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Erich Moechel

Die USA planen Raketenstationierung im All

Das gerade gestartete „Glide Breaker“-System zur Abwehr russischer Hyperschallraketen kann nur im All stationiert werden. Vorzeitig verraten hat das der US-Präsident höchstselbst.

Von Erich Moechel

Der große Vorsprung Russlands bei Hyperschalltechnologie zeigt sich nicht nur an der neuen Interkontinentalrakete „Avangard“. Mit der „Zircon“ verfügt die russische Marine bereits über eine einsatzbereite „Cruise Missile“, die achtfache Schallgeschwindigkeit erreicht. Wie die jüngste Serie hochdotierter Aufträge des Pentagon an Rüstungsfirmen zeigt, ist die Aufholjagd der USA voll angelaufen.

Ende November wurde ein Projekt namens „Glide Breaker“ von der militärischen Forschungsagentur DARPA ausgeschrieben. Das Projekt ist hochgeheim, bekannt ist bis jetzt nur, dass es sich um eine Abwehrrakete handelt, ebenfalls mit Hyperschallantrieb. Ihr entscheidendes Feature aber hatte Präsident Donald Trump selbst bereits davor mit seinem Schwadronieren über eine „US Space Force“ verraten, denn eine solche Abwehrwaffe kann nur im All stationiert werden.

Missiles

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„Glide Breaker wird eine Technologie entwickeln, die für eine fortgeschrittene Abwehrwaffe gegen Hyperschallrakteten nötig ist. Kernaspekte des Glide-Breaker-Programms stehen unter Geheimhaltung“, heißt es in der Ausschreibung.

Wie der Hyperschall-Nachbrenner funktioniert

Serie, Teil II

Das Hauptproblem der US-Seite scheint immer noch die Hitzebeständigkeit der Kanten und der Leitwerksstummel zu sein

Wie schon der Name sagt, soll das „Glide Breaker“ sogenannte „Glider“ abfangen und zerstören. Darunter verstehen die Militärs den Gefechtskopf, der beim Start mit einem herkömmlichen Raketenantrieb in relativ steilem Winkel abgefeuert wird. Auch nach dem Scheitelpunkt - Flughöhe und andere wichtige Parameter sind noch unbekannt - wird weiter beschleunigt, bis der Flugkörper wieder in etwas dichtere atmosphärische Schichten herunterkommt. Dann wird der Raketenantrieb abgetrennt.

Nur während dieser ersten Flugphasen ist ein Abfangversuch überhaupt vorstellbar und der kann eben nicht vom Boden, sondern nur aus großer Höhe erfolgen. Sobald die angreifende Rakete etwa Mach 5 ( 6.000 Km/h) erreicht hat und die Sauerѕtoffdichte hoch genug ist, springt mit der „Scramjet“-Turbine eine Art Nachbrenner an. Das ist eine speziell konstruierte Turbine ohne bewegliche Teile mit einer Einspritzpumpe für Wasserstoff und einer Zündung, die erst so richtig für Beschleunigung sorgt.

Zircon Missile

Zircon Missile

Diese Grafik stammt aus einer russischen Militärpublikation und stellt den Zircon-Marschflugkörper dar.

Der Flug der Zircon

Nach diesem Prinzip funktionieren alle Hyperschallantriebe, ob sie mit mit Interkontinentalraketen wie das russische „Avangard“-System oder als Marschflugkörper abgefeuert werden. Eine solche „Cruise Missile“ ist die russische Zircon, in der Grafik, die von der russischen Marine stammt, sind beide Antriebe gut zu sehen. Der konventionelle Raketentrieb ist ganz hinten, der „Scramjet“-Turbo sitzt unten am Bauch dieses „Gliders“, die spezielle Form des Lufteinlasses sorgt für die nötige hohe Verdichtung in der Brennkammer dahinter.

Serie, Teil I

Der erste US-Auftrag für eine Hyperschallschnelle Interkontinentalrakete mittlerer Reichweite kam erst im November. Das russische Gegenstück „Avangard“ ist bereits in Auslieferung.

