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Ein Ausschnitt aus dem Ibiza-Video

APA/Speigel/Süddeutsche Zeitung/Harald Schneider

Was will der Ibiza-Untersuchungsausschuss?

Ist es unter Türkis-Blau zu Korruption, Untreue oder Amtsmissbrauch gekommen? Mit diesem Verdacht begründen SPÖ und NEOS zu Jahresbeginn die Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Ein Jahr lang werden sich Abgeordnete mit dem Ibiza-Video, Postenbesetzungen bei der Casinos Austria AG und dem Glücksspielgesetz beschäftigen.

Von Lena Raffetseder

Untersuchungsausschüsse zählen zu den wichtigsten parlamentarischen Kontrollinstrumenten der Opposition. Denn eine Minderheit - 46 der 183 Abgeordneten - kann die Einsetzung verlangen. U-Ausschüsse sollen tatsächliche Vorkommnisse nachzeichnen und damit mögliche Verfehlungen ans Licht bringen. In diesem Fall eine „mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“.

Ein U-Ausschuss wird nach Parteistärke im Nationalrat besetzt. Die 13 Mitglieder - fünf ÖVP, drei SPÖ, zwei FPÖ, zwei Grüne, ein Mitglied der NEOS – werden sich ein Jahr lang nicht nur mit dem Ibiza-Video und den Ermittlungen dazu beschäftigen, sondern etwa auch mit möglichem Postenschacher in der Casinos Austria AG, der Vollziehung des Glücksspielgesetzes beziehungsweise der Frage nach Gesetzeskauf und der Umstrukturierung der Finanzmarktaufsicht. Zeitraum der Untersuchung ist Dezember 2017 bis Dezember 2019.

Wie arbeitet ein U-Ausschuss?

Um diese Vorgänge untersuchen zu können, sind Behörden verpflichtet, dem U-Ausschuss auf dessen Verlangen Akten und Unterlagen zu liefern. Bereits im März wurden 20 Stellen aufgefordert, entsprechende Dokumente vorzulegen. Darunter etwa Regierungsmitglieder, Rechnungshof, Finanzmarktaufsicht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht.

Danach kommt die Ladung und Befragung der Auskunftspersonen. Am ersten von insgesamt 42 Befragungstagen sind neben Falter-Chefredakteur Florian Klenk – der das gesamte Ibiza-Video gesehen hat – auch gleich dessen Hauptdarsteller geladen: Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein ehemaliger Parteifreund Johann Gudenus. 30 Personen wurden laut Ladungsliste bis Juli bereits geladen. Darunter Novomatic-Gründer Johann Graf, Milliardärin Heidi Goëss-Horten, Waffenproduzent Gaston Glock (alle drei haben bereits aus gesundheitlichen Gründen abgesagt), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), FPÖ-Chef Norbert Hofer, der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und der aktuelle Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Szene aus dem BVT-U-Ausschuss

APA/Helmut Fohringer

So sieht es bei einem Untersuchungsausschuss aus. Hier eine Szene aus dem BVT-U-Ausschuss

Personelle Aufstellung

Den Vorsitz über den Ibiza-U-Ausschuss hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) inne. Auf den ersten Blick mag es eigenartig sein, dass ÖVP und FPÖ dabei sind, um mögliche Verfehlungen ihrer Regierungszeit aufzuarbeiten. Dafür gibt es eben auch noch die anderen Parteien. Jede Fraktion verfolgt andere Interessen, von eigenen Verfehlungen will man schließlich ablenken. Für die FPÖ stehen die „schwarzen Netzwerke“ im Fokus, für die ÖVP das „Machtmissbrauchs-Netzwerk rund um Strache“.

Außerdem Teil eines U-Ausschusses: Verfahrensrichter*in und Verfahrensanwält*in. Erstmals wird mit Ilse Huber eine Frau den Richter*innenposten besetzen. Sie unterstützt den Vorsitzenden, führt die Erstbefragungen der Auskunftspersonen durch und achtet darauf, dass deren Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Auch wenn es Richter*in und Anwält*in gibt: Ein U-Ausschuss ist kein Gerichtsverfahren, Urteil und Strafe gibt es nicht.

Was passiert dann am Ende?

Die Verfahrensrichterin hat außerdem die Aufgabe, einen ersten Entwurf des Abschlussberichts zu verfassen. Mit der Übergabe des Berichts an den Nationalrat endet 14 Monate nach Konstituierung die Arbeit eines Untersuchungsausschusses. Bis dahin werden die Themen Korruption und Amtsmissbrauch aber viel Aufmerksamkeit bekommen - von Politik und Medien. Es gibt am Ende eines U-Ausschusses zwar keine direkten rechtlichen Konsequenzen für einzelne Personen, aber mögliche politische, etwa Rücktritte. Dafür muss man in der österreichischen Politik aber ein Stück weit zurückgehen.

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