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Screenshots aus den Games „Good Company“ und „Tonight We Riot”

Chasing Carrots/ Pixel Pushers Union 512

Management vs. Arbeiter*innen: „Good Company“ vs. „Tonight We Riot”

Zwei neue Videospiele befassen sich mit Kapitalismus auf zwei völlig unterschiedliche Weisen. In „Good Company“ übernimmt man das Management eines Hightech-Unternehmens und in „Tonight We Riot“ kämpft man auf der Seite der Arbeiter*innen für mehr Rechte.

Von David Riegler

Politik und Wirtschaft in Videospielen kritisch zu verarbeiten, ist riskant und bisher nur wenigen Ausnahmen gelungen. Einer der bekanntesten Titel, die das versucht haben, ist die „Bioshock“-Reihe, in denen das libertäre Wirtschaftssystem die Unterwasser-Stadt Rapture geprägt hat. Jetzt wagen sich zwei neue Games daran, Arbeitsverhältnisse im Kapitalismus zu thematisieren: „Good Company“ und „Tonight We Riot“.

Als Manager*in in „Good Company“

„Good Company“ versucht das aus der Sicht der Firmenbosse und Manager*innen. Dafür nimmt uns der farbenfroh animierte Management-Simulator mit in die Gründungszeit von Technologieunternehmen wie Apple oder Microsoft. In einer heruntergewirtschafteten Stadt ist es unsere Aufgabe, ein großes Hightech-Unternehmen aufzubauen, damit endlich wieder Arbeitsplätze entstehen.

Screenshot

Chasing Carrots

„Good Company“ für PC:
Entwicklerstudio„Chasing Carrots“ Publisher„The Irregular Corporation“

Das alles beginnt in einem kleinen Produktionsraum, in dem wir uns am Anfang noch selbst hinter die Werkbank stellen. Wir beginnen damit, die eingekauften Rohstoffe zu einer Batterie zu verarbeiten und machen aus Plastik ein Gehäuse. So entsteht langsam aber sicher ein Taschenrechner, der nicht viel Geld bringt, aber das Spielprinzip gut erklärt.

Mehr und effizienter produzieren

Anschließend geht es darum, zu expandieren wo es nur möglich ist. Immer mehr Angestellte arbeiten für uns und die Technik-Produkte, die wir herstellen müssen, werden immer komplexer. Statt einem einfachen Taschenrechner soll plötzlich eine Drohne oder ein Roboter hergestellt werden, mit dementsprechend hohem Produktionsaufwand.

Man kümmert sich um schnelle Produktionswege, richtet das Unternehmen ein und achtet ständig darauf, Gewinn zu machen. Außerdem braucht es ein starkes Marketing, um die Exporte voranzutreiben. Man kann dem Spiel nicht vorwerfen, unrealistisch zu sein, denn alle Bereiche der Unternehmensführung werden in vereinfachter Form abgedeckt.

Screenshot

Chasing Carrots

Um „Good Company“ zu genießen, braucht man jedoch eine gewisse Start-Up-Mentalität, denn wenn man kein Interesse an Logistik und Unternehmensführung mitbringt, wird es schnell eintönig, ein Hightech-Unternehmen zu managen. Die einzige Belohnung für die mühsame Arbeit ist der Blick auf unser virtuelles Unternehmenskonto.

Revolution der Arbeiter*innen

Den Unternehmen gegenüber stehen die Arbeiter*innen, um die es in „Tonight We Riot“ geht. Auch hier beginnen wir in einer Stadt mit Problemen: Viele Menschen arbeiten in schlechtbezahlten Jobs und müssen um ihr Überleben kämpfen. Die reiche Elite hingegen kontrolliert sämtliche Medienhäuser und hat auch die Politik fest im Griff. Der Grund dafür wird im Einführungsvideo erklärt: „The world is in the throes of global capitalism."

„Tonight We Riot“ für PC, Mac und Nintendo Switch
Entwicklerstudio Pixel Pushers Union 512
Publisher Means Interactive

Die bisher friedlichen Proteste wurden von der Polizei brutal niedergeschlagen, darum ist es nun unsere Aufgabe, die unterdrückten Arbeiter*innen zu befreien. Wir spielen dabei keinen einzelnen Helden, sondern eine ganze Bürgerbewegung und je mehr Menschen sich uns anschließen, desto stärker werden wir.

Fäuste, Ziegelsteine und Molotow-Cocktails

„Tonight We Riot“ ist ein Crowd-Brawler im 8-Bit-Pixelstil, in dem wir uns von links nach rechts durch die Blockaden der Polizei kämpfen – mit Fäusten, Ziegelsteinen und Molotow-Cocktails. Begleitet werden wir von treibender elektronischer Musik und Soundeffekten aus dem Synthesizer.

Screenshot

Pixel Pushers Union 512

Level für Level treffen wir auf verschiedene Locations in denen die Arbeiter*innen unterdrückt werden, von der Fabrik zum Hafen bis zum ummauerten Wohnviertel der reichen Elite. Mit viel Liebe zum Detail zeigt das Design im Hintergrund die Lebensrealität der „Working Poor“: Kreditunternehmen und Pfandleiher stehen neben den Fabriken und hippe Coffee-Shops in den Vierteln der Reichen.

Dieses Konzept, verpackt im Pixel-Stil, ist einzigartig am Videospielmarkt und eine spannende Antwort auf neokonservative Spiele wie „Call of Duty“. Dass den Entwickler*innen das Thema Arbeiter*innenbewegung am Herzen liegt, sieht man schon bei ihrem Namen „Pixel Pushers Union 512“, der von einer Gewerkschaft aus Chicago inspiriert ist. Laut eigenen Angaben besitzen die arbeitenden Entwickler*innen selbst das Entwicklerstudio.

Screenshot

Pixel Pushers Union 512

Politik und Wirtschaft in Games machen Spaß

Derartig friedliche sozialistische Konzepte, zum Beispiel von Arbeiter*innengemeinschaften, die Fabriken leiten, kommen im Spiel nicht vor. Auch wenn mit „Tonight We Riot“ ein schnelles Actiongame gelungen ist, das aus der Masse heraussticht, nehmen sich die Entwickler*innen nicht genug Zeit für den politischen Inhalt. Die Prämisse der Arbeiterrevolution ist schnell erklärt und entwickelt sich nur langsam weiter. Es geht hauptsächlich darum, die Wut der unterdrückten Arbeiter*innen zu spüren und virtuell rauszulassen.

In „Tonight We Riot“ auf der Seite der Arbeiter*innen zu kämpfen macht definitiv mehr Spaß als das Management in „Good Company“ zu übernehmen, doch das hängt natürlich stark davon ab welche Spielmechanik man bevorzugt und mit welcher Seite man sich mehr identifizieren kann. Generell sind jedoch beide Games schöne Beispiele dafür, wie man Politik und Wirtschaft in Videospielen verarbeiten kann, ohne die Leichtigkeit und Unterhaltung des Spiels zu verlieren.

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