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Das Recht zu Protestieren

Jeder hat das Recht zu protestieren. Außer in Russland, Belarus, China, Nordkorea und anderen Diktaturen. Das Recht auf Protest gehört zu den Basisrechten der Demokratie.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Man muss oft etwas opfern, um ein größeres Ziel zu erreichen. Für mich persönlich sind Proteste immer wieder nützlich. Zum Beispiel vor einigen Jahren in Paris. Als ich dort auf Besuch war, wurde der öffentliche Verkehr von einem Streik lahmgelegt. Ich musste also einen Tag lang einen Kinderwagen ungefähr 15 Kilometer weit schieben. Das war gut für meine Gesundheit. Also je mehr Proteste, desto gesünder werden wir.

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Proteste sind auch ein unvergessliches kollektives Erlebnis. Ich war mal mit einem Bekannten von mir aus Frankreich auf irgendeinem Branchenprotest in Wien. Vor dem Protest machte er eine Runde im Park, um seinen Rucksack mit Steinen zu füllen. Er suchte sie sorgfältig aus – nicht zu klein und nicht zu groß. Ein Protest ist kein wahrer Protest, meinte er, wenn man keine Steine wirft. Haben eigentlich schon mal Polizisten gegen das Steinewerfen protestiert? Oder finden sie Proteste ohne Steine auch unlustig? In Berlin am 1. Mai zum Beispiel schaut das Steinewerfen fast wie choreografiertes Ritual aus.

Aber Proteste haben schon immer auch etwas Theatralisches in sich. Ich kenne einen alten Mann aus Bulgarien, der schon seit Jahrzehnten bei jedem Protest dabei ist. Und das immer in der ersten Reihe. Wenn er ab und zu einen Polizeiknüppel abbekommt, macht ihn das überglücklich. Das letzte mal sah ich vor kurzem mit einem Plakat, wo nur „Runter mit euch!“ stand. Das Plakat sah schon alt und abgenutzt aus, aber der alte Demonstrant hatte immer noch Feuer in den Augen.

Jetzt protestiert man in Frankreich gegen die Anhebung des Pensionsalters. In vielen europäischen Ländern ist das Pensionsalter deutlich höher als in Frankreich, aber die Franzosen haben natürlich recht. So wie die Griechen vor einigen Jahren, die „Ohi“ zum Sparkurs der EU sagten. Sie schrien „Ohi, ohi!“ auf der Straße und wurden aber schließlich gezwungen „Ne“ (ja) zu sagen. Denn die gesellschaftlichen Erwartungen und die finanzielle Lage schienen zwei verschiedene Paar Schuhe zu sein.

Hier in Österreich wurde das Pensionsalter bereits angehoben, deshalb protestiert man derzeit nicht. Aber die Parks sind voll mit Steinen, deshalb müssen die Regierenden ständig aufpassen.

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