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CC BY-SA 2.0 by Axel Schwenke via Wikicommons

Erich Moechel

Funkamateure protestieren gegen neues Gesetz

Im Verkehrsministerium trafen hunderte negative Stellungnahmen von Funkamateuren zur geplanten Novelle des Telekommunikationsgesetz ein. Hauptgrund sind die geplanten Ablaufdaten der individuellen Funkrufzeichen, die weltweit und bis jetzt de facto lebenslang gültig sind.

von Erich Moechel

Die Novelle zum Telekomgesetz steht kurz vor ihrer Verabschiedung im Ministerrat. Zu dieser an sich wenig spektakulären Gesetzesanpassung gab es bis zum Auslaufen der Begutachtungsfrist Ende Juli allerdings mehr als 500 Stellungnahmen. Das Gros dieser Eingaben betrifft nicht einmal die Telekoms, sondern den einzigen nicht-kommerziellen Dienst, der neuerdings im Telekomgesetz geregelt wird. Die Funkamateure laufen Sturm gegen die geplanten neuen Regelungen der Lizenzvergabe.

Titelbild: CC-BY-SA 2.0 by Axel Schwenke via Wikicommons.

Die sehen nämlich vor, dass die individuellen, weltweit gültigen Rufzeichen nach fünf Jahren automatisch verfallen sollten. Eine Zusicherung, dasselbe Rufzeichen danach erneut zugeteilt zu bekommen und damit weiternutzen zu können, ist im Gesetzestext nicht vorgesehen. Gestrichen werden soll auch das explizite Recht auf die Erteilung einer Amateurfunklizenz, sobald die staatliche Prüfung absolviert wurde. Genau dieselben Regelungen waren bereits 2014 Teil einer Novelle, die nach Einsprüchen etwa von Bundesheer und Rettungsdiensten ersatzlos gestrichen worden war. Aktuell wurde dazu eine Anfrage an das Bundeskanzleramt gestellt.

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Mit den Zivilschutzverbänden Niederösterreich, Salzburg und mehreren anderen Bundesländern arbeiten die Funker eng zusammen und halten gemeinsame Übungen ab.

Funkrufzeichen als Aufreger

Leicht verständliche Einführung in die Basics des Amateurfunks von Radio FM4

Der Grund für die Aufregung sind primär die Funkrufzeichen, die nicht nur in Österreich, sondern in den meisten Staaten immer schon de facto ein Leben lang galten - außer sie wurden vom Inhaber zurückgelegt. Die sechsstelligen Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen sind der einzige Identifikator für einen Funkamateur. Nur darunter und mit dem Vornamen ist man bekannt, Nachnamen spielen praktisch keine Rolle. Dem Autor dieses Artikels wurde zum Beispiel das Rufzeichen OE3EMB zugeteilt. OE steht für Österreich, die „3“ für Niederösterreich, das Suffix EMB enthält die Initialen, letzteres ist allerdings reine Konvention, die nur gilt, falls die gewünschte Kombination noch frei ist.

Das Rufzeichen ist bis zu einem gewissen Grad also ein „Wunschkennzeichen“, das in allen internationalen Amateurfunk-Datenbanken so gelistet ist. Ein guter Teil der Funker nimmt an internationalen Funkerwettbewerben teil oder jagt eines der unzähligen Diplome, die es weltweit für alle möglichen Funksportarten gibt. Für manche Diplome - etwa in jeden Bundestaat der USA eine Funkverbindung aufgebaut zu haben - braucht es ein ganzes Leben lang, wenn es überhaupt gelingt. Mit dem Verlust des Rufzeichens wären also auch all diese Anstrengungen obsolet.

Kommunikation auf dem Postweg

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Aus den Erläuterungen der Ministerialbeamten zum Gesetz. Ihre Forderung nach "zeitgemäßer IT-Unterstützung tauchen nicht nur mehrfach in den Erläuterungen auf, sondern sind sogar unter den drei Eckpunkten der Gesetzgebung gelistet.

Diese geplante Änderung ist offenbar nicht auf eine Initiative der Bundesregierung zurückzuführen, sondern geht von Beamten des Verkehrsministeriums (BMVIT) aus, die immer schon für den Amateurfunkdienst zuständig waren. Dabei passt die geplante Neuregelung denn auch nicht in die mittlerweile sichtbar gewordene Linie von Justizministerium und Bundesregierung, deren erklärtes Ziel ja ist, obsolete Gesetze zu streichen, bürokratische Hürden abzuschaffen und dabei einzusparen.

