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Faber im Publikum

Amina Hensler

Genug war nie genug für ihn

Die Beziehung von Faber zum Wiener Publikum war schon immer eine ganz besondere. Das Open-Air-Konzert in der Wiener Arena am Mittwoch hat diese Bindung sogar noch verstärkt.

Von Alica Ouschan

Ich kann mich noch ganz genau dran erinnern, wie ich Faber das erste Mal live gesehen habe. Damals, vor sechs Jahren beim Poolbar Festival in Feldkirch, in der Zweierbesetzung aus Faber an der Gitarre und DJ RealMadrid an Posaune und Schlagwerk, gratis, irgendwann am frühen Abend. Eine Freundin hatte mir vorher seine bis dahin einzige EP vorgespielt, wir waren zu Beginn des Konzerts die einzigen, die wild tanzend und begeistert die Texte mitgesungen haben.

Bis heute bin ich überzeugt, dass nicht nur die Musik von Faber allein, sondern auch unser motiviertes Animieren dafür gesorgt hat, dass nach und nach immer mehr Leute näher gekommen sind und sich zum Takt bewegt haben. Nach dem Konzert hat sich der damals noch ganz jugendlich aussehende Faber bei uns bedankt. Wir haben ihm eine CD abgekauft und versprochen: „Das wird ganz groß.“ Wir sollten recht behalten.

Faber macht immer noch sein Ding, spielt heute noch viele der Songs, die er damals schon performt hat, auch sein Bandkollege und Freund DJ RealMadrid ist noch mit am Start. Die Anzahl der Leute, die dieses Ding feiern, ist aber seither kontinuierlich gestiegen. Genauso wie letztes Jahr, war auch dieses Jahr das Konzert in der Wiener Arena ausverkauft.

Das Einzige, was letztes Jahr toppen kann, ist heute Abend!

Ein gut durchmischtes, leicht angeheitertes Publikum lauscht begeistert den Klängen vom heimischen Support Act Ansa Sauermann, der musikalisch definitiv in die Kategorie „könnte Faber Fans gefallen“ gehört und sehr zur Begeisterung des Publikums ein Kazoo mitgebracht hat. Anschließend wird ein dramatischer schwarzer Vorhang zugezogen, die Vorderseite der Bühne mit roten Plastikrosen dekoriert. Die hatte Faber schon vor zwei Jahren mit dabei - also wenn schon Plastik, dann immerhin mehrfach recycelt. Die Arena ist kein fremdes Pflaster für den Schweizer und seine Band, seit mehreren Jahren stattet er uns hier regelmäßige Besuche ab und freut sich darüber immer wie ein kleines Kind.

Schon letztes Jahr war das Arena Open Air mit Faber ein unvergessliches Erlebnis. Als der Vorhang sich langsam öffnet und Faber mit einer zurückgenommenen Version von „Highlight“ in den Abend startet, wissen alle bereits, was er wenig später aussprechen wird: „Wir waren letztes Jahr schon hier. Das Einzige, was das noch toppen kann, ist der heutige Abend!“ Das lässt sich das Publikum nicht zweimal sagen, singt die Zeilen umso lauter mit, textsicher bei alten wie neueren Songs. Die zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass in ihnen trotz ihrer Tiefe immer auch ein Augenzwinkern steckt und Faber gern alles und jeden - am liebsten sich selbst und seine eigenen Gefühle - subtil durch den Kakao zieht.

So erzählt er uns, wie schon so oft die Geschichte von Julian und Lisa, die sich sehr geliebt haben, aber deren Beziehung irgendwann in die Brüche ging. Julian hat dann mit Clara aus dem Büro geschlafen und es Lisa verheimlicht, die hatte einen Crush auf Jonas, aber wollte unbedingt, dass es doch mit Julian klappt. Irgendwann ist sie dann abgehauen, und Julian war so wütend, dass er einen Song über Lisa geschrieben hat. Wenn er dann aber das Wort „Nutte“ trotz aller Wokeness noch immer nicht aus seinem Song „Sei ein Faber im Wind“ streicht, dann gleicht er es immerhin durch konsequentes Gendern aus oder durch behutsame, aber bestimmte Bühnenansagen, wie etwa die Aufforderung, dass auf seinen Konzerten niemand begrabscht, oder unangenehm angeschaut wird: „Wir haben heute einen wunderbaren Abend, alle sind willkommen!“

Ein Drama in drei Akten

Nicht nur die Hingabe des Publikums, auch Fabers stimmliche Performance und seine Bühnenpräsenz haben sich mit den Jahren gesteigert. Es ist immer wieder beeindruckend, wie er wirklich alles, bis zum letzten Euzerl, an Emotion aus sich herausholt. Nach dem ersten Akt schließt sich der Vorhang, es ist Zeit, die Wasserwerke aufzudrehen.

Jetzt steht Faber alleine mit Gitarre vor dem schwarzen Vorhang. Der Moment für politische Messages, Wutbürger und Widerstand. Dann öffnet sich der Vorhang erneut, für den dritten Akt. „In der Pandemiezeit, die alle genutzt haben, um neue Songs zu schreiben oder anders kreativ zu sein, hab ich genau zwei Dinge gemacht“, erzählt Faber. „Ich bin nach Wien gezogen, das war die beste Entscheidung meines Lebens.“ Der Applaus ist ein Willkommensgruß an den Faber, der jetzt einer von uns ist. Willkommen zuhause! „Und zweitens hab ich an einem halbherzigen Emo-Song auf Schwyzerdütsch gearbeitet.“ Der heißt „De Tüfel het viel Gsichter“ und ist alles andere als halbherzig.

Oh, Julian, du hast unseren Segen!

Jetzt ist wieder Zeit zum Tanzen angesagt. Faber, der in den letzten Jahren eher Berührungsängste hatte, haut sich mitten ins Publikum für den ersten Teil der Zugabe. „Vor einem Jahr habe ich mir noch gedacht, ich will diesen Beruf nie wieder machen“, sagt Faber, als er wieder auf der Bühne steht und die Liebe des Publikums aufgesaugt hat, die wie ein Goldregen auf ihn einprasselt. „Aber seit dem letzten Open-Air-Konzert hier hab ich gewusst, dass ich das mein ganzes Leben lang machen will!“

Er ist Musiker, für seine Fans. So lotet er die Zeit bis zur Sperrstunde bis zuletzt gnadenlos aus: Zweieinhalb Stunden Spielzeit ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit und ein absoluter Hochgenuss, für alle Anwesenden. Selbst als alles zu enden scheint, geht es noch weiter. Das Publikum darf sich die Zugaben wünschen. Ganze acht Songs werden noch gespielt.

Wenn ich mir eines zum Abschluss wünschen darf, dann dass Faber sein Versprechen uns gegenüber hält und sein Leben lang weitermacht. Er selbst hat ja bereits vor Jahren schon gesagt: „Genug war nie genug für mich!“ Eine Sache noch. Jetzt, wo er in Wien wohnt, sollte es heißen: „Die Bim ist leer“, oder? Ein Wunder, dass in Wien überhaupt wer weiß, was eine Tram ist. Aber bei ihm ist es eh wurscht, ob wir ihn verstehen oder nicht - ob Italienisch, Schwyzerdütsch oder Esperanto, Faber geht direkt ins Herz. Danke für ein weiteres wundervolles Konzert.

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