Oktober ist der Open Hardware Month
Sebastian Pichelhofer ist Filmemacher. Seit elf Jahren beschäftigt er sich damit, eine professionelle, digitale Kino-Filmkamera zu entwickeln, die selbst gebaut werden kann und deren innere Vorgänge nachvollziehbar sind.
Jede kommerziell vermarktete Kamera, sagt Pichelhofer, sei eine „Black Box“: ein durch Patente und Geheimnisse geschützter Kasten, dessen Funktionsweise nicht verstanden und verändert werden kann. „Wir wollen uns sozusagen die Technologie und die Möglichkeiten des Pinsels, den ein Maler verwendet, zurückerobern – und nicht nur die Kameras so verwenden, wie die großen Hersteller denken, dass sie jeder verwenden möchte." Es sei ein Akt der Selbstbefreiung, so Pichelhofer. „Wir wollen das, was wir kreativ anwenden, auch komplett steuern und kontrollieren können.“
Apertus
Eine solche Kamera gibt es jetzt nach elfjähriger Arbeit des Entwicklerteams Apertus. Sie heißt Axiom, ist modular aufgebaut und kann von Interessierten selbst nachgebaut, modifiziert und weiterentwickelt werden. Denn die Pläne für Open-Hardware-Projekte werden, ähnlich wie Software in der Open-Source-Bewegung, veröffentlicht und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.
Christoph Weiss
Sebastian Pichelhofer mit Axiom-Kamera
„Jeder kann die Bausteine und Anleitungen nachahmen, verändern, erweitern und umbauen“, sagt Pichelhofer. „So entsteht eine Art von Ökosystem, wo jeder in ein Gemeinschaftswohlprojekt Zeit, Kreativität und Technologie hineinstecken und auch wieder herausnehmen kann.“
Das Open-Hardware-Konzept hat auch in der Wissenschaft einen hohen Stellenwert. Eines der derzeit wichtigsten Projekte ist der Teilchenbeschleuniger von CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung in Genf. „Dort ist es sehr wichtig, dass die Messungen und die gesamte wissenschaftliche Kette der Datenverarbeitung komplett transparent und nachvollziehbar sind.“
Für Sebastian Pichelhofers Axiom-Kamera interessieren sich mittlerweile nicht nur Filmemacher, sondern auch Journalisten auf der ganzen Welt: „Vor allem Journalisten, die in Krisengebiete reisen und verhindern wollen, dass das gedrehte Material, das sie mit einer Kamera dort aufzeichnen, in die falschen Hände geraten könnte. Dafür wäre zum Beispiel Kryptographie, um Videomaterial zu verschlüsseln, eine gute Lösung.“
Veranstaltungen im Open Hardware Month
Der Oktober steht im Zeichen der Open Hardware Bewegung. In diesem Open Hardware Month gibt es Veranstaltungen in ganz Europa, Amerika und Asien.
Federführend ist das in Wien ansässige Research Institute for Applied Technologies (RIAT): Es veranstaltet nicht nur in Österreich, sondern z.B. auch die Open Hardware Dialogues in Tokio. In Athen leitet Matthias Tarasiewicz vom RIAT ein Panel mit österreichischen Kryptograph*innen und Sicherheitsforscher*innen. In Prag gibt es einen Open-Hardware-Workshop beim Hackers Congress Paralelni Polis.
Eine Übersicht zum Open Hardware Month gibt es auf der Website der Open Source Hardware Association (OSHWA).
Publiziert am 03.10.2019