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Überwachungskameras

Pixabay / CC0

Erich Moechel

Abkommen EU-USA zur gegenseitigen Überwachung startet

Obwohl die Uneinigkeit im Ministerrat die EU-Verordnung zur grenzüberschreitenden Überwachung blockiert, ist die Kommission dabei, Verhandlungen mit den USA über wechselweisen direkten Zugriff auf Daten durch die Strafverfolger aufzunehmen.

Von Erich Moechel

Die EU-Verordnung zur grenzüberschreitenden Überwachung im Netz („E-Evidence“) wird in dieser Legislaturperiode des Parlaments wohl nicht mehr fertig. Der Entwurf hängt seit Dezember im Ministerrat, Deutschland und mehrere andere EU-Staaten verlangen eine aktive Rolle für die eigene Justiz, wenn ausländische Strafverfolger auf Daten und Telefonate in ihrem Hoheitsgebiet zugreifen wollen.

Obwohl es EU-weit also keine Einigung gibt, ist die Kommission gerade dabei, Verhandlungen mit den USA über ein Abkommen zu starten. Ein Durchsuchungsbefehl aus den USA würde Provider und Telekoms in Österreich zur Herausgabe von Benutzerprofilen und Metadaten verpflichten, ganz ohne Beteiligung der heimischen Justiz. Dadurch können europäische Strafverfolger allerdings auch Facebook und andere zur Datenherausgabe zwingen, das ist der Hintergrund.

Cross Border

EU Kommission

Das Abkommen zwischen der europäischen Union über den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln, steht hier samt Begleitdokumenten zum Download

„Es kann sehr schnell gehen“

Im Dezember ward die Verordnung zu E-Evidence das letzte Mal gesehen. Die Ankündigung, sie werde bereits im Jänner dem Parlament übermittelt, erwies sich angesichts der Uneinigkeit im Rat als verfrüht.

Die Initiative wurde Anfang Februar ohne viel Aufhebens gestartet; als erstes wurde ein Orientierungsdokument zum rechtlichen Rahmen und dem Verhältnis der geplanten Regelung zu anderen internationalen Verträgen vorgelegt. Das am 6. Februar veröffentlichte Arbeitspapier wurde bereits auf Parlamentsebene erstellt und ist schon in der zweiten Version angelangt. Adressiert ist es direkt an den Ministerrat, weil der das Vorhaben formell in Auftrag geben muss.

„Es kann also plötzlich alles ganz schnell gehen“, schreibt Zeit-Kolumnist Martin Klingst in seiner aktuellen Analyse. Klingst geht davon aus, dass der Vorschlag den USA bereits im Juni vorgelegt werden soll und warnt vor einem drohenden Ausverkauf der Privatsphäre. Hauptkritikpunkt in Deutschland ist nämlich die Ausschaltung der deutschen Gerichtsbarkeit, denn Behörden aus dem EU-Ausland sollen ja direkt bei Providerfirmen und Telekoms vorstellig werden.

E-Evidence

EU Kommission

Hier heißt es im Arbeitsdokument, dass die Kommission bewusst vom bisherigen Weg der gegenseitigen Zusammenarbeit der Justizbehörden abgegangen sei. Lokale Behörden seien nur dann einzuschalten, wenn es Probleme mit dem lieferpflichtigen Interprovider gebe. Die Analyse in der „Zeit“ zum Thema

Zwist im Ministerrat

Die EU-Verordnung zur Beweissicherung im Netz wurde im Frühjahr 2018 als Reaktion auf den „Cloud Act“ in den USA gestartet.

Daran und an den von der Kommission gesetzten kurzen Fristen zur Herausgabe kompletter Profile und Metadaten von Benutzern an Behörden aus anderen EU-Staaten hatte sich der Zwist unter den EU-Staaten Anfang Dezember entzündet. Frankreich, Spanien, Belgien und Irland waren für den bestehenden Entwurf der Kommission, ohne Einschaltung der nationalen Gerichtsbarkeit. Deutschland, die Niederlande, Ungarn, Tschechien und Griechenland wollten das nicht, Österreich und andere haben sich bei dieser Abstimmung bedeckt gehalten.

An sich wollen alle Staaten hier dasselbe, nämlich die routinemäßige Herausgabe von Benutzerdaten durch US-Plattformen wie Facebook und Co. Dass aber Staatsanwälte aus den USA dann auch in Europa etwa die Herausgabe von Daten verlangen können, ist in Europa wiederum umstritten. Der Grund der europäischen Begehrlichkeiten ist, dass immer mehr Anfragen der Strafverfolger Daten in der Cloud beträfen, heißt es von der EU-Kommission dazu.

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Aus dem europäischen Entwurf: EPOC bedeutet „European Production Order Certificate“, inhaltlich ist es eine Durchsuchungs- und Übermittlungsorder im Rahmen von E-Evidence, die grenzüberschreitend gilt. Bei Gefahr im Verzug sind die Daten innerhalb von sechs Stunden zu liefern. Die aktuelle Ministerratsversion der Verordnung im Volltext.

Beschleunigung durch Umgehung

Dieser Versuch, die grenzüberschreitende Herausgabe von Daten durch die Umgehung des jeweiligen nationalen Justizsystems zu beschleunigen, resultiert aus dem unbefriedigenden Ist-Zustand. Angeblich dauert eine solche grenzüberschreitende Datenweitergabe von einem Justizsystem ins andere jetzt bis zu zehn Monate; das soll auf zehn Tage reduziert werden.

Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. sind über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor einzuwerfen. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.

Deshalb sieht der Plan der EU-Kommission vor, die Komplexität des Vorgangs einfach dadurch zu reduzieren, dass eines der beiden beteiligten Rechtssysteme dabei schlicht ausgeschaltet wird. Man ist der Ansicht, dass Reziprozitätsverträge wie etwa das „Privacy Shield“-Abkommen mit den USA ausreichen, um adäquaten Datenschutz nach europäischen Standards auch in den USA zu sichern.

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