Eindrücke, die die Tragik der Situation kurz aufblitzen lassen, zum Beispiel, als ein älterer Postbote von dem Crash erzählt und wir mit ihm gemeinsam Briefe an Menschen lesen, die längst verstorben sind. In vielen dieser Begegnungen stecken authentische Emotionen, die nie kitschig wirken und immer eine neue Perspektive eröffnen.

Abenteuer mit einem Alien

Das Ziel ist es, die Hoffnung nicht zu verlieren, denn es gibt ein paar Hinweise darauf, dass wir es doch noch raus aus dem Wassergefängnis schaffen könnten. Spätestens wenn wir uns mit einem menschenähnlichen Fischwesen anfreunden, beginnt das Abenteuer, dass sich immer rasanter ausbreitet und Harold in kuriose Situationen und Alien-Begegnungen stürzt. Wir können uns dabei zurücklehnen und die Story genießen, denn das Gameplay ist bewusst reduziert. „Harold Halibut“ ist mehr als ein interaktiver Film, dessen lineare Geschichte wir verfolgen, ohne sie groß beeinflussen zu können.

Harold und Fischalien blicken auf die Alienwelt

Slow Bros.

Die einzigartige Ästhetik der Figuren und Sets wurde in liebevoller Kleinstarbeit handgefertigt, in ein Programm übertragen und zum Leben erweckt. Die Details sind bemerkenswert und der Stil ist retrofuturistisch. Es wirkt wirklich so, als hätten Menschen in den 70er Jahren die Erde verlassen und im Weltraum ganz neue Stilelemente hinzugefügt. Selbst die Musik erinnert an die Hits jener Zeit, was in der dunklen Unterwasserwelt zur ohnehin herrschenden Melancholie beiträgt.

Ein Kunstwerk mit Ecken und Kanten

Bei allem Enthusiasmus über die gelungene Gestaltung, sollen auch ein paar kleinere Schwachstellen nicht unerwähnt bleiben. Das Spiel wurde zwar in Deutschland hergestellt, hat aber nur eine englische Synchronisation erhalten. Die Untertitel sind allerdings in mehreren Sprachen verfügbar. Verbesserungspotential gäbe es auch bei der Steuerung, denn manchmal bewegt sich Harold sehr schwerfällig durch die Gänge, was zwar zu seiner Lethargie passt, aber doch mühsam werden kann. Generell darf man sich vom teilweise langsamen Tempo nicht abschrecken lassen, denn es ist Teil der Erfahrung.

Entwickler arbeitet and Gesicht der Puppe

Slow Bros.

„Harold Halibut“ ist ein außergewöhnliches Spiel, das sich von der Masse abhebt. Wie viele Kunstwerke ist es nicht sofort zugänglich und verlangt uns etwas Geduld ab. Aber genau darin liegt die Kraft des Spiels. „Harold Halibut“ erzählt nicht nur eine Geschichte, sondern zieht uns als Spieler:innen in die Welt hinein. Man lebt auf dem Raumschiff mit und lernt, was es heißt, vom Rest des Universums isoliert zu sein. Es gibt Botengänge, lange Dialoge und viel Bürokratie, aber auch faszinierende Entdeckungen, berührende Erinnerungen und die Hoffnung auf ein Leben danach. Eine klare Empfehlung, in diese ungewöhnliche Welt abzutauchen.

Mehr im FM4 Spielekammerl

Wir nehmen euch mit auf das Raumschiff und tauchen mit euch ab in die faszinierende Welt von Harold Halibut. Alina Brandstötter und David Riegler testen das Game auf dem FM4 Twitch Kanal. Gestreamt wird wie jeden Donnerstag ab 17 Uhr auf twitch.tv/radio_fm4.

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