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Bitcoin über Satellit

Die Blockchain ohne Internetverbindung herunterladen: Satellitenverbindungen bieten eine neue Möglichkeit zum Betreiben von Bitcoin-Netzknoten. Das ist vor allem wichtig für Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Kryptowährungen haben in den neun Jahren seit ihrer Einführung eine mit dem Wachstum von E-Mail und World Wide Web vergleichbare Entwicklung vollzogen. Das schnelle Wachstum macht es jetzt nötig, Skalierungsprobleme zu lösen, Flaschenhälse zu beseitigen und den Zugang in den ärmeren Regionen der Welt zu erleichtern. Progammierer aus der Open-Source-Community und Unternehmen auf der ganzen Welt arbeiten an Lösungen, das kalifornische Startup-Unternehmen Blockstream hat jetzt einen innovativen Ansatz präsentiert.

Ein Cypherpunk mit Visionen

Blockstream wird von Adam Back geführt, einem der ersten, echten Cypherpunks. Der geniale Informatiker hat im Jahr 1997 Hashcash vorgestellt, ein Proof-of-Work-Protokoll, das wesentlich für das Funktionieren von Bitcoin und anderen Kryptowährungen ist.

Adam Back

Blockstream

Adam Back

Ein Teil der Vision von Blockstream ist es, Bitcoin zu streamendem Geld zu machen - Kryptowährung, die in Millionstelbruchteilen eines Cent millionenmal pro Sekunde um die Welt fließt. Menschen lassen sich nicht mehr einmal pro Monat oder Woche für ihre Arbeit bezahlen, sondern jede Sekunde. Programmierbares Geld fließt zwischen selbstfahrenden Autos, Smartphones und Kaffeeautomaten.

In der Debatte, wie man das am besten erreicht, geht es um die Struktur des Netzwerks an sich. Denn bei Bitcoin handelt sich um ein weltweites peer-to-peer-System, das sich aus tausenden gleichberechtigten Netzwerk-Knoten (Nodes) zusammensetzt. Jeder Knoten besitzt eine Kopie der Blockchain, in der alle Bitcoin-Transaktionen der letzten neun Jahre aufgezeichnet sind. Nachträgliche Änderungen sind aufgrund von Verschlüsselung und Proof-of-Work nicht möglich. Dieses System ist sehr sicher, derzeit aber auch noch recht behäbig.

Voraussetzung für fließendes Geld

Um die Vision von Geld, das wie Wasser fließen kann, zu verwirklichen, sind zwei Dinge notwendig. Erstens: Das Bitcoin-Protokoll, das derzeit nur etwa drei bis fünf Transaktionen pro Sekunde ermöglicht, muss um zusätzliche Layers erweitert werden - analog dem Internet, für dessen reibungsloses Funktionieren mittlerweile über 400 verschiedene, übereinandergeschichtete Protokolle (TCP/IP, HTTP, POP/SMTP etc.) zuständig sind.

Zweitens: Möglichst vielen Menschen auf der Welt muss es möglich sein, die Blockchain herunterzuladen und einen Bitcoin-Node zu betreiben. Adam Back und sein Startup Blockstream arbeiten an der Lösung beider Probleme. Man kann Bitcoin zwar auch benützen, ohne einen eigenen Node zu betreiben - für das möglichst effiziente Funktionieren des Netzwerks ist eine möglichst große Zahl an Nodes aber wünschenswert.

Mehr Nodes über Satellit

Die jetzt vorgestellte Satelliten-Verbindung ist ein Teil der Lösung. Dank ihr können Menschen in Nord- und Südamerika, Europa und Afrika (und bald auch im Rest der Welt) mittels einer handelsüblichen TV-Satelitenschüssel die derzeit 160 Gigabyte große und ständig weiter wachsende Bitcoin-Blockchain ohne jegliche Kosten downloaden und damit einen funktionierenden Node aufsetzen.

Satelitenkarte

Blockstream

Um von diesem Node aus Geld senden oder empfangen zu können, ist zwar trotzdem noch eine herkömmliche Verbindung zum Internet nötig - weil eine Bitcoin-Transaktion im Durchschnitt aber nur 250 Byte groß ist, kann diese Internetverbindung sehr viel kleiner und günstiger ausfallen, als wenn man die ganze Blockchain über sie herunterladen und betreiben müsste.

Als Computer zum Betrieb eines solchen Knotens reicht ein Raspberry Pi mit Festplatte. Blockstream Satellite verringert also die Eintrittshürde für Bitcoin-Nodes und gleichzeitig deren Abhängigkeit von Internet-Service-Providern.

Blockstream sendet die Blockchain derzeit von drei Sateliten: Galaxy 18 (Nordamerika), Eutelsat 113 (Südamerika) und Telstar 11N (Afrika und Europa).

Gerade jene Länder mit den instabilsten und teuersten Internetverbindungen der Welt sind häufig auch die Länder mit den instabilsten Währungen. Zwar ist auch die Volatilität von Bitcoin enorm, doch sie nimmt mit der wachsenden Zahl ihrer Benutzer und der steigenden Marktkapitalisierung über die Jahre ab. Im Vergleich mit höchst inflationären Währungen wie dem venezolanischen Bolívar und dem argentinischen Peso sieht Bitcoin ohnehin geradezu stabil aus - bei deutlich besserer Kursentwicklung.

In den folgenden zehn Jahren werden wir exponentielles Wachstum von Kryptowährung bei gleichzeitig zunehmender Dezentralisierung beobachten – das Satelitenprojekt von Blockstream ist Teil davon. Adam Back plant, mehr Sat-Verbindungen zu leasen, um den ganzen Planeten abdecken und ein möglichst redundantes System aufbauen zu können: Der einzige Kontinent, den Blockstream Satelite nicht abdecken wird, ist die Antarktis.

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