Seit Jahrzehnten steht der 1. Mai im Zeichen einer österreichweiten Notfunkübung mit den Bezirkshauptmannschaften, Rettungsdiensten und Bundesheer.

Die geplanten Neuregelungen zum Amateurfunk bewirken das aber eher nicht: Da die einmal erlangte Lizenz bis dato lebenslang gültig war, konnte man sich im Verkehrsministerium darauf beschränken, einmal pro Jahr den Eingang der - derzeit noch durchaus moderaten - monatlichen oder jährlichen Gebühren zu überprüfen. Sobald das Gesetz in Kraft ist, müssen erst einmal alle etwa 6.300 in Österreich derzeit vergebenen dauerhaften Lizenzen samt Neuanträgen auf dem Postweg an das BMVIT zurück übermittelt werden.

Mindestens zwei Dutzend solcher Funktrucks und Busse, die mit leistungsstarken Funkanalagen für alle möglichen Frequenzbänder bis hin zu drahtlosem Breitband ausgerüstet sind, stehen im Notfall ebenfalls bereit, um die Behörden zu unterstützen.

„Der sich ergebende Mehraufwand“

Dort müssen dann neue temporäre Rufzeichen ausgegeben und regelmäßig überprüft werden, welche Lizenz wann abläuft und deren Inhaber an das Ablaufen der Lizenz erinnert werden. Dass dies für alle Seiten einen beträchtlichen Mehraufwand mit deutlich höheren Verwaltungskosten darstellt, wird auch von den verfassenden Beamten selbst erklärt. Der sich durch „die Einführung einer Befristung sämtlicher Amateurfunkbewilligungen ergebende Mehraufwand für die Fernmeldebehörde“ werde dann durch die „beabsichtigte Umstellung der Bewilligungserteilung auf ein IT-unterstütztes Verfahren (§ 113 Abs. 7) mehr als abgefedert werden“, heißt es in den Erläuterungen.

Übersetzt heißt das, die beabsichtige Neuregelung wird aufwändiger und daher teurer als die bestehende. Dem lässt sich nur begegnen, indem noch zusätzlich in die Verwaltung investiert wird. Dass eine Behörde im für Telekommunikation zuständigen Ministerium im Jahr 2018 erwägt, ein „IT-unterstütztes Verfahren“ einzuführen, ist überhaupt bemerkenswert.

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Auch an dieser Stelle wird „ein IT-unterstütztes Verfahren“ durch die Beamten eingemahnt.

Angebliche Rufzeichen-Knappheit

Der Grund, warum die Lizenzen überhaupt ablaufen sollen, sei die Verknappung der Ressource „Rufzeichen“, heißt es in den Erläuterungen zum neuen Gesetz. Derzeit seien 6.288 Rufzeichen in Umlauf, jährlich würden 300 neue Lizenzen vergeben, das sei eine Steigerung zwischen zwei und drei Prozent. Daher seien „dringend Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Rufzeichenraums erforderlich“.

Allerdings stehen mit dem derzeitigen System insgesamt etwas mehr als 13.500 mögliche Rufzeichen zur Verfügung. Mehr als 7.500 Rufzeichen waren aber von den bescheidenen Anfängen 1927 bis in die Blütezeit des analogen Amateurfunks der 1970er und 80er Jahre in Österreich nie gleichzeitig vergeben. Seit Mitte der 90er waren dann sogar jahrelange Rückgänge zu verzeichnen gewesen. Dasselbe gilt für Deutschland, wo der Abwärtstrend allerdings weiter anhält. In Österreich leitet man aber nun von den aktuellen, sehr moderaten Zuwächsen eine linear hochgerechnete Rufzeichenknappheit ab.

