FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Klaus Schwertner, der Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, vor dem Caritas-Lager ("carla") Mittersteig in Wien

APA/GEORG HOCHMUTH

Caritas fordert direkte Armutsbekämpfung

Immer mehr Menschen spüren die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie. Nicht alle erhalten, die Hilfe, die sie benötigen. Deswegen fordert die Caritas eine „Solidaritätsmiliarde“

Von Ali Cem Deniz

In diesen Tagen laufen die Leitungen der Corona-Nothilfe der Caritas heiß. Es rufen viele an, die zum ersten Mal in ihrem Leben in einer finanziellen Notsituation sind. „50 Prozent der Menschen, die sich an uns wenden geben an, dass sie sich nie gedacht hätten, dass sie von der Caritas Hilfe brauchen,“ sagt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Hilfsorganisation.

Die strengen Maßnahmen, die Österreich relativ früh getroffen hat, haben, zumindest vorerst, die Verbreitung des Coronavirus stark eingedämmt. Sie haben aber auch zu einem historischen Anstieg der Arbeitslosigkeit beigetragen. Inzwischen sind über 570.000 Menschen ohne Job. Besonders prekär sei auch die Lage von Selbstständigen und Einzelpersonenunternehmen, die von einem Tag auf den anderen ihr Einkommen verloren hätten, so Klaus Schwertner.

Armutsbekämpfung über Umwege

Seit Beginn der Krise versucht die Bundesregierung, die schweren Nebenwirkungen der Corona-Maßnahmen mit Hilfsfonds abzudämpfen. Besonders spektakulär sind die 38 Milliarden Euro, die in die Wirtschaft fließen sollen. So sollen (Kurz-)Arbeitsplätze gesichert werden und ein Abrutschen in die Armut verhindert werden.

Die direkten Maßnahmen zur Armutsbekämpfung verblassen im Vergleich. Neben einer Anpassung der Notstandhilfe an das Arbeitslosengeld, hat die Regierung einen Familienhärteausgleich im Umfang von 60 Millionen Euro versprochen. Doch gerade die Ärmsten bekommen von diesem Geld am wenigsten. Denn die Hilfe geht vorrangig an Familien, bei den ein Elternteil bis zum 28. Februar erwerbstätig war. Je nach Familiengröße erhalten sie 1200 Euro pro Monat. Arbeitslose und Notstandsbezieher, die bereits vor dem 28. Februar arbeitslos geworden, bekommen hingegen 50 Euro pro Kind. Die Unterstützung ist zeitlich auf maximal drei Monate begrenzt.

Für Sozialwissenschaftlerin Karin Heitzmann von der WU Wien ist das zu wenig.„Das ist natürlich besser als nichts. Ich fürchte, dass diese Krise in drei Monaten nicht vorbei sein wird. Das heißt, dass man sich auch in der Wirtschaftspolitik mittel- und langfristige Lösungen überlegen muss.“ sagt Heitzmann.

Man dürfe nicht nur den Umweg über die Wirtschaft gehen, um Armut zu bekämpfen. Stattdessen könnte man klassische Leistungen wie Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oder Familienzuschläge ausstatten. Auch in der Mindestsicherung gebe es Möglichkeiten, mehr auszuzahlen, aber dazu müsste die Ausgleichszulage in der Pensionsversicherung erhöht werden, so Heitzmann.

Eine „Solidaritätsmilliarde“

Deswegen fordert die Caritas eine „Solidaritätsmilliarde“. So soll die Ausgleichzulage auf 1000 Euro angehoben werden. Davon würden Arbeitslose und Mindestscherungsbezieher*innen profitieren.

Bisher versucht die Regierung das Sozialsystem der Situation anzupassen und stellt punktuelle Hilfen zur Verfügung. Karin Heitzmann fordert aber, so wie in der Wirtschaftspolitik eine mittel- und langfristige Strategie. Auch wenn die Krise jetzt schon großen Schaden anrichtet, lässt sich nicht noch nicht sagen, ob sich die Armut verfestigen wird. „Wenn das länger als ein halbes oder ganzes Jahr dauert, wird man das ganz deutlich in den Armutsstatistiken merken,“ sagt Karin Heitzmann.

In der Caritas geht man davon aus, dass die Leitungen nicht so bald abkühlen werden und Klaus Schwertner wünscht sich, dass die Regierung mehr auf Sozialpolitik setzt, damit die Kluft zwischen Arm und Reich während der Pandemie nicht noch größer wird.

mehr Politik:

Aktuell: