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Bilder der #wirsindmehr Demo und Konzerte aus Chemnitz

Jan Hestmann / Radio FM4

65.000 Menschen bei Konzert gegen Fremdenhass in Chemnitz

Ein spektakulärer Abend gegen Fremdenhass unter dem Motto #wirsindmehr geht in die Musikgeschichte ein. Und die Stadt Chemnitz wird damit für immer verbunden sein.

Von Jan Hestmann

Unter dem Motto #wirsindmehr haben sich 65.000 Menschen in Chemnitz versammelt und ein Zeichen gegen Rassismus, Fremdenhass und Gewalt gesetzt. Auslöser war ein kurzfristig organisiertes Gratis-Konzert, bei dem Die Toten Hosen, Kraftklub, Casper, Marteria, K.I.Z., Trettmann, Feine Sahne Fischfilet und Nura gespielt haben.

Ursprünglich hätten die Konzerte direkt vor dem Karl-Marx-Denkmal in Chemnitz stattfinden sollen. Da der Zuspruch im Vorfeld aber derartig groß war, ist man auf einen naheliegenden, wesentlich größeren Platz ausgewichen. Die Organisatoren sind von 20.000 Menschen ausgegangen. Diese Zahl durfte am Ende dann noch massiv nach oben korrigiert werden. Der Platz war schließlich zum Bersten voll, und auch in den umliegenden Straßen der Chemnitzer Innenstadt herrschte dichtes, ausgelassenes Gewusel.

Bilder der #wirsindmehr Demo und Konzerte aus Chemnitz

Jan Hestmann / Radio FM4

Dabei hatte die Veranstaltung einen sehr ernsten Hintergrund. Und den betonten auch die Organisatoren und die teilnehmenden Bands mit Nachdruck. Gestartet wurde der Abend um 17 Uhr auch mit einer Schweigeminute für den kürzlich in Chemnitz erstochenen 35-Jährigen, dessen Tod eine Hetzjagd durch Rechtsextreme auf MigrantInnen in Chemnitz zur Folge hatte. Auf die rassistischen Ausschreitungen reagierte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) kürzlich mit dem Sager: „Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen.“ Gemeint ist damit, Zivilcourage gegen Fremdenhass zu zeigen. In die Praxis umgesetzt haben das nun die Organisatoren und Bands rund um #wirsindmehr sowie die 65.000 Menschen, die Montag Abend gekommen waren.

Kraftklub Sänger Felix Brummer

APA/dpa/Sebastian Willnow

Kraftklub Sänger Felix Brummer

Es waren auch viele Spendensammler in der Menge unterwegs. Gesammelt wurde für die Familie des Getöteten sowie für zivilgesellschaftliche Oranisationen, die sich gegen Rassismus und Fremdenhass stark machen. Dass ein Konzertabend allein keine Wunder wirkt, wissen aber auch die beteiligten Musiker und betonten das in der vorangegangenen Pressekonferenz mehrfach. „Wir dürfen nicht naiv sein. Ein Konzert ändert nicht alles“, sagte Kraftklub-Frontmann Felix Brummer,fügte dem aber hinzu, dass es aber gut sei, zu sehen, dass man nicht allein sei. Und Monchi von der ostdeutschen Ska-Punkband Feine Sahne Fischfilet: „So ein Konzertabend ist nicht alles, aber es ist ein Anfang.“

Die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft

Dabei gehe es aber nicht um einen Kampf zwischen Rechts und Links, merkte Campino von den Toten Hosen während der Pressekonferenz an, es gehe jeden etwas an, egal welcher Coleur er oder sie angehöre. Und als die Toten Hosen dann als letzter Act auf die Bühne steigen und Campino singt: „Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft“, da passt genau dieser Satz perfekt in das überwältigende Szenario. 65.000 Menschen stehen hier und wünschen sich, dass dieser Abend etwas verändern mag. Ob er das wirklich tut, kann nicht beantwortet werden, aber die Vorstellung alleine hilft.

Bilder der #wirsindmehr Demo und Konzerte aus Chemnitz

Jan Hestmann / Radio FM4

Und dann noch ein Überraschungs-Highlight: Zu Campino und den Toten Hosen gesellen sich noch Arnim von den Beatsteaks und Rod von den Ärzten auf die Bühne und gemeinsam singen sie den Ärzte-Evergreen „Schrei nach Liebe“. Was für ein Finale - Gänsehaut, wie es nur in diesem ganz speziellen Setting möglich ist.

Ein großes Spektakel war es am Ende in jedem Fall. Sprechchöre aus vollem Hals, Transparente und Flaggen, fröhliche, optimistische Gesichter, wohin man sah. Und das in der Stadt, die in den letzten Tagen und Wochen so massiv in Verruf geraten war und über die auch ChemnitzerInnen auf der Straße berichteten, dass sich die Stimmung und auch das Sicherheitsgefühl merkbar verschlechtert habe.

Monchi und Marteria

APA/dpa-Zentralbild/Sebastian Kahnert

Monchi und Marteria

Was hier mit #wirsindmehr passiert ist, wird für jeden eine andere Relevanz haben, für manche mehr, für andere weniger. Eines ist Montag Nacht aber ganz klar - und der Rapper Marteria hat es im Vorfeld bereits prognostiziert, indem er große Worte gefunden hat: diese Veranstaltung geht in die Musikgeschichte ein - als ein starkes Zeichen gegen Fremdenhass. Und Chemnitz wird mit diesem Eintrag unweigerlich immer in Verbindung stehen. Und das ist doch schließlich ein großer Gewinn für die zurzeit so gebeutelte Stadt.

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