FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Hipster Hippie Fake Style

CC0 Creative Commons

mit akzent

Moderne Hippies

Was braucht man, um glücklich zu sein? Ein Stück Brot, eine Zwiebel und eine Mittelklasseyacht.

Von Todor Ovtcharov

Diese Siedlung ist ein “Hippieparadies”. So zumindest steht es in der Beschreibung unseres Airbnbs. Das Städtchen befindet sich ungefähr 40 Kilometer von Lissabon, Portugal. Unsere Hippieunterkunft ist gleich beim Strand. Da ich schon immer auf Hippies gestanden bin, mache ich mich auf dem Weg dorthin. Ich summe leise “Hey Joe” und denke mir, dass ich gleich in Woodstock ankommen werde.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov und sein satirischer Blick auf das Zeitgeschehen - jeden Mittwoch in FM4 Connected und als Podcast.

„Die Leiden des jungen Todor“ - Das Buch mit den gesammelten Kolumnen gibt es im FM4 Shop.

So erreiche ich den Ozean. Im Schatten der mediterranen Bäume sind unzählige teure Autos geparkt, deren Marken ich leider nicht kenne. Ich merke, dass ich das falsche Lied singe. Vielleicht soll ich auf Janis Joplin umsteigen. „My friends all drive Porsches, I must make amends.“

Ich frage einen Passanten, ob ich nicht am falschen Ort bin, und ob ich tatsächlich im Hippieparadies bin. Er zeigt auf das Meer. Dort schieben einige Dutzend deutsche und französische Jungs und Mädels ihre Surfboards ins Wasser, unter den munteren Schreien ihrer portugiesischen Surflehrer. Ich glaube, ich bin eher in „Baywatch“ als in „Hair“. Diese modernen Hippies sind mehr modern als Hippies.

Die Surferburschen haben Körper wie griechische Götter und sehen wie Leute aus, die es „geschafft“ haben und so leben können, wie sie wollen. Ist das alles, frage ich denselben Passanten. Das ist nur der Anfang, sagt er, die Saison beginnt gerade. Bald werden die jungen Menschen mit Surfboards nicht einige Dutzend, sondern einige tausend sein. Sie sehen glücklich aus in ihre bunten Neoprenanzügen. Am Abend gibt es dann eine Party. Am nächsten Tag wird wieder gesurft. Dann wieder gefeiert. Und so weiter, einige Monate lang, bis der Herbstregen den letzten Surfer in die Berge spült. Dort wird er das Surfboard gegen ein Snowboard tauschen.

Fake Style "Hippie" Frau mit Feder Kopfschmuck

CC0 Creative Commons

Ich frage meinen neuen Bekannten, was er da mache. „Ich bediene die modernen Hippies“, sagt er. Einen Hippie zu bedienen hört sich komisch an. Anscheinend sind die „modernen Hippies“ die Menschen mit dem Geld.

Am Abend bin ich auf einer Surferparty. „Genieß‘ das Leben, Mann!“, sagt ein Surfer zu mir. Ich gebe mir Mühe, sage ich. Ich surfe zwar nicht, aber die mediterrane Küche gefällt mir. „Woher kommst du?“, fragt er. „Aus Bulgarien“. In seinem Gesicht sehe ich Misstrauen. „Aber ich wohne in Wien“. Sein Gesicht entspannt sich. Er klopft mir mit seiner muskulösen Surferhand auf die Schulter und verschwindet in die Nacht.

Was braucht man, um glücklich zu sein? Ein Stück Brot, eine Zwiebel und eine Mittelklasseyacht, singt die bulgarische Band Wickeda.

Aktuell: