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Grafik: Sonne lässt die Kontinente auf der Erdkugel schmelzen

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OK, Doomer

Die weltweite wirtschaftspolitische Antwort auf Corona lässt nicht viel Grund zur Hoffnung für das Klima.

Von Albert Farkas

Zuerst die gute Nachricht: Österreich, und in letzter Sekunde sogar Deutschland, haben ihre Klimaziele für 2020 erreichen können. Ursache für diese die längste Zeit nicht für möglich gehaltene Leistung: Natürlich die Corona-Krise. Die durch die Dauerlockdowns bewirkte Rezession bietet freilich nur Stoff für eine Momentaufnahme. Wenn eine ausreichende Masse an Menschen gegen Covid geimpft worden ist, um eine Herdenimmunität herbeizuführen, und alles wieder zur Tagesordnung übergeht, wird das Jahr 2020 im Nachhinein nicht mehr als eine winzige Delle in den Anstieg des CO2-Spiegels in der Atmosphäre verursacht haben.

Leere Maria Theresien Straße in Innsbruck zum ersten Corona-Lockdown im März 2020

APA/MARKUS STEGMAYR

Menschenleeres Innsbruck im ersten Lockdown 2020

Um bei der Pandemiebeeindämmungsmaßnahmenmetrik zu bleiben: Eine Studie hat errechnet, dass es alle zwei Jahre einen weltweiten, monatelangen Lockdown brauchen würde, um das Weltklima auf Kurs des Pariser 1,5°-Ziels zu halten. Diese Art der Medizin ist für weite Teile der Öffentlichkeit in dieser Form natürlich nicht schmackhaft.

Der Begriff „Doomer“ hat sich als Trend-Bezeichnung für alle untröstlichen Pessimist*Innen, Schwarzseher*Innen und Schockstarren vor allem im Kontext des Umgangs mit der Erderwärmung etabliert.

Öl für den Konjunkturmotor

Knackpunkt sind die Konjunkturpakete, die die Regierungen der Welt als Reaktion auf Corona lanciert haben und lancieren werden, um ihre Wirtschaften wiederzubeleben. Weil der Menschheit nur noch weniger als 10 Jahre bleiben, um die Weichen für ein Erreichen des Pariser Klimaziels zu stellen, sehen viele Klimaforscher*innen die Antwort als letzte reelle Chance für einen effektiven Systemwechsel hin zu einer Postwachstums- oder zumindest einer klimafreundlicheren Wirtschaft.

Die Hoffnung auf so einen Effekt schwinden aber von Monat zu Monat. In sämtlichen Ländern, in denen Covid jetzt schon erfolgreich zurückgedrängt werden konnte, nähert sich der Treibhausgas-Ausstoß bereits wieder dem Vorkrisen-Niveau an, oder übertrifft dieses bereits. Das gilt übrigens auch für andere Abgase: Der Mount Everest, den die Einwohner*innen von Kathmandu auf dem Höhepunkt des Lockdowns ausmachen konnten, ist inzwischen wieder hinter dem Smog verschwunden, genauso wie die Sierra Madre bei Manila. Und die Wirtschaftsbelebungsmaßnahmen sind größtenteils klimablind: Von Australien über China bis Brasilien setzen die Regierungen der wirtschaftsmächtigsten Staaten auf willig und billig bereitstehende fossile Konjunkturkicks und retten klimaschädliche Unternehmen wie Fracking-Riesen oder ganze Branchen wie die Schwerindustrie, die ansonsten während der Krise nicht mehr rentabel gewesen wären.

Teilnehmer einer Fridays for Future Demon in Neu Delhi im September 2020 hält ein Schild mit der Aufschrift: "It's getting hot in here"

APA/AFP/Jewel SAMAD

Ein Fridays for Future-Demonstrant in Indien

Und während sich die Staaten in der Ankündigung immer ambitionierterer Klima(fern-)ziele überschlagen, bleiben fast alle von ihnen konkrete Pläne, wie im Pariser Prozess eigentlich vorgesehen, schuldig. Immerhin: Die USA haben angekündigt, unter ihrem neu gewählten Präsidenten Joe Biden wieder eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik einzunehmen.

Eine Erinnerung daran, wie es sich in (Teilen) einer +2°- Welt anfühlt: Unmenschlich.

Und Österreich?

Hier ist die Lage nicht viel rosiger. Trotz über einem Jahr grüner Regierungsbeteiligung ist der österreichische Klimaplan, der bei seiner Veröffentlichung von den Grünen selbst als schwer mangelhaft bezeichnet worden ist, noch nicht nachgebessert worden. Der von der Regierung letzte Woche verabschiedete Entschließungsantrag als Reaktion auf das Klimavolksbegehren (mit über 380.000 Unterschriften), der die Schaffung eines Klimarats der Bürger*innen sowie eines Klimakabinetts und eines wissenschaftlichen Beirats vorsieht, ist von Umweltorganisationen als Symbolpolitik kritisiert worden. Auf eine Erfüllung der Klimaziele für 2030 (mit einer mindestens 36%-igen Treibhausgasreduktion gegenüber 1990) würden derzeit also wohl nur die wagemutigeren Seelen wetten.

Klimaministerin Leonore Gewessler live bei FM4

Klimaschutz war eines der dominanten Wahlmotive bei der letzten Nationalratswahlen 2019. Die Wähler*innen haben die österreichischen Grünen damals ins Parlament zurückgewählt, und ihnen ein Mandat erteilt, sich für dieses Thema einzusetzen. Österreich ist eines von aktuell nur vier EU-Ländern mit einer grünen Regierungsbeteiligung. Aber wie macht sich dieser Umstand in der österreichischen Klimapolitik bemerkbar?

Darüber diskutieren wir am Freitag, 19.03. 2021, dem Datum des nächsten von Fridays for Future organisierten Weltklimastreiks, mit der ersten grünen Klima- und Umweltministerin, Leonore Gewessler, in FM4 Connected von 17:00 bis 18:00.

Wenn du Fragen an Leonore Gewessler hast, schick sie uns vorab per Mail oder ruf ab 17:00 an. Die Nummer ins Studio: 0800 226 996

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