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Geisterschloss im Prater in der Abenddämmerung

ORF.at/Christian Öser

Hello darkness, my old friend

Viele europäische Städte haben begonnen, die nächtliche Beleuchtung von bestimmten Gebäuden zu reduzieren. Das soll nicht nur Kosten sparen, sondern auch der Umwelt zugutekommen. Die medienwirksamen Aktionen sollen eine Vorbildwirkung erzielen, doch um wirklich Energie zu sparen, müsste die Politik einen Schritt weitergehen.

Von Ali Cem Deniz

Als erste österreichische Stadt hat Linz angekündigt, die Beleuchtung von Bauwerken und Brücken ab 23 Uhr abzudrehen. Auch Wien und Salzburg folgen. Außerdem wollen die Städte vermehrt auf stromsparende LED-Leuchtmittel setzen.

Die neu entdeckte Leidenschaft der Städte für den sparsamen Umgang mit Strom hat nicht zuletzt mit den steigenden Kosten zu tun, die auch die Städtebudgets unter Druck bringen, sagt Johannes Reichl vom Linzer Energieinstitut. „Grundsätzlich ist es gut, wenn auch Städte versuchen, Energiesparziele zu erreichen. Im aktuellen Fall ist das leider nicht langfristig am Klimawandel orientiert, sondern eher kurzfristig, um eine möglicherweise anstehende Gaskrise zu meistern.“

Vorbild für private Haushalte

Besonders wichtig sei dabei die Vorbildwirkung. Wenn Städte Objektbeleuchtung oder auch Parkplatzbeleuchtung einschränken und ihren Energiekonsum hinterfragen, sei das ein sichtbares Zeichen für private Haushalte und Betriebe.

Wichtig sei es zu fragen, welchen Nutzen ein bestimmter Energieverbrauch hat. Hell erleuchtende Schaufenster und Werbetafeln, Büros, die die ganze Nacht hell bleiben, 24 Stunden geöffnete Fitnessstudios sind selbstverständlich geworden. „Die Grenzen verschieben sich aber aktuell. Wenn die Energie teurer wird, muss ich mir einen größeren Mehrwert erwarten“, sagt Reichl.

Auf der anderen Seite gebe es in Städten neuralgische Punkte, wo es zu dunkelheitsbegünstigten Verbrechen kommt. „Ich hoffe, dass wir bei allen Maßnahmen, die wir jetzt treffen müssen, uns überlegen, was wir bisher von diesem Energieverbrauch bekommen haben und was wir erwarten können, wenn wir das zurückschrauben.“

Wie sich die Dunkelheit auswirkt

Während es viele Studien gibt, die zeigen, dass Insekten, Tiere und Pflanzen von einer Rückkehr der Finsternis profitieren würden, ist es unklar, wie sich die Dunkelheit auf die Menschen auswirkt. Ein befürchteter Anstieg der Kriminalität muss etwa nicht unbedingt eintreten, denn auch Einbrecher brauchen Licht und Schatten. Autodiebstähle etwa gehen laut Forscher*innen sogar deutlich zurück, wenn die Straßenbeleuchtung abgedreht wird. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Kriminelle den Einsatz von Taschenlampen vermeiden, um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Andererseits gibt es Studien, die zeigen, dass insbesondere Frauen sich weniger sicher fühlen, wenn es in der Stadt zu dunkel ist.

Fakt ist, dass nicht alle Menschen gleichermaßen von der Finsternis betroffen sind. Bisher wollen Städte ihre Straßenbeleuchtung beibehalten, doch die steigenden Kosten könnten auch zu drastischeren Maßnahmen führen. Im Vereinigten Königreich soll es im worst case sogar geplante Blackouts geben.

Den richtigen Strom sparen

Doch es geht nicht nur darum, irgendeinen Strom zu sparen, sondern jenen, der aus Gas produziert wird. Dessen Anteil ist in den Abendstunden besonders hoch, später in der Nacht wird wieder auf den nachhaltigeren Strom aus Speicherkraftwerken zurückgegriffen. Österreich habe in diesem Jahr viele hundert Stunden Strom produziert, ohne dafür Gas einzusetzen. „Diese Stunden sind aber vor allem in der Nacht, das heißt, wenn wir so wie Linz die Objektbeleuchtung um 23 Uhr abdrehen, ist das zwar gut, aber der Strom zu dieser Uhrzeit ist in vielen Fällen überhaupt nicht aus Gas gemacht.“ So würde man zwar Strom sparen, aber nicht Gas. Deswegen sollte die Politik einen Schritt weitergehen und an langfristigen Lösungen arbeiten, meint Reichl.

Haushalte sollten nicht bloß pauschal Strom sparen, sondern etwa die Waschmaschine zum richtigen Zeitpunkt einschalten, wenn der Anteil der erneuerbaren Energie besonders hoch ist. „Da führt kein Weg vorbei. Wir reden von unglaublichen Mengen an Sonnenenergie, die wir produzieren wollen. Wenn dieser Strom verbraucht werden soll, müssen wir Anreize schaffen, damit Bürger und Betriebe den Strom dann verwenden, wenn er erneuerbar gemacht wird.“

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