In diese letzten Flugphasen fällt auch die höchste Beschleunigung. Anfang Dezember hatte eine russische „Zircon“ bei einem erfolgreichen Testflug über knapp 500 Kilometer - das ist die typische Reichweite derzeitiger Cruise Missiles - ein Tempo von 9.600 Km/h oder Mach 8 erreicht. Herkömmliche Cruise Missiles fliegen vergleichsweise gemächlich um die 800 Kmh, etwa so schnell wie die „Cruising Speed“ eines Verkehrsflugzeugs.

Unsichtbar für jedes Radar

In dieser krassen Diskrepanz manifestiert sich der Quantensprung in der Raketentechnik durch die Scramjet-Antriebe besonders klar. Gegen einen solchen Gefechtskopf, der bei achtfacher Schallgeschwindigkeit auch noch unberechenbare Manöver fliegen kann, gibt es in dieser letzten Flugphase überhaupt keine Abwehrmöglichkeit. Auch auf dem Radar ist dieses etwa drei Tonnen schwere Geschoss nicht sichtbar, weil es in einer Plasmawolke von mehreren tausend Grad fliegt und auf selbst ausgelösten Schockwellen verdrängter Luft mit 10.000 Km/h dahergebrettert kommt.

Die erste Präsentation des „Glide Breaker“-Projekts für eine auf spezielle Rüstungsfirmen beschränkte Öffentlichkeit fiel auf den Proposers’ Day der DARPA Anfang September 2018. Die Teilnehmer mussten dazu mindestens über „Top Secret“-Status verfügen, um überhaupt etwas zu erfahren, in den Folien zur Veranstaltung ist der „Glide Breaker“ gar nicht erst enthalten. Auf der Website der DARPA gibt es dazu gerade einmal fünf dürre Sätze und natürlich gar nichts über die Einsatzsphäre dieser Abwehrwaffe.

Missiles

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Mit dieser DARPA-Grafik wurden die wenigen Berichte von US-Militärzeitschriften zum „Glide Breaker“-Projekt unterlegt. Es stellt aber offenbar eine „Cruise Missile“ dar.

Trumps Schwadronaden von einer „Space Force“

Bereits 2004 hatte eine Rakete der NASA vom Typ X-37 erstmals einen sehr kurzen Testflug mit Mach 7 absolviert. Der erwartete Durchbruch war jedoch ausgeblieben.

Das „Glide Breaker“-Projekt ist nur eines aus einer ganzen Reihe von hochdotierten Forschungsaufträgen, die von den US-Militärs im März quasi aus dem Boden gestampft worden waren. Das geschah in Reaktion auf die vielbeachtete Rede Wladimir Putins vom selben Monat, in der vom „Avangard“-System abwärts die gesamte neue Waffengattung Hyperschallraketen vorgestellt worden war.

Genau da hatte Präsident Trump erstmals von einer „Space Force“ zu schwadronieren begonnen, und dass die USA dringend ein eigenes Militärkommando für den Weltraum brauchen würden. Warum genau, sagte Trump hingegen nicht. Im Juni hatte alleine Lockheed Martin bereits 1,5 Milliarden Dollar für Hyperschallprojekte zugeteilt erhalten und Vizepräsident Mike Pence gab den Aufbau einer „Space Force“ auch offiziell bekannt. Im September präsentierte die DARPA das „Glide Breaker“-Projekt, das im November bereits ausgeschrieben wurde, es geht also Schlag auf Schlag.

Vorläufiges Fazit

Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. können über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor eingeworfen werden. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.

Ein hohes Aufholtempo ist aus Sicht der US-Militärs auch dringend nötig, denn der große Vorsprung Russlands bei Hyperschallwaffen stellt die strategische Überlegenheit der USA in Frage. Die Zircon ist ein Flugzeugträgerkiller, mit diesen Carriers aber steht und fällt die US-Dominanz der Weltmeere. Das Avangard-System ist überhaupt eine strategische Erstschlagswaffe - wenn sie tatsächlich Atomsprengköpfe transportieren kann.

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