Die Aufsichtsbehörde und der Tod

Im Erläuterungstext zur Gesetzesnovelle gibt es darüber hinaus noch weitere etwas irritierende Passagen. So heißt es zum Beispiel, „das Erlöschen von Amateurfunkbewilligungen durch Tod des Bewilligungsinhabers“ werde der „Behörde oft erst Jahre durch einen Zufall bekannt“. Da Tote keine Gebühren mehr bezahlen, müsste das dabei eigentlich je nach Zahlungsmodalität automatisch entweder binnen dreier Monate, spätestens aber nach Jahresfrist der Behörde bekannt werden. Nicht weniger merkwürdig sind die Erläuterungen zu § 81, die längere Auslandsaufenthalte von Funkamateure betreffen, die zum Lizenzentzug führen können.

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Dies kann passieren, wenn für „die mit der Aufsicht über den Amateurfunkdienst betrauten Behörden“ keine „Möglichkeit besteht, im Falle von Störungen unmittelbar in Kontakt mit dem Bewilligungsinhaber zu treten“. Wie eine im Inland befindliche Funkanlage, deren Betreiber sich im Ausland aufhält, überhaupt in Österreich zu Funkstörungen führen könnte, wird dabei nicht erläutert.

Recht auf Schutz vor Störungen gestrichen

Bei der Neufassung des gesamten Gesetzestexts wurden mehrere, bisher bestehende Passagen, die Rechte von Funkamateuren formulieren oder implizieren, so umgeschrieben, dass diese Implikationen eben nicht mehr abzuleiten sind. Bis jetzt bestand in Österreich ein Recht darauf, dass die Fernmeldebehörden - wie bei allen anderen Funkdiensten - gemeldeten Störungen der Amateurfunkbänder nachzugehen haben. In Hinkunft heißt es: „Durch die Erteilung der Amateurfunkbewilligung wird keine Gewähr für einen störungsfreien Amateurfunkbetrieb übernommen.“

Das neue „HFGeo“-System des Pentagon erforscht die Ionosphäre und den Kurzwellenbereich nicht zu Navigationszwecken, sondern vielmehr zur exakten Zielerfassung.

Im Vertrag der Internationalen Telekommunikationsunion (ITU) von 1983, den die Republik Österreich mitunterzeichnet hat, steht hingegen explizit, dass sämtliche Funkdienste gegen alle Störungen geschützt werden müssen. Dem Amateurfunkdienst widmet der ITU-Vertrag dabei gleich ein ganzes Kapitel.

Die erstmals im Gesetz dezidiert festgehaltene Verpflichtung für Amateurfunkstellen, ihre Stationen im Notfall zur Verfügung zu stellen, wird von den Funkern hingegen einhellig begrüßt. Die künftig auch in Österreich gesetzlich festgeschriebene Pflicht für Funkamateure, auf jeden Notruf sofort zu reagieren, steht nämlich im während der 1920er Jahre entstandenen globalen Ethik-Kodex der Funker - genannt „Ham Spirit“ - an oberster Stelle. Wer auf einen Notruf nicht reagieren sollte, würde von der Community der Funker sozusagen mit dem nassen Fetzen davongejagt.

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Die betreffende Passage aus dem Gesetzestext.

Die unbekannten digitalen Netze der Funker

Die jüngsten Zuwächse an Amateurfunkern in Österreich sind vor allem auf ein konzertiertes Ausbildungssprogramm des Österreichischen Versuchssenderverbands während der letzten paar Jahre zurückzuführen. Ein absoluter Schwerpunkt dabei sind digitale Funkprotokolle. Allein im Wiener Hackerspace Metalab wurden in den letzten Jahren weit mehr als 150 überwiegend junge Menschen aus dem IT-Sektor durch gestandene Funktechniker weitergebildet, und diese „Hacker“ geben ihr spezielles Wissen seitdem an die Funktechniker weiter.

Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. sind über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor einzuwerfen. Verbindungen via TOR-Netz willkommen. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.

Anders als die Fernmeldebehörden verfügen die Funker längst über ein „zeitgemäße IT-Unterstützung“ und die haben sie - wie fast alles - selbst gebaut und finanziert. Mit dem österreichischen Breitband-Funknetz Hamnet, das auf TCP/IP-Basis, aber unabhängig vom Internet funktioniert, steht etwa ein Backbone-Ring rund um Österreich zur Verfügung, der vergleichsweise gut gegen Stromausfälle abgesichert ist. Diese für Notfallkommunikation tauglichen Netze werden im Lauf des Herbsts anlassbezogen hier vorgestellt.

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