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Sich beschweren ist (Staats-)Bürgerpflicht

In jedem EU-Land sind die Voraussetzungen ein Staatsbürger zu werden ein bisschen unterschiedlich. In Österreich ist die Prozedur bei Einbürgerungen besonders kompliziert und man braucht unendlich viele die Unterlagen. Es gibt sogar eine Prüfung!

Von Todor Ovtcharov

Meine Freundin G. wohnt seit zehn Jahren hier, hat einen Job, zahlt jede Menge Steuern und hält sich an alle Regeln. Sie hat nicht mal einen Strafzettel für falsches Parken - und das obwohl sie ständig Auto fährt. G. ist eine Musterstaatsbürgerin. Aber keine österreichische Staatsbürgerin. Und jetzt hat sie vor eine zu werden.

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Am schwierigsten war es für sie anfangs mit der österreichischen Nationalhymne. Sofort wenn sie nach Hause kommt fängt G. zu singen an. “Laaaand der Berge, Laaaaand am Strome” von morgens bis abends. Durch das viele Üben singt sie mittlerweile stadionreif. Es kam aber zu einem Problem: Ein Nachbar beschwerte sich, dass sie zu viel singt. G. erwiderte, dass sie nur die Hymne übte, doch dem Nachbarn war das ziemlich wurscht. Er meinte sie solle sofort aufhören zu „quietschen“.

Wie konnte man so über die Hymne schimpfen, dachte sich G. Vielleicht, weil dieser Nachbar, obwohl er bereits ein österreichischer Staatsbürger war, einen slowenischen Migrationshintergrund hatte. G. dachte kurz darüber nach, sich irgendwo zu beschweren, dass ihr Nachbar kein guter Staatsbürger sei. Aber wo sollte sie sich wohl beschweren? Bei der Polizei? Sie wollte lieber nichts mit der Polizei zu tun haben - damit das nicht ihr einwandfreies Images stört.

G. seufzt und ärgert sich, dass sie nicht in Athen lebt. Sie hat irgendwo gelesen, dass jeder, der mehr als 300.000 Euro in die krisenerschütterte griechische Wirtschaft investiert, auch die griechische Staatsbürgerschaft bekommen würde. Das funktioniert mit der österreichischen zwar angeblich auch, aber kostet offenbar Millionen, wer soll sich das leisten.

In Griechenland gibt es jetzt also viele neue russische, chinesische und indische Griechen, die das Land aus der Wirtschaftskrise rausholen. Die Griechen sind da offenbar sehr pragmatisch: Es ist viel besser reiche Staatsbürger zu haben, als solche die die Hymne gut singen. Noch pragmatischer sind die Bulgaren - da zahlt man angeblich 5000 Euro an dem richtigen Mann und bekommt die bulgarische Staatsbürgerschaft. Deshalb wurde neulich auch der Direktor jener staatlichen Agentur, die die Staatbürgerschaften verleiht angeklagt. Der ist zwar von der mitregierenden „patriotischen“ Partei eingesetzt worden, aber sein Schaffen war wohl dann doch nicht so patriotisch.

Doch das passiert weit weg am Balkan. G. sitzt in der Kneipe nebenan, hört ihren Liebling Voodoo Jürgens um österreichische Dialekte zu üben und denkt nach. Da fällt ihr ein, dass sie sich über ihren Nachbarn beschweren soll, da er immer am Sonntag wäscht und ihr das Schleudern den Schlaf raubt. Sie rennt schnell nach Hause, klingelt bei ihm und beschwert sich laut und deutlich.

Der Nachbar hat mit diesem Angriff nicht gerechnet: „Wenn du dich über sowas aufregst und dich beschweren kommst, dann bist du eine echte Österreicherin!“ Jetzt müssen nur noch die Behörden davon erfahren.

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