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Trettmann

Finn Bündert

Alles bunt und fresh bei Trettmann

Trettmann hat mit dem Release der EP „Your Love is King“ ein neues Kapitel in seiner Karriere aufgeschlagen. Schwarz-Weiß war gestern. Die Zukunft ist bunt und klingt dank frischem Team im Rücken erfrischend locker.

Von DJ Phekt

Die Wolken haben sich verzogen und die guten Vibes sind zurück. Nach durchaus schwierigen Jahren und der Trennung von seinem alten Produktionsteam Kitschkrieg hat sich Trettmann künstlerisch neu aufgestellt. Es ist sein dritter Karrierefrühling.

Mehr als 20 Jahre ist es her, seit der aus Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in der früheren DDR kommende Artist mit Reggae-Dancehall-Sounds in sächsischem Dialekt als Ronny Trettmann erstmals überregional bekannt wurde und damit durchaus Erfolge feiern konnte.

Dann ist etwas passiert, was man als Musikmärchen bezeichnen kann. Mit Mitte 40 hat er sich gemeinsam mit den Produzenten von Kitschkrieg völlig neu erfunden und mit „DIY“ eines der wichtigsten deutschsprachigen Rap-Alben der letzten Jahre veröffentlicht. Ein absoluter Klassiker, der dank Songs wie „Grauer Beton“ oder „Billie Holiday“ unglaublich gut gealtert ist.

Vom Musikmärchen zum Albtraum

Zeitgemäße Rap-Ästhetik, R&B, UK-Sounds, karibische und moderne Afrobeats: Trettmann und Kitschkrieg haben gemeinsam eine Rezeptur gefunden, die ihn künstlerisch in völlig neue Höhen gepusht hat. Die CI war Schwarz-Weiß, alles reduziert aufs Wesentliche.

Plötzlich war Trettmann Headliner bei riesigen Festivals. Die Konzertvenues wurden immer größer, die Streamingzahlen sind explodiert. Der bescheiden wirkende Artist war plötzlich in der Mitte des Popstarzirkus angekommen.

Kurz nach dem Release des Nachfolgealbums „Trettmann“ wurde die Welt dann von der Pandemie ausgebremst. Von 100 auf 0. Der Rausch des Karrierehöhenflugs wurde von höherer Gewalt ausgebremst. Kollektiver Stillstand. Über diese Zeit haben wir letztes Jahr im Rahmen des Releases von „Insomnia“ ausführlich hier gesprochen.

Mit neuem Team in Südfrankreich

„Insomnia“ war geprägt von einem melancholischen Vibe und den Nachwirkungen einer düsteren Zeit im Leben von Trettmann. Es war die letzte Platte mit Kitschkrieg, die Konzerte vergangenen Sommer fühlten sich nicht zu 100 Prozent richtig an. Trettmann wollte mehr neues Material live spielen. Und hat dann die geplante Tour abgesagt und viele Termine verschoben.

Fast forward in die Gegenwart. Mit den Produzenten Dexter, Ahzumjot, Florida Juicy, Levin Lucca und einigen anderen hat Trettmann im letzten Jahr ein komplett neues Team zusammengestellt. Mit dem Ziel, ein neues Soundbild für die Zukunft zu finden.

Gemeinsam sind sie nach Limoux in Südfrankreich gereist und haben dort in einem alten Gutshaus mit Studios in kollaborativen Sessions an neuen Songs gearbeitet. Das war, wie Trettmann vor ein paar Tagen im FM4 Interview erzählt hat, eine kreative Offenbarung. Alle Songs der jetzt erschienenen EP „Your Love is King“ sind dort entstanden.

Trettmann: „Wir sind gleich zur Tat geschritten, obwohl wir am ersten Tag eigentlich chillen wollten. Es ist alles in Jam-Sessions entstanden. Es haben sich kleine Gruppen gebildet. Ich war dabei und eingebunden und konnte Input bei Geschwindigkeit un Tonart geben oder mir mal eine Kuhglocke wünschen. Es war ein guter Spirit insgesamt.“

Während ich diese Zeilen schreibe, ist Trettmann mit seiner Crew schon wieder in Limoux und arbeitet an weiteren Songs. Die EP, die soeben in einer Deluxe-Version mit neuen Bonus-Tracks erschienen ist, war sozusagen nur ein Teaser für das, was da noch kommen wird. Ein kleiner Gruß aus der Kreativküche.

Trettmann: „Ich hab begriffen, dass ich der rote Faden bin. Egal, was es für Beats sind oder mit wem ich zusammenarbeite. Meine Stimme und meine Stories halten die Geschichte zusammen. Egal, ob über einem Uptempo-Beat oder in Balladenform. Ich war schon immer versatile. So viel hat sich eigentlich nicht geändert. Das Umfeld ist einfach ein neues. Und ich hab auch neuen Input.“

Trettmann

Finn Bündert

Alte Wege öffnen keine neuen Türen. Es lohnt sich immer weiterzudenken.

Die Songs der „Your Love is King“-EP sind von einem wesentlich positiveren Grundton geprägt als der letzte Release. Einer der stärksten Songs der Platte ist „Nach allem, was war“. Eine Kollabo mit Uschi Brüning, einer Soul- und Jazz-Ikone aus der ehemaligen DDR, deren Platten damals via AMIGA Records erschienen sind. Max Herre hat bei diesem Track mitgeschrieben.

Der Song thematisiert einmal mehr Trettmanns DDR-Wurzeln, mit einem Fokus auf jenes Kapitel seiner Kindheit, in dem vor der Wende Aufstände der Bevölkerung vom eigenen Sicherheitsapparat brutal niedergeschlagen wurden.

Trettmann: „Das hat damals dafür gesorgt, dass sich mein gesamtes Weltbild erstmals verschoben hat. Über diesen Aspekt der Geschichte wird viel zu wenig gesprochen. Über die damalige Bürgerrechtsbewegung, die da völlig überrannt wurde.“

Foto einer Maske, die man sich über den Kopf ziehen kann

Trettmann

„Your Love is King“

Auf der neuen Single „Whip“ hört man Trettmann erstmals zusammen mit RIN in einem Song. Eine Kollabo, die schon lange im Raum stand und die nun endlich passiert ist.

Auf seinem Instagram-Kanal teilt Trettmann seit Wochen Storys zu den einzelnen Songs. Mit spannenden Details wie zum Beispiel der Tatsache, dass Florida Juicy der Sohn der deutschen Techno-Legende Stephan Bodzin ist. Für „Woanders“ hat er sogar einen Teil des Songs „Astronautin“ seines Vaters gesampelt. It’s a family affair.

Fazit von Trettmann: „Es lohnt sich immer weiterzudenken. Nach neuen Wegen zu suchen, nicht stehen zu bleiben und sich zu öffnen für Neues. Egal ob Sounds oder Menschen. Ich bin auch dankbar für das Wohlwollen meiner Zuhörer:innen, die so lange auf neue proper Songs warten mussten. Und auch auf Liveshows. Ich bin momentan einfach nur happy, am Start sein zu können und das tun zu können, was mir am meisten Spaß macht. Sound.“

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