Drakonische „Lex Huawei“ unterwegs durch den US-Senat
Von Erich Moechel
Seit Dienstag sind zwei fast gleichlautende Gesetzentwürfe auf dem Weg durch den US-Senat, die drakonische Maßnahmen gegen den chinesischen Mobilfunkausrüster Huawei vorsehen. Der soll nicht nur vom 5G-Markt in den USA ausgeschlossen werden, auch in den USA verbautes LTE-Equipment der Firma soll eliminiert werden. Ein eigens dafür geschaffener Fonds zur „Sicherung der Lieferkette“ wird mit mehr als einer Milliarde Dollar dotiert.
Sechs Senatoren beider Parteien - darunter Prominte wie Marco Rubio, Mitt Romney (beide R) und Mark Warner (D) - wollen so gesetzlich verhindern, dass Präsident Donald Trump den Boykott von Huawei im Handelspoker mit China als Trumpf ausspielen kann. Eine weitere Eskalation des Handelskriegs ist damit programmiert.
Public Domain
Die Konsequenzen der Lex Huawei
Im Februar warnte das US-Außenministerium vor Schadsoftware, „Killswitches“ und möglichem Großdiebstahl „geistigen Eigentums“, wenn Equipment von Huawei in den kommenden 5G-Netzen verbaut werde.
Anders als das Trump’sche Präsidialdekret im Mai nennt der Gesetzentwurf die beiden chinesischen Telekomausrüster direkt beim Namen, während im Präsidialdekret nur von Firmen, die ein Risiko für die Nationale Sicherheit darstellen, die Rede ist. Das Dekret hatte zwar einen weiteren Erlass des Handelsministeriums zur Folge, der Firmen aus den USA de facto alle Geschäfte mit Huwaei verbietet. Beides kann jedoch mit einem Federstrich zurückgenommen werden. Wird das Gesetz nun im Senat verabschiedet, braucht Trump für jedes politische Manöver rund um Huawei die Zustimmung von beiden Häusern im Kongress.
US-Firmen wird zudem auch alles andere untersagt, was Huawei sonst noch im Portfolio hat: Smartphones, Cloud-Services und Carrier-Dienste. Strenggenommen müssten damit auch Peering-Abkommen mit Huawei verboten sein, die für den Datenverkehr aus den USA nach China und vice versa nötig sind. Huawei hat schon nach dem ersten Dekret Trumps angekündigt, sein internationales Carrier-Netz zu verkaufen, allerdings an eine andere chinesische Firma namens Hengtong Optic-Electric. Die Gesetzesinitiative im Senat ѕorgt nun dafür, dass auch dieses Unternehmen als Sicherheitsrisiko eingestuft und ebenfalls vom US-Markt ausgeschlossen wird.
Huawai Marine
Subventionen und Protektionismus
Nicht in China sondern im European Telecom Standards Institute werden gerade offizielle Hintertüren für 5G-Netze entwickelt. Sie dienen zur Überwachung durch die Polizeibehörden.
Um bereits verbaute Komponenten von Huawei bei Mobilfunkern, Providern und auch Carriern aus dem Verkehr zu ziehen, wird der „Supply Chain Security Trust Fund“ mit zweimal 700 Millionen Dollar bestückt. Der dient dazu, kleinere Mobilfunk- und Providerfirmen in den USA, bei denen besonders viele Huawei-Komponenten verbaut wurden, beim Wechsel auf andere Anbieter zu subventionieren. Huawei-Produkte für Mobilfunknetze kommen im Schnitt um wenigstens 40 Prozent billiger als vergleichbares Equipment von Ericsson, Nokia und drei weiteren Lieferfirmen.
Bezeichnend sind die im Gesetzestext festgehaltenen Ausnahmen. So fallen zwar sämtliche Unternehmen darunter, die 5G-Komponenten herstellen und in China niedergelassen sind. Allerdings nur, wenn sie für chinesische Firmen produzieren, andere Unternehmen, die über Tochterfirmen in China produzieren lassen, sind davon ausgenommen. Damit kann Qualcomm, der letzte große Mobilfunk-Zulieferer, der den USA geblieben ist, auch weiterhin in China fertigen lassen.
Public Domain
EU-Kartellstrafe für Qualcomms „Muss-Geschäft“
Im Sommer 2018 wurden „Sensationsmeldungen“ - die sich als haltlos erwiesen - über manipulierte, chinesische Hardware für die Clouds von Amazon und Apple lanciert.
Die in der breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Qualcomm hatte am Mobilfunkmarkt von Anfang bis zu zum LTE-Standard heftig mitgeschnitten und zwar auschließlich über seine Patente, denn über eigene Fertigungsstätten verfügt Qualcomm nicht. Die wichtigste Patentfamilie betrifft die sogenannten Baseband-Chips, die den Funkverkehr eines Mobiltelefons abwickeln. Hier verfügte Qualcomm jahrelang über ein Quasi-Monopol, dementsprechend wurden die Lizenzen für Baseband-Chips zum teuersten Einzelfaktor in jedem Smartphone.
Wegen solcher Praktiken wurde Qualcomm von der EU-Kommission am Donnerstag mit einer Geldstrafe von 242 Millionen Euro belegt. Dem US-Unternehmen wird vorgeworfen, seine Baseband-Chipsets für 3G-Smartphones um 2010 unter dem Einstandspreis verkauft zu haben, um einen aufstrebenden britischen Konkurrenten namens Icera aus dem Markt zu drängen, was auch gelang. Die Abnehmer der Qualcomm-Chips vor zehn Jahren waren zwei strategisch wichtige Unternehmen aus Asien, nämlich ausgerechnet Huawei und die gleichfalls chinesische ZTE.
Public Domain
Strenger Hautgout von Protektionismus
Die waren damals noch auf Lizenzen von Qualcomm angewiesen. Bei den Patenten für 5G hat Huawei Qualcomm schon als Marktführer abgelöst und diese Position mit einer Rekordzahl an einschlägigen Patenten abgesichert. Darunter sind auch solche auf Baseband-Chips und Basistationen, 2018 war Huawei weltweit der einzige Anbieter, der dieses 5G-Equipment bereits liefern konnte.
Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. sind über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor einzuwerfen. Verbindungen via TOR-Netz willkommen. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.
Die beiden Gesetzesinitiativen im Senat umweht also ein strenger Hautgout von Protektionismus. Denn abgesehen von der politischen Formel „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ findet sich im Text kein einziger Verweis auf mögliche Hintertüren in der Huawei-Software für Spionagezwecke. Mit dieser Behauptung hatte die US-Regierung davor auf allen Ebenen zwei Jahre lang Stimmungsmache gegen Huawei betrieben.
Diskutiere mit!
Publiziert am 21.07.2019