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„Ab Herbst ist die Meinung zur Regierung in den Sozialen Medien gekippt“

Ein Jahr ist die türkis-grüne-Regierung jetzt im Amt. In der Zeit hat es nicht nur über 200 Pressekonferenzen gegeben, sondern auf Facebook, Instagram und Twitter haben Regierungsmitglieder über 20.000 Postings abgesetzt. Der Social-Media Meinungsforscher Markus Zimmer von BuzzValue hat für uns analysiert.

Von Lena Raffetseder

Auf Social Media zu kommunizieren ist natürlich praktisch. Keine Fragen von Journalist*innen, kein Dreinreden der Opposition, man kann die Botschaften praktischerweise targeten. Da sollte ja alles in der Kommunikation reibungslos ablaufen - würde man meinen. Markus Zimmer von BuzzValue beobachtet Regierungszufriedenheit und Krisenkommunikation online anhand von Postings und Interaktionen.

Radio FM4: Wie kommt denn die Regerung auf Social Media, vor allem auf Facebook so an?

Markus Zimmer, Geschäftsführer des Markt- und Medienforschungsunternehmens BuzzValue

© BuzzValue

Markus Zimmer ist Geschäftsführer des Markt- und Medienforschungsunternehmens BuzzValue.

Markus Zimmer: Der Start der Regierung hat sehr gut funktioniert, sowohl bei den Anhängern der Volkspartei als auch bei den Grünen. Dann sind wir schon relativ schnell in das Corona-Thema gekommen und da war es auch tatsächlich spannend zu sehen, erstens, wie gut zu diesem Zeitpunkt die Regierung die sozialen Medien genutzt hat, als Krisenkommunikations-Tool. Also sie haben sehr, sehr aktiv kommuniziert, man muss sich vorstellen, alleine im März 2020 über 2.000 Posts von der Regierung mit extrem hohen Interaktionen und einem wirklich stark positiven Meinungsbild.

Radio FM4: Ist die Stimmung dann so positiv geblieben?

Das hat sich dann ganz, ganz deutlich in Richtung Herbst geändert. Das heißt, ab Spätsommer/Frühherbst ist es dann losgegangen, dass - als auch die Zahlen wieder angestiegen sind - das Meinungsbild bei den Usern in den sozialen Medien Richtung Regierung ganz massiv gekippt ist. Also, wenn ich im Vergleich die zwei Reactions hernehme, die „Love“-Reaction, die bei mehr als bei 75% war im Frühling ist dann im November auf 8,6% runtergebrochen. Und die wütende Reaktion, die im März sehr gering war bei 5,7%, ist parallel im November auf zwei Drittel, auf 66%, angestiegen.

Radio FM4: Gibt’s da Unterschiede zwischen Türkis, Grün oder den Ministerien, wie Postings bei den UserInnen ankommen?

Markus Zimmer: Was wir schon sehen ist, dass die Anhängerschaft und die Loyalität beim Bundeskanzler eine deutlich höhere ist in den sozialen Medien, selbst jetzt noch, wo natürlich das Meinungsbild insgesamt sehr kritisch ist. Aufgrund der großen Fanzahl, die er hat, und aufgrund der großen Anhängerschaft, hat er immer noch einen großen Anteil an loyalen Leuten oder Fans in den sozialen Medien, die das immer noch unterstützen und Verständnis zeigen. Wir sehen zum Beispiel, dass es beim Gesundheitsminister wirklich sehr, sehr stark gekippt ist.

Radio FM4: So, jetzt sind die Userinnen und User unzufrieden. Wie hat denn die Regierung ihre Strategie auf Social-Media angepasst oder geändert?

Markus Zimmer: Wir haben gesehen, dass sie das eigene Aktivitäts-Volumen deutlich reduziert haben. Das ist aber nicht im Sinne einer Krisenkommunikation. Das heißt, auch hier hätte man sich als Regierung eigentlich an dieselben Regeln halten müssen. Man hat es aber glaube ich - ein bisschen auch aus Selbstschutz - nicht gemacht. Man hat über die Medien schon im Vorfeld irgendwo Informationen preisgegeben. Das ist dann ein, zwei Tage vorher schon ein bisschen veröffentlicht worden. So sind dann die Gerüchte entstanden. So was ist natürlich toxisch in den sozialen Medien. Sobald da Gerüchte entstehen und sich da was verbreitet und Leute das Gefühl haben, dass andere mehr wissen als sie selbst, das vergiftet die Stimmung und das hat man ganz, ganz deutlich gesehen.

Radio FM4: Gut, das war im Herbst. Jetzt wäre es ja auch wieder sinnvoll für die Regierung wieder mehr zu kommunizieren. Gerade wenn es darum geht, die Impf-Strategie zu erklären. Was beobachten Sie denn jetzt, was da jetzt die Strategie ist?

Markus Zimmer: Was wir jetzt wahrnehmen ist, dass es auch in der Regierung glaub ich durchaus gegeneinander gekämpft wird. Wir glauben, das hat sich einfach im Frühjahr bewährt, es müsste wieder mehr kommuniziert werden, es müsste wieder klarer kommuniziert werden. Das hat im Frühjahr viel klarer, besser funktioniert und ist dadurch auch, glaube ich, deutlich besser in der Bevölkerung angekommen.

Radio FM4: Jetzt weiß man auch aus den letzten Jahren, dass die ÖVP sehr professionelle Kommunikationskanäle aufgebaut hat. Haben Sie in Ihrer Analyse Defizite bei den Grünen bemerkt?

Markus Zimmer: Was wir schon sehen ist, dass die Volkspartei auch in den sozialen Medien besser koordiniert ist. Da geht es ein bisschen inhaltlich getakteter und geordneter zu, aber mit einem ganz klaren Fokus, und das ist der Bundeskanzler. Er ist schon eindeutig das Aushängeschild und er ist auch derjenige, der mit Abstand die meisten Personen erreicht und auch mit Abstand am besten „funktioniert“ in den sozialen Medien. Bei den Grünen sieht man natürlich, dass es dann mit der Regierungsbildung relativ schnell gehe musste. Sie haben das gut hinbekommen. Ich glaube, sie haben einfach auch mit dem Personal, also mit den Ministern und Ministerinnen gut punkten können. Der Gesundheitsminister hat gerade am Anfang der Krise „gut funktioniert“, und auch Werner Kogler. Da spielt auch jeder so seine eine Rolle im Endeffekt. Aber was wir schon sehen ist, dass die Kommunikations-Maschinerie der Volkspartei schon eine andere Größenordnung und eine andere Liga ist